Inhaltsverzeichnis
- Was ist ein Mitarbeiterjahresgespräch? – Definition
- Wie führe ich ein Mitarbeiterjahresgespräch? – Vorbereitung des Vorgesetzten
- Aufbau und Ablauf eines Mitarbeiterjahresgesprächs
- Häufige Fragen zum Mitarbeiterjahresgespräch
- Gesetzliche Vorgaben für Arbeitgeber
Was ist ein Mitarbeiterjahresgespräch? – Definition
Das Mitarbeiterjahresgespräch ist eine Form eines Mitarbeitergesprächs. Per Definition werden alle Gespräche zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten, die über den Austausch des täglichen Geschäfts bzw. über die Alltagskommunikation hinausgehen, als „Mitarbeitergespräche“ bezeichnet.
Der entscheidende Unterschied zwischen einem Mitarbeitergespräch und dem Mitarbeiterjahresgespräch ist, dass Mitarbeitergespräche zu unterschiedlichen Terminen mehr oder wenig regelmäßig oder anlassbezogen stattfinden, während das Mitarbeiterjahresgespräch einmal jährlich durchgeführt wird.
Arten von Mitarbeitergesprächen
Das Mitarbeiterjahresgespräch ist nur eine Art von Mitarbeitergesprächen. Weitere Arten von Mitarbeitergesprächen sind z. B.:
- Regelmäßige Feedbackgespräche
Ein konstruktives Feedbackgespräch ist ein wichtiges Werkzeug im Führungsalltag. Dabei geht es nicht nur darum, Feedback an seine Mitarbeiter geben zu können, sondern auch Feedback von diesen anzunehmen.
- Krankenrückkehrgespräche
Für solche Gespräche gibt es keine gesetzliche Grundlage und somit auch keine Pflicht für den Arbeitnehmer, zu diesem Gespräch zu erscheinen. Dennoch sind solche Mitarbeitergespräche in der Praxis üblich und auch sinnvoll.
- BEM-Gespräche
Anders als beim reinen Krankenrückkehrgespräch ist der Arbeitgeber, solange ein Beschäftigter länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt innerhalb von 12 Monaten arbeitsunfähig war, zu solch einem BEM-Gespräch verpflichtet.
Das Mitarbeiterjahresgespräch führt i. d. R. der direkte Vorgesetzte. Gerade zu Disziplinargesprächen werden jedoch auch Personalverantwortliche und ein Betriebsratsmitglied hinzugezogen.
Wie führe ich ein Mitarbeiterjahresgespräch? – Vorbereitung des Vorgesetzten
Der Erfolg des Mitarbeiterjahresgesprächs hängt wesentlich von der gründlichen Vorbereitung beider Gesprächspartner ab. Dabei sollte sich der Vorgesetzte Gedanken über den Beschäftigten machen und die Zeit zwischen dem bevorstehenden und dem letzten Mitarbeiter(jahres)gespräch reflektieren (bei einem neuen Arbeitnehmer sollte er sich den Zeitraum seit der Einstellung ansehen).
Allgemeine Vorbereitung
Für eine allgemeine Vorbereitung auf das Mitarbeiterjahresgespräch können Führungskräfte folgende Punkte beachten:
- Zeit nehmen: Um eine vertrauensvolle Basis für das Mitarbeitergespräch zu schaffen, sollten sich Führungskräfte Zeit für das Gespräch nehmen und sich gut darauf vorbereiten. Das Gespräch sollte nicht als Tagesgeschäft abgestempelt werden.
- Gesprächsdauer: Die Dauer hängt vom Anlass ab. Länger als eine Stunde sollte die Ausnahme sein, es sollte dennoch genug Zeit eingeplant werden.
- Zeitpuffer: Möglichst einen Zeitpuffer einplanen und keine direkt anschließenden Termine ausmachen.
- Ablenkung vermeiden: Das Gespräch sollte ungestört verlaufen. Ablenkungen wie Smartphone sollten Führungskräfte deshalb beiseitelegen.
- Dialog statt Monolog: Während des Mitarbeitergesprächs sollten beide Parteien ausreichend zu Wort kommen.
- Keine Alibidiskussion: Hat die Führungskraft schon eine Entscheidung gefällt, sollte sie es vermeiden, im Mitarbeitergespräch vorzugaukeln, dass noch alles offen wäre. Eine solche Alibidiskussion zerstört das Vertrauen.
- Frühzeitige Einladung: Das Gespräch sollte frühzeitig geplant werden, sodass der Mitarbeiter sich darauf vorbereiten kann. Es kann auch vorher schon erfragt werden, welche Themen der Mitarbeiter einbringen möchte.
- Um welche Informationen geht es? Auch die Führungskräfte müssen sich vorher überlegen, welche Themen sie ansprechen und welche Informationen weitergeben wollen.
- Gesprächsablauf: Es ist durchaus sinnvoll, sich vorher einen roten Faden für den Ablauf des Mitarbeitergesprächs zu überlegen, der nicht zwingend eingehalten werden muss. Je besser Führungskräfte ihre Mitarbeiter kennen, desto besser können sie sich auf das Gespräch vorbereiten.
- Beurteilungsfehler im Mitarbeiterjahresgespräch vermeiden: In einem solchen Austausch spielt die Beurteilung des Mitarbeiters und seiner Leistung oft eine wichtige Rolle. Und weil der Vorgesetzte auch nur ein Mensch ist, können ihm schnell Beurteilungsfehler unterlaufen, wie:
- Projektionsfehler – Es besteht die Gefahr, dass Beurteiler ihre eigenen Interessen und Fähigkeiten auf ihre Mitarbeiter projizieren, was dazu führen kann, dass die Mitarbeiter, die ihm ähnlich erscheinen, besser bewertet werden.
- Halo Effekt – Hierbei begeht der Vorgesetzte den Fehler, einen Mitarbeiter aufgrund eines einzelnen Merkmals positiv oder negativ zu beurteilen und so Rückschlüsse auf die Gesamtbeurteilung des Mitarbeiters zu ziehen.
- Tendenz zur Mitte – Beurteiler, die vom Charakter her eher unentschlossen sind, neigen auch im Mitarbeitergespräch dazu, durchschnittlich zu bewerten, um sich nicht entscheiden zu müssen. Gute Mitarbeiter werden so abgewertet und verlieren auf Dauer ihre Motivation.
Inhaltliche Vorbereitung
Bei der inhaltlichen Ausarbeitung sind beispielsweise folgende Fragen hilfreich:
- Durch welche Leistungen oder Stärken ist der Arbeitnehmer in dieser Zeit aufgefallen?
- Gab es Beschwerden über ihn?
- Kam er immer pünktlich zur Arbeit?
- War er häufig krank?
- Hat er die Ziele erreicht, die er sich im letzten Mitarbeiterjahresgespräch gesetzt hat bzw. die mit ihm vereinbart worden sind?
- Entspricht die Stellenbeschreibung des Mitarbeiters noch der aktuellen Tätigkeit oder sind inzwischen Aufgaben weggefallen bzw. dazugekommen?
Zudem sollte der Vorgesetzte überlegen, wie sich der Beschäftigte im folgenden Jahr weiterentwickeln könnte bzw. welche Ziele vereinbart werden sollen:
- Welche Ziele sollte der Mitarbeiter im kommenden Jahr erfüllen? (Die konkreten Zielvereinbarungen sollten Vorgesetzter und Beschäftigter jedoch zwingend gemeinsam im Gespräch erarbeiten, um die Umsetzung realistisch beurteilen zu können.)
- Ist es möglich, dass der Beschäftigte eine Gehaltserhöhung bekommt oder bedingen seine Leistungen gar eine Beförderung?
- Wie kann oder muss sich der Arbeitnehmer künftig entwickeln?
Mit einer guten Vorbereitung wird aus einem verkrampft geführten Mitarbeiterjahresgespräch ein Raum für offenen und konstruktiven Austausch. Dazu gehört auch, den groben Ablauf des Gesprächs zu kennen.
Aufbau und Ablauf eines Mitarbeiterjahresgesprächs
Das Mitarbeiterjahresgespräch sollte eine feste Struktur haben. So kann der Personalverantwortliche den Beschäftigten durch verschiedene Gesprächsteile führen. Dabei sollte auch genügend Zeit eingeplant werden, in der nur der Mitarbeiter spricht. Werden Themen angesprochen, die vertieft diskutiert werden müssen, bietet es sich an, dafür einen separaten Termin zu vereinbaren.
An folgenden Stichpunkten können sich Personalverantwortliche bei der Ausgestaltung eines Mitarbeiterjahresgesprächs orientieren:
- Gesprächsziel klären
- Einladung /Informationen an den Beschäftigten
- Geeigneten Ort festlegen (geschützter Raum, am Besprechungstisch)
- Dauer des Gesprächs festlegen (Zeit für Anliegen der Beschäftigten einplanen)
- Analyse, Feedback, Anregungen, Kritik
- Leistung (Rückblick, Blick in die Zukunft)
- Sozialverhalten, Soft Skills
- Planung, Zielvereinbarung
- Perspektive, Entwicklung
- Motivieren
- Kontrolle
Der Vorgesetzte sollte das Gespräch sachlich dokumentieren. Am Ende kann gemeinsam mit dem Beschäftigten ein Fazit gezogen werden. So wird sichergestellt, dass die Parteien nicht aneinander vorbeigeredet haben.
Wichtig: Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Ausgestaltung von Mitarbeitergesprächen, solange das Ordnungsverhalten des Mitarbeiters im Mittelpunkt steht. Geht es um Maßnahmen, die das Arbeitsverhalten betreffen, ist der Betriebsrat mitbestimmungsfrei.
Mitarbeitergespräch: Aufbau
Erfahrene und erfolgreiche Führungskräfte haben meist ihre eigenen Methoden für den Aufbau eines Mitarbeiterjahresgesprächs entwickelt, wobei es in der Regel einem festen Schema folgt. Ein bewährtes Vorgehen beim Aufbau eines Mitarbeiterjahresgesprächs zeigt folgende Grafik:
Vereinbarungen und Ergebnisse des Gesprächs werden schriftlich in einem Protokoll festgehalten. Der Mitarbeiter hat dabei die Möglichkeit, eine eigene Stellungnahme zu ergänzen. Nach der Unterzeichnung durch beide Gesprächspartner wird ein Exemplar zur Personalakte genommen, ein zweites Exemplar erhält der Mitarbeiter für seine Unterlagen.
Hinweis: Das heimliche Mitschneiden eines Mitarbeitergesprächs ist verboten und stellt eine Straftat dar, die zur Kündigung berechtigt.
Häufige Fragen zum Mitarbeiterjahresgespräch
1. Ist ein Mitarbeiterjahresgespräch Pflicht?
Nein, es gibt grundsätzlich keine gesetzliche Pflicht, durch die Arbeitgeber Mitarbeiterjahresgespräch führen müssen. Dennoch kann es hilfreich sein, solche Gespräche regelmäßig zu veranstalten, um die Zufriedenheit der Beschäftigten sicherzustellen und ihre Bindung zum Unternehmen zu erhöhen.
2. Dürfen Arbeitnehmer das Mitarbeiterjahresgespräch ablehnen?
Es kommt darauf an. Wenn es um die nähere Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen des Weisungsrechts geht (beim Jahresgespräch z. B. Bewertungen und Verhalten im Betrieb), muss der Arbeitnehmer erscheinen. Sollte er der Einladung nicht folgen, kann er abgemahnt werden.
Wenn dagegen Bestandteile eines bestehenden Arbeitsvertrags neu ausgehandelt werden (z. B. Gehaltsänderungen, Versetzungen, die nicht vom Arbeitsvertrag gedeckt sind) und der Arbeitnehmer kein Interesse am Verhandeln hat, kann dieser nicht durch eine Einladung zum Gespräch gezwungen werden.
3. Welche Themen sollten nicht im Mitarbeiterjahresgespräch vorkommen?
Das Mitarbeiterjahresgespräch soll nicht dazu dienen, den Mitarbeiter die „angestaute“ und bisher nicht geäußerte Kritik eines ganzen Jahres mitzuteilen oder ihn zu schikanieren. Aktuelle Kritik oder Konflikte sollten in separaten Kritik- bzw. Konfliktgesprächen geführt werden.
Wichtig ist, dass ein handlungsrelevantes Feedback gegeben wird und keine allgemeinen Zuschreibungen zum Einsatz kommen (z. B. „Sie sind immer so unkooperativ.“). Denn mit diesen kann der Mitarbeiter keinen konkreten Bezug zu einer bestimmten Situation oder zu einem Arbeitsergebnis herstellen. Eine konkrete Beschreibung der Auswirkungen des problematischen Verhaltens auf das Arbeitsergebnis oder auf beteiligte Dritte ist also für den Mitarbeiter wichtig, damit er dieses abstellen bzw. anpassen kann.
Gesetzliche Vorgaben für Arbeitgeber
Jedes Mitarbeitergespräch muss grundsätzlich während der vereinbarten Arbeitszeit stattfinden – also auch das Jahresgespräch. Denn die Aufforderung zur Teilnahme ist eine arbeitsrechtliche Weisung des Arbeitgebers (§ 106 GewO). Bei außerordentlichen Zuständen (z. B. wenn Mitarbeiter nur in Nachtschicht arbeiten) kann das Gespräch ausnahmsweise auch außerhalb der Arbeitszeit geführt werden. Das Gespräch muss jedoch als Überstunde angerechnet werden.
Findet das Gespräch nicht am Arbeitsort des Mitarbeiters statt, muss der Arbeitgeber seine Reisekosten übernehmen und die Anreisezeit als Arbeitszeit vergüten.
Hinweis: Zeit, Ort und Anlass des Gesprächs sollten dem Mitarbeiter rechtzeitig mitgeteilt werden, sodass er sich ebenfalls darauf vorbereiten kann.
Weitere Hilfestellungen zum Mitarbeiterjahresgespräch und anderen aktuellen Themen zum Arbeitsrecht erhalten Arbeitgeber regelmäßig mit dem „Themenbrief Arbeitsrecht“. Er behandelt in jeder Ausgabe ein relevantes Thema, geht auf wichtige Gesetzesurteile ein und gibt Tipps für die Praxis.
Quellen: „Themenbrief Arbeitsrecht“