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"Langfristiger Heilmittelbedarf: Diagnosen mit besonderer Heilmittelverordnung"


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Langfristiger Heilmittelbedarf: Diagnosen mit besonderer Heilmittelverordnung

© M. Schuppich – stock.adobe.com

Mit dem langfristigen Heilmittelbedarf können Ärzte bei Diagnosen schwerwiegender Krankheiten Heilmittel verordnen, die ein Patient über einen langen Zeitraum benötigt, ohne das jährliche Praxisbudget zu überbeanspruchen und ggf. Regress(forderungen) zu riskieren. Allerdings herrscht bei vielen Ärzten noch immer Unklarheit, wann eine Diagnose unter den langfristigen Heilmittelbedarf fällt und welche gesetzlichen Anforderungen dafür erfüllt sein müssen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Wann liegt ein langfristiger Heilmittelbedarf vor?
  2. Langfristiger Heilmittelbedarf: Vorteile für Ärzte
  3. Unterschied zwischen „besonderer Verordnungsbedarf“ und „langfristiger Heilmittelbedarf“
  4. Heilmittel-Richtlinie: Basis für langfristigen Heilmittelbedarf

Wann liegt ein langfristiger Heilmittelbedarf vor?

Viele Ärzte sind sich bis heute uneinig, ob eine ihrer Diagnosen unter den langfristigen Heilmittelbedarf fällt. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass auf den gängigen Informationsplattformen teils widersprüchliche Aussagen zu finden sind. Deshalb sind die gesetzlichen Vorgaben zum langfristigen Heilmittelbedarf umso wichtiger, da sie rechtlich bindende Angaben für die Ärzte aufstellen:

Langfristiger Heilmittelbedarf nach SGB

Unter den langfristigen Heilmittelbedarf fallen alle diagnostizierten Krankheitsbilder, die einen Therapiebedarf mit Heilmitteln erfordern, der über einen Behandlungszeitraum von mehr als einem Jahr hinausgeht. Nach § 32 Abs. 1a Sozialgesetzbuch (SGB) V ist von einem langfristigen Heilmittelbedarf auszugehen, wenn ein diagnostiziertes Krankheitsbild folgende Auswirkungen für den Patienten mit sich bringt:

  • schwerwiegende und langfristige funktionelle oder strukturelle Schädigungen
  • Beeinträchtigungen der Aktivitäten
  • nachvollziehbarer Therapiebedarf des Patienten 

Diagnoseliste aus Heilmittel-Richtlinie Anlage 2

Neben dem Sozialgesetzbuch (SGB) regelt die Heilmittel-Richtlinie die gesetzlichen Anforderungen an den langfristigen Heilmittelbedarf. Dort finden Ärzte in Anlage 2 eine Diagnoseliste, in der alle Krankheitsbilder aufgelistet sind, die gemäß § 32 Abs. 1a SGB V einen langfristigen Heilmittelbedarf erfordern. Neben den Diagnosen erläutert die Liste zusätzliche Hinweise bzw. Spezifikationen zu den einzelnen Erkrankungen sowie dazugehörige Diagnosegruppen und den jeweiligen ICD-10-Code.

Findet ein Arzt sein diagnostiziertes Krankheitsbild in der Diagnoseliste und stimmt es mit der dort beschriebenen Diagnosegruppe überein, liegt ein langfristiger Heilmittelbedarf vor. Die Diagnoseliste stammt vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der die Liste regelmäßig um weitere Diagnosen mit langfristigem Heilmittelbedarf ergänzt.

Außerdem wird die Liste regelmäßig aktualisiert und erweitert. Ab dann gilt eine neue Diagnoseliste für den langfristigen Heilmittelbedarf.

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Langfristiger Heilmittelbedarf ohne Diagnoseliste

Es gibt Situationen, in denen die vom Arzt ermittelte Diagnose nicht in der Anlage 2 enthalten ist. Trotzdem kann der Arzt in diesem Fall einen langfristigen Heilmittelbedarf verordnen, wenn er dies bei der zuständigen Kasse entsprechend begründen kann. Hierfür hat er bei der Erkrankung des Patienten nachzuweisen, dass eine besonders aufwendige und langwierige Behandlungsdauer notwendig ist und sich aus der Diagnose schwere dauerhafte funktionelle bzw. strukturelle Schädigungen ergeben. Zudem muss die Erkrankung mit denen aus der Diagnoseliste vergleichbar sein. So kann der Arzt für die diagnostizierte Erkrankung eine langfristige Heilmittelverordnung vor der zuständigen Kasse rechtfertigen und die langfristige Behandlung des Patienten sicherstellen.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, reicht der Patient den Antrag bei der Krankenkasse ein, mit dem diese manuell prüft, ob ein langfristiger Heilmittelbedarf vorliegt. Stimmt die Kasse dem Antrag zu, genehmigt sie die langfristig verordneten Heilmittel. Zusätzlich zum Antrag bei der Krankenkasse hat der Patient eine Kopie der vollständig ausgefüllten sowie gültigen Heilmittelverordnung vorzuweisen.

Langfristiger Heilmittelbedarf: Vorteile für Ärzte

Seit der letzten Aktualisierung der Heilmittel-Richtlinie gibt es die Diagnoseliste für den langfristigen Heilmittelbedarf. Dadurch ist es Ärzten möglich, Heilmittelverordnungen aufzustellen, die sich über einen längeren Behandlungszeitraum erstrecken, ohne dabei finanziellen oder bürokratischen Mehraufwand zu erzeugen. Der langfristige Heilmittelbedarf vereinfacht die Arbeit der Ärzte im Wesentlichen wie folgt:

• Budget ist weniger gefährdet

Vor der Einführung des langfristigen Heilmittelbedarfs haben Ärzte die notwendigen Heilmittel bei gewissen Erkrankungen, die eigentlich längerfristige Behandlung erfordert haben, u. U. nicht verordnet, da die Ärzte nur ein begrenztes Budget zur Verordnung von Heilmitteln zur Verfügung haben. Ist das Budget durch Heilmittelverordnungen überschritten, sind Regressverfahren durch die Krankenkassen möglich gewesen. Die Ärzte haben letztendlich für „zu viel“ verordnete Heilmittel Strafe zahlen müssen.

Seitdem der Gesetzgeber den langfristigen Heilmittelbedarf eingeführt hat, lässt sich diese Problematik in den meisten Fällen lösen. Mit der Regelung ergibt sich für Ärzte die Möglichkeit, langfristige Heilmittel zu verordnen, ohne ihr jährliches Praxisbudget zu stark beanspruchen müssen. So ist es möglich, besonders schwere, chronische Erkrankungen für den Arzt kostengünstig über einen langen Zeitraum zu behandeln. Zudem ist für Verordnungen aus langfristigem Heilmittelbedarf keine Wirtschaftlichkeitsprüfung erforderlich.

Des Weiteren müssen Ärzte bis zum 31.12.2020 Heilmittel im Rahmen der Regelfallsystematik verordnen. Ab dem 1. Januar 2021 greift die Systematik der „Orientierenden Behandlungsmenge“, die es Ärzten ermöglicht, bedarfsgerechtes Volumen von Heilmitteln zu verordnen. Dadurch erhalten Ärzte größere finanzielle Spielräume bei der Versorgung ihrer Patienten.

• Kein Antrags- und Genehmigungsverfahren

Ist die ärztliche Diagnose in Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie erfasst und hat damit Anspruch auf langfristigen Heilmittelbedarf, entfällt das notwendige Antrags- und Genehmigungsverfahren bei den zuständigen Kassen. Allerdings sind bei Krankheitsbildern mit langfristigem Heilmittelbedarf weiterhin ärztliche Verordnungen erforderlich. Genauer hat min. eine ärztliche Untersuchung alle 12 Wochen zu erfolgen.

