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Rechtliche Grundlagen der Verkehrssicherheit bei Bäumen
Eine gesetzliche Regelung oder Definition der Verkehrssicherungspflicht existiert nicht. Der Begriff wurde entwickelt durch die Rechtsprechung ausgehend vom allgemeinen Schädigungsverbot des § 823 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
In einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BAG, Urteil vom 02.10.2012, Aktenzeichen VI ZR 311/11) heißt es zwar, dass derjenige,
„der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern.“
Aber: Unter die Verkehrssicherungspflicht fallen dabei gemäß Baumkontrollrichtlinie der Forschungsgesellschaft Landesentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) nur
„diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.“
Wen trifft diese Pflicht?
Grundsätzlich ist der Eigentümer oder dinglich Berechtigte verpflichtet, die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten. Kommunen trifft diese Verpflichtung insbesondere bei:
- Bäumen an Gemeindestraßen (Straßenbaulastträger)
- öffentlichen Grünanlagen
- Freischwimmbädern
- Spiel- und Sportplätzen
Bäume an Straßen und am Wald regelmäßig kontrollieren
Baumkontrollen müssen dort regelmäßig durchgeführt werden, wo Verkehr stattfindet. Das bedeutet für den Baumkontrolleur, dass sie die Bäume regelmäßig prüfen müssen, die direkt an folgenden oder ähnlichen Einrichtungen stehen:
- Straße
- Weg
- Parkplatz
- Trimm-dich-Pfad
- Waldlehrpfad
- Spielplatz
- Grillplätzen
- Ruhebank
Diese Bäume müssen regelmäßig einer Sichtkontrolle unterzogen werden.
Außerdem müssen Waldbesitzer Bäume am Waldrand kontrollieren, sobald sie an öffentliche Grundstücke grenzen. Zum Beispiel:
- Kindergärten
- Schulen
- Friedhöfe
- Wohnanlagen
- Sportplätze
Wie oft muss die Regelkontrolle stattfinden?
Die Regelkontrolle wird als Sichtkontrolle grundsätzlich zweimal pro Jahr durchgeführt – einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand. Im Rahmen dieser Kontrolle muss der Baumkontrolleur die Gesundheit und Standsicherheit der Bäume überprüfen. Sollten sie bei der Sichtkontrolle Schäden feststellen, muss eine eingehende Untersuchung des Baumes veranlasst werden.
Zusätzliche Sichtkontrollen
Neben der regelmäßigen Kontrolle müssen Bäume zusätzlich z. B. nach Stürmen, Gewittern oder starkem Schneefall, aber auch nach dem Feststellen von Schäden an Bäumen kontrolliert werden.
Verkehrssicherheit im Wald: Umfang der Kontrollen
Waldtypische Gefahren
Für waldtypische Gefahren gilt die Verpflichtung, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, nicht umfassend. Aufgrund der schieren Menge an Bäumen wird es als unmöglich angesehen, jeden einzelnen Baum regelmäßig und sachgerecht zu kontrollieren.
Der Waldbesitzer muss allerdings gewährleisten, dass Spaziergänger, Wanderer, Sportler, etc. Waldwege für den ausgewiesenen Verwendungszweck gefahrlos nutzen können.
Als waldtypische Gefahren gelten beispielsweise
- herabhängende Äste,
- trockene, heruntergefallene Zweige oder
- aus der Erde herausragende Wurzeln.
Atypische Waldgefahren
Bei atypischen Gefahren handelt es sich um solche, die sich nicht aus der Natur oder Bewirtschaftung des Waldes ergeben, zum Beispiel um Treppen, Schranken oder Waldspielplätze.
An solchen Orten rechnet der Waldbesucher nicht mit Gefahren, weshalb hier die Verkehrssicherheit zu gewährleisten ist. Es muss also mit Hinweisschildern, Absperrungen, Markierungen oder Ähnlichem ausreichend vor Gefahren gewarnt werden.
Verkehrssicherung im Park
Im Gegensatz zu Wäldern sind Parks Grünflächen, die regelmäßig gepflegt und kontrolliert werden. Parkbesucher rechnen hier nicht zwangsläufig damit, dass Äste herunterfallen oder Bäume umstürzen. Die Verkehrssicherheit muss aus diesem Grund in Bereichen aufrechterhalten werden, in denen Parkbesucher sich aufhalten dürfen, also beispielsweise an
- Ruhebänken,
- Liegewiesen oder
- bei Bäumen entlang der Parkwege.
Es ergibt sich also, dass Parkbetreiber nach dem bereits erwähnten Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2012 vergleichbare Pflichten haben wie ein Waldbesitzer entlang öffentlicher Straßen.
Zur Baumkontrolle gehört aber nicht nur die Aufnahme von Schäden oder Veränderungen an Bäumen, sondern auch die anschließende Dokumentation der Ergebnisse, um daraus wiederum Maßnahmen zur Baumpflege abzuleiten.
Grundsätze zur Dokumentation von Baumkontrollen
Damit im Schadensfall die Ergebnisse der Kontrolle sowie die daraus abgeleiteten Maßnahmen vom Gerichtssachverständigen und/oder Versicherungen überprüft werden können, muss die Dokumentation der Baumkontrolle
- nachvollziehbar,
- fachlich qualifiziert und
- in chronologischer Reihenfolge erfolgen.
Je nach Erfordernis greifen Baumkontrolleure auf sehr unterschiedliche Kontrollnachweise zurück.
Baumkontrolle: Die unterschiedlichen Arten der Dokumentation
Einzelbaumweise Dokumentation
Im Rahmen der regelmäßige Baumkontrolle sind für die einzelbaumweise Dokumentation zwei verschiedene Typen der Dokumentation möglich:
1. Formular mit streng vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten
Der Baumkontrolleur können ein Formular mit streng vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten verwenden. In diesem Formular sind alle möglichen Merkmale und Handlungen begrifflich vorgegeben. Der Kontrolleur muss dann nur noch das jeweils zutreffende Merkmal ankreuzen.
Symptome, die gleichzeitig Anzeichen für mögliche weitere Gefahren sind, müssen in der Dokumentation durch besondere Kennzeichnung hervorgehoben werden. Beim Auftreten solcher Symptome besteht vonseiten der Kommune/des Besitzers dringender Handlungsbedarf, um die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten.
Häufig wird ein Schadmerkmal aber nur dann in der Dokumentation erfasst, wenn dieses ein Anzeichen für Gefahr ist. Sinnvoller ist es jedoch, schon das Gefahrenpotenzial zu bewerten. So lassen sich auch Merkmale mit beginnender Ausprägung erfassen. Außerdem ermöglicht es, die Baumhistorie auch im Nachhinein richtig interpretieren zu können.
Auf welche Merkmale Baumkontrolleure bei der Baumkontrolle achten müssen und wie diese zu deuten sind, erfahren Sie im Taschenbuch „Das 1x1 der Baumkontrolle“. Das Buch orientiert sich an den von der FLL entwickelten Richtlinien zur Sichtkontrolle nach der VTA-Methode.
2. Schwach gