Innenraumschadstoffe im Altbau
Treten im Innenraum Schadstoffe auf, handelt es sich oft um schon vor einer energetischen Sanierung vorhandene Altlasten, die erst nach der Sanierung auffallen, weil die Luftwechselzahl aufgrund der höheren Luftdichtheit des Gebäudes reduziert wird. Die Konzentration solcher mittel- und schwerflüchtiger Schadstoffe nimmt in Gebäuden kaum ab. Hinzu kommt, dass auch angrenzende Bereiche beeinträchtigt werden können.
Bei älteren Bestandsgebäuden verursachen insbesondere schwerflüchtige Substanzen wie PCB und Holzschutzmittel Probleme: So führt der Schadstoff PCB z.B. nach Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems zur Belastung der Innenraumluft, da früher PCB-haltiges Fugenmaterial außen an der Fassade angebracht wurde.
Holzschutzmittel wurden an konstruktiv relevanten Holzbauteilen nach der damaligen Holzschutz-Normenreihe bis 1989 angewendet. Durch Abbauprozesse dieser Holzschutzmittel entstehen modrig riechende Chloranisole, die zu gravierenden Raumluftproblemen führen können.
Innenraumschadstoffe im Neubau
Auch im Zuge von Neubauten können sich Schadstoffe anreichern, die jedoch eher leicht flüchtiger Natur sind. Diese können bei manchen Menschen zu akuten Gesundheitsbeeinträchtigungen führen, klingen aber meist innerhalb von wenigen Wochen auf ein unbedenkliches Niveau ab. Verantwortlich dafür sind heutzutage u.a. Farben und Beschichtungen an den Innenraum-Oberflächen.
Die im Jahr 2006 eingeführte REACH-Verordnung lässt jedoch darauf hoffen, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen im Bausektor weiter abnehmen werden, da nach der REACH-Verordnung nachgewiesen werden muss, dass die meist industriell eingesetzten Stoffe gesundheitlich unbedenklich sind. Raumluftmessungen werden bei gesundheitlichen Auffälligkeiten aber auch dann noch notwendig sein.
Arten von Schadstoffen in Innenräumen
Grundsätzlich werden Innenraumschadstoffe, die durch die reduzierte Luftwechselzahl angereichert werden können, nach vier Gruppen unterschieden:
- Fasern und Partikel wie Asbest, Mineralfasern oder Staub
- biogene Stoffe wie Schimmel, Bakterien oder Milben
- radioaktive Substanzen wie Radongas
- chemische Schadstoffe
Im Folgenden liegt das Augenmerk auf den chemischen Schadstoffen.
Raumluftmessung von chemischen Schadstoffen in Innenräumen
In der Regel werden Raumluftmessungen nach der Normenreihe DIN EN ISO 16000 „Innenraumluftverunreinigungen“ durchgeführt. Dieser Norm entsprechend wird die Raumluft üblicherweise acht Stunden nach einem Lüftungsvorgang geprüft. Die Messung erfolgt in der Raummitte und ohne Anwesenheit des Prüfers, dessen Ausgasungen die Prüfergebnisse verfälschen könnten. Da die Temperatur und die Luftfeuchte die Stoffkonzentrationen in der Raumluft beeinflussen können, ist die Messung bei Temperaturen zwischen 20 und 25 °C und einer Luftfeuchte von 50 % (+/- 10 %) durchzuführen.
Raumluftmessung chemischer, luftgetragener Stoffe
Bei der Messung chemischer Luftverschmutzung wird meist die Raumluft mittels einer Pumpe durch ein Prüfmedium gesaugt und dort konzentriert. Dieses Prüfmedium wird schließlich im Labor aufbereitet und die absorbierten Inhaltsstoffe untersucht (aktive Probenahme). Grundsätzlich kann auch mit einer passiven Probenahme gemessen werden. Dabei wird der Schadstoffgehalt in der Luft jedoch nur qualitativ und nicht quantitativ gemessen.