Eine entsprechende Genehmigung der zuständigen Krankenkasse ist weiterhin erforderlich, wenn der Arzt eine Diagnose aufstellt, die nicht in der Diagnoseliste zu finden ist, der Patient nach ärztlicher Einschätzung aber trotzdem langfristig verordnete Heilmittel benötigt und diese von der Kasse zu genehmigen sind.

Außerdem kann der Arzt eine Diagnose als „Praxisbesonderheit“ bei der Krankenkasse angeben, um eine langfristige Verordnung zu rechtfertigen, da mit der Praxisbesonderheit ein „besonderer Verordnungsbedarf“ einhergeht.

Unterschied zwischen „besonderer Verordnungsbedarf“ und „langfristiger Heilmittelbedarf“

Sowohl der besondere Verordnungsbedarf der Praxisbesonderheiten als auch der langfristige Heilmittelbedarf verfolgen das Ziel, einem Patienten die langfristige Behandlung seiner Erkrankung mit Heilmitteln zu ermöglichen. Trotzdem gibt es Unterschiede zwischen den beiden Verordnungsformen.

Besonderer Verordnungsbedarf ist Praxisbesonderheit

Ärzte können eine Heilmittelverordnung mit besonderem Verordnungsbedarf bei der zuständigen Krankenkasse genehmigen lassen. Der besondere Verordnungsbedarf hieß ursprünglich „Praxisbesonderheit“, bis ihn der Gesetzgeber mit der letzten Änderung der Heilmittel-Richtlinie 2017 als „besonderen Verordnungsbedarf“ umbenannt hat.

Darunter fallen bestimmte, besonders schwere Erkrankungen, die mehr Heilmittel als andere Erkrankungen erfordern. Vertragsärzte müssen auf dem ausgestellten Rezept sowohl den Indikationsschlüssel als auch den ICD-10-Code angeben, damit eine Verordnung als solche mit besonderem Verordnungsbedarf gilt.

Herausgeber der Diagnoselisten

Der größte Unterschied zwischen dem langfristigen Heilmittelbedarf und dem besonderen Verordnungsbedarf liegt bei den unterschiedlichen Herausgebern der Diagnoselisten.

  Diagnoseliste für
langfristigen Heilmittelbedarf
Diagnoseliste für
besonderen Verordnungsbedarf
Herausgeber der Diagnoseliste Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband (Gesetzliche Krankenkasse)
Zugehöriger Gesetzestext Heilmittel-Richtlinie, Anlage 2 Heilmittel-Richtlinie, Anlage 2: Anhang 1

Anhand der jeweiligen Liste ermitteln Ärzte, ob ihr diagnostiziertes Krankheitsbild einem der beiden Bedarfsformen entspricht. Hierbei kann es zu Überschneidungen zwischen den beiden Diagnoselisten kommen, dies ist jedoch i. d. R. nicht der Fall.

Heilmittel-Richtlinie: Basis für langfristigen Heilmittelbedarf

Laut SGB bildet die Heilmittel-Richtlinie die gesetzliche Grundlage des langfristigen Heilmittelbedarfs. Sie regelt die vertragsärztliche Verordnung von Heilmitteln mit Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie für gesetzlich Versicherte. Außerdem konkretisiert die Richtlinie die Voraussetzungen zur Verordnung von Heilmitteln sowie die Grundsätze der Verordnungsmöglichkeiten. Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie enthält die Diagnoseliste, die aufzeigt, welche Diagnosen einen langfristigen Heilmittelbedarf erfordern.

Seit 1. Januar 2021 gilt die Neufassung der Heilmittel-Richtlinie, in welcher der Gesetzgeber auch die Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf aktualisiert. 

Quellen:  „Heilmittel verordnen, kodieren und überprüfen“, kvb.de

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