Wann das Recht am eigenen Bild problematisch für Betriebe wird
Für eine zielgerichtete Außendarstellung nutzen Unternehmen regelmäßig Bild- und Videomaterial. Das Material wird dann für die eigene Firmenhomepage, in Social Media-Kanälen, für Druckerzeugnisse (Broschüren, Flyer), aber auch zu Servicezwecken verwendet. Während größere Firmen für diese Zwecke meist professionelle Fotomodelle bezahlen, werden in kleineren Unternehmen oft die eigenen Beschäftigten und Auszubildenden in Szene gesetzt.
Dies wird spätestens dann problematisch, wenn ein Mitarbeiter diese Art der Präsentation seiner Person nicht wünscht und eine solche nicht vorab arbeitsvertraglich vereinbart wurde. Besonders konfliktreich wird es dann, wenn der Mitarbeiter nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fordert, dass das Bild- und/oder Videomaterial, auf dem er zu sehen ist, nicht mehr verwendet wird – bei Auszubildenden ist es regelmäßig der Fall, wenn das Ausbildungsverhältnis nicht in ein Beschäftigungsverhältnis übergeht.
Deshalb stellt sich unweigerlich die Frage, unter welchen Voraussetzungen Betriebe Bild- und Videomaterial verwenden können:
Das Recht am eigenen Bild ist im Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) geregelt
Das Recht jedes Menschen am eigenen Bild ist insbesondere in den §§ 22 und 23 KunstUrhG geregelt. § 22 KunstUrhG besagt dabei, dass Bildnisse (dazu gehören Bilder und Filmaufnahmen) nur mit der Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder veröffentlicht werden dürfen.
Angaben zur Formerfordernis einer solchen Einwilligung macht das KunstUrhG nicht. Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2014, Az. 8 AZR 1010/13) muss die Einwilligung im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen jedoch ausdrücklich und schriftlich erfolgen. Diese Einwilligung sollte folgende Angaben enthalten:
- Verwendungszweck
- beabsichtigtes Medium der Veröffentlichung
- Angaben bezüglich vereinbarter oder nicht vereinbarter Vergütung
- handschriftliche Unterschrift des Abgebildeten
Einwilligung minderjähriger Auszubildender
Bei Aufnahmen von minderjährigen Auszubildenden ist zudem zu beachten, dass sie aufgrund ihrer beschränkten Geschäftsfähigkeit nicht allein in die Veröffentlichung der Abbildung einwilligen können. Es bedarf der Einwilligung eines gesetzlichen Erziehungsberechtigten. Hat der Auszubildende das 14 Lebensjahr erreicht und ist er somit einsichtsfähig, sollte daneben auch seine Einwilligung eingeholt werden.
Einwilligung im Falle einer Entlohnung
Im Zweifel gilt die Einwilligung auch dann als erteilt, wenn der Abgebildete eine Entlohnung für die Aufnahmen erhalten hat (§ 22 KunstUrhG). Das ist allerdings nur der Fall, wenn der Mitarbeiter explizit für die Fotoaufnahme entlohnt wird. Für Ablichtungen während der Arbeitszeit liegt somit keine Entlohnung i. S. d. § 22 KunstUrhG vor.
Einschränkung des Rechts am eigenen Bild
Auf diese Einwilligung können Arbeitgeber verzichten, wenn die Vorgaben des § 23 KunstUrhG erfüllt sind. Das heißt, wenn
- die abgebildete Person nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeiten zu sehen ist oder
- es sich um Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen handelt, an denen die abgebildete Person teilgenommen hat.
Bei solchen Abbildungen steht die Örtlichkeit im Vordergrund, während die Person eine so untergeordnete Rolle spielt, dass sie entfallen könnte, ohne den Charakter des Bildes zu verändern (BAG, Urteil vom 11.12.2014, Az. 8 AZR 1010/13).
Recht am eigenen Bild bei Ausscheiden aus dem Betrieb
Scheidet ein Mitarbeiter oder ein Auszubildender aus dem Betrieb aus, erlischt die von ihm erteilte Einwilligung nicht automatisch. Der Auszubildende oder Mitarbeiter muss die Einwilligung ausdrücklich widerrufen. Liegt ein Widerruf vor, müssen gemäß KunstUrhG für jeden Einzellfall die wechselseitigen Interessen abgewogen werden. Das betriebliche Interesse wiegt jedoch nur schwerer, wenn
- der Abgebildete für die Bild- oder Filmaufnahme vergütet worden ist bzw.
- der Mitarbeiter die Löschung seines mit Foto versehenen Kontaktprofils auf der Firmenhomepage erwirken möchte.
Recht am eigenen Bild gemäß KunstUrhG, BDSG oder DSGVO?
Das KunstUrhG ist aber nicht das einzige Regelwerk, dass den Schutz vor unerlaubter Veröffentlichung von Foto- und Videoaufnahmen regelt. Auch das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die ab dem 25. Mai 2018 anzuwenden sind, beinhalten diesbezüglich Vorgaben. In diesen Vorschriften ist lediglich von „personenbezogenen Daten“ die Rede, worunter auch Bilder und Filmaufnahmen zu verstehen sind.
BDSG und KunstUrhG
Gemäß der bisherigen Fassung des BDSG (BDSG a. F.) wird zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten i. d. R. eine schriftliche Einwilligung des Betroffenen verlangt, welche jedoch frei mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann.
Im Beschäftigungsverhältnis – sofern es für die Entscheidung über die Begründung des Arbeitsverhältnisses, für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist – kann nach §§ 28, 32 BDSG a. F. die Einwilligung entfallen. Dies ist bspw. regelmäßig der Fall bei Außendienst- oder Kundenservicemitarbeitern, die direkten Kundenkontakt pflegen.
DSGVO und KunstUrhG
Weil die DSGVO Anwendungsvorrang gegenüber nationalem Recht haben wird, ist die Geltung des KunstUrhG von der Frage abhängig, ob sein Schutzbereich bereits von den Regelungen der DSGVO abgedeckt wird oder nicht. Davon hängt im Wesentlichen ab, ob die Einwilligung zur Veröffentlichung des Bild- oder Videomaterials nur schriftlich oder auch formfrei oder sogar konkludent erteilt werden kann, wie es die DSGVO vorschreibt.
Die in Art. 85 DSGVO enthaltenen Öffnungsklauseln erlauben es Mitgliedstaaten zwar, eigene Regelungsbefugnisse aufzustellen – wenn es z. B. um die Veröffentlichung von Bildern zu journalistischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken geht. Bisher umstritten ist jedoch, ob das auch für Werbezwecke umsetzbar ist. Nur dann könnten die Grundsätze gemäß KunstUrhG zur Anwendung gelangen.
Strafen bei Verletzung des Rechts am eigenen Bild
Verletzt der Arbeitgeber das Recht des Mitarbeiters oder des Auszubildenden am eigenen Bild droht nach KunstUrhG eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.
Quelle: „Das neue Berufsbildungsrecht“