DIN VDE 0100-443 und DIN VDE 0100-534 müssen seit Oktober vergangenen Jahres bei Gebäuden, die neu geplant werden, beachtet werden. Die alten Normen DIN VDE 0100-443 (VDE 0100-443):2007-06 und DIN VDE 0100-534 (VDE 0100-534):2009-02 können aber noch bis zum 14. Dezember 2018 bei Gebäuden angewendet werden, die noch vor dem Stichtag geplant wurden.
DIN VDE 0100-443: Wann ist ein Überspannungsschutz notwendig?
Die DIN VDE 0100-443 "Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-44: Schutzmaßnahmen - Schutz bei Störspannungen und elektromagnetischen Störgrößen – Abschnitt 443: Schutz bei Überspannungen infolge atmosphärischer Einflüsse oder von Schaltvorgängen" beschreibt Anforderungen für den Schutz von elektrischen Anlagen bei transienten Überspannungen infolge atmosphärischer Einflüsse.
Das ist neu:
- Der Einbau von Überspannungs-Schutzeinrichtungen (seit der Neuregelung nicht mehr mit ÜSE abgekürzt, sondern mit dem aus dem Englischen von „Surge Protective Device“ abgeleiteten Akronym „SPD“) ist seit der Normänderung Pflicht, wenn Auswirkungen zu erwarten sind auf:
- Ansammlungen von Personen, z.B. in großen Gebäuden, Büros, Schulen
- Einzelpersonen, z.B. in Wohngebäuden und kleinen Büros, wenn in diesen Gebäuden Betriebsmittel der Überspannungskategorie I oder II errichtet sind. Diese Kategorien beinhalten klassische Kleingeräte, wie Haushaltsgeräte, und sind nahezu in jedem Haushalt zu finden.
Das heißt: Überspannungsschutz ist jetzt auch im Wohn- und Zweckbau verpflichtend. Bisher war der Überspannungsschutz nur Pflicht, wenn Auswirkungen auf Menschenleben, öffentliche Einrichtungen und Gewerbe- oder Industrieaktivitäten zu erwarten waren. Diese Anforderungen gelten auch weiterhin.
- Norm berücksichtigt erstmals Schaltüberspannungen
Die Neuregelung der DIN VDE 0100-443 legt den Fokus stärker auf Schaltüberspannungen, die durch Betriebsmittel in der eigenen Anlage erzeugt werden. Bisher war ein Überspannungsschutz nur für Überspannungen gefordert, die von außen über die Netzversorgung auftreten können.
- Schutzpflicht für Freileitungen
Mit der Überarbeitung der Norm wurde ein Abschnitt zum Schutz von Versorgungsleistungen neu aufgenommen. Von dieser Änderung sind besonders bauliche Anlagen betroffen, die über Freileitungen versorgt werden. Ein Überspannungsschutz ist nun auch hier notwendig.
DIN VDE 0100-534: wie und welche Schutzmaßnahmen installieren?
DIN VDE 0100-534 "Errichten von Niederspannungsanlagen − Teil 5-53: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel - Trennen, Schalten und Steuern − Abschnitt: 534: Überspannungsschutzeinrichtungen (ÜSE)" definiert, wie der nach DIN VDE 0100-443 geforderte Überspannungsschutz auszuwählen und zu installieren ist.
Das ist neu:
- Gemäß der erweiterten Auswahlkriterien nach DIN VDE 0100-443 sind nun auch bei Gebäuden am oder in der Nähe eines Speisepunktes SPDs gefordert.
- Die DIN VDE 0100-534 definiert einen Schutzbereich, da sich der Schutzpegel einer Überspannungs-Schutzeinrichtung mit zunehmender Entfernung zum zu schützenden Betriebsmittel verschlechtert. Der Schutzbereich darf 10 m Leitungslänge nicht überschreiten. Ist die Entfernung größer, müssen zum Beispiel zusätzliche SPDs errichtet werden.
Fazit: Die Notwendigkeit eines Überspannungsschutzes hängt von den möglichen Auswirkungen eines Ausfalls der technischen Anlage ab. Eine Beratung des Kunden und das Angebot zur Realisierung von SPDs sind in jedem Fall erforderlich und zu dokumentieren.
Bei der Installation sind die normativen Vorgaben zu beachten. Damit Sie als Elektrofachkraft rechtskonform handeln können, liefert das "Sicherheitshandbuch Elektrosicherheit" präzise Handlungsempfehlungen, Umsetzungshilfen und einsatzfertige Nachweise.
Quellen: Sicherheitshandbuch Elektrosicherheit, Sicherheitshandbuch Brandschutz, DKE, Dehn+Söhne