Raumluftmessung leicht flüchtiger Stoffe (VOC) und Formaldehyd
Bei der Abnahme öffentlicher Gebäude ist die Prüfung auf leicht flüchtige Stoffe, VOC (volatile organic compounds) häufig schon zum Standard geworden. Es geht dabei vor allem um die Prüfung von Lösemitteleinträgen, die von den Oberflächen ausgasen, welche den Raum direkt umhüllen – zum Teil auch von den Einrichtungsgegenständen.
In der Regel wird die Messung von leicht flüchtigen Stoffen nach DIN ISO 16000-6 durchgeführt. Das Prüfmedium ist ein in einem Glasröhrchen befindliches Polymer in Granulatform (Tenax), das nach der Probenahme im Labor thermisch desorbiert wird. Mit diesem Messverfahren können zahlreiche Stoffgruppen bis in den Nanogrammbereich nachgewiesen werden.
Früher war es außerdem üblich, leicht flüchtige Stoffe mit einem Aktivkohlemedium zu prüfen. Dies war zwar kostengünstiger, es wurden jedoch deutlich höhere Probenahmevolumina und Probenahmezeiten benötigt. Weil für einige Stoffgruppen zudem Minderbefunde möglich waren, entspricht dieses Messverfahren nicht mehr dem Stand der Technik.
Messung von Formaldehyd
Während die schädlichen Eigenschaften von Lösungsmitteln nach einiger Zeit abnehmen, stellt Formaldehyd eine Ausnahme dar. Formaldehyd kann aus Holzwerkstoffen wie z. B. Spanplatten von älteren Fertighäusern über Jahrzehnte in praktisch unveränderter Menge ausgasen.
Mangels ausreichender Adsorption können Formaldehyd und andere leichtflüchtige Aldehyde mit dem oben genannten Prüfmedium nicht gemessen werden. Hierfür werden sog. DNPH-Kartuschen verwendet. Es werden meist ca. 50 l mit 1 l/min beprobt. Im Labor wird dann das Lösemittel desorbiert.
Raumluftmessung mittel- und schwerflüchtiger Stoffe
Weil sich mittel- und schwerflüchtige Stoffe weniger gut in der Raumluft verteilen, werden für die Messung wesentlich höhere Probenahmevolumina (meist mehrere 1000 l bei Volumenströmen von 1 l/min oder auch deutlich mehr) benötigt. Die Probenahme dauert zum Teil mehrere Stunden. In der Regel kommt dafür PU-Schaum zum Einsatz. Die Substanzen werden dann im Labor mit Lösemitteln vom Prüfmedium desorbiert und weiterverarbeitet.
Raumluftmessung einzelner Stoffe
Für die Messung von Einzelstoffen und einigen Stoffgruppen gibt es Prüfmedien, die das Ergebnis direkt anzeigen.
Luftwechselmessung
Im Zuge einer energetischen Sanierung wird heutzutage fast standardmäßig die Luftdichtheit mittels einer BlowerDoor-Messung überprüft. Die damit meist nachgewiesene hohe Dichtheit bewirkt, dass der aus hygienischen Gründen zu empfehlende Luftwechsel von ca. 0,3/h bzw. ca. 20 bis 30 m3/h pro Person ohne aktive Lüftungsmaßnahmen nicht erreicht wird. Die hygienische Wechselluftrate ist ein Mindestmaß für die Frischluftzufuhr. Unterhalb dieses Maßes können Geruchsprobleme, Staub- und Mikroorganismenbelastungen sowie hohe Radonkonzentrationen auftreten.
Die Erstellung eines Lüftungskonzepts nach DIN 1946-6 und die Durchführung von darauf aufbauenden aktiven Lüftungsmaßnahmen sind bei Neubauten und nach Sanierungen dementsprechend zwingend erforderlich.
Die Luftwechselzahl wird im Rahmen von Schadstoffmessungen durch den Einsatz eines Prüfgases (z. B. CO2) ermittelt. Dabei wird der Raum mit diesem Prüfgas beaufschlagt, bis eine Gleichgewichtskonzentration eintritt. Anschließend wird die Abklingrate des Prüfgases gemessen und daraus die Luftwechselzahl ermittelt.
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Quelle: „der bauschaden“, Ausgabe Dezember 2017/Januar 2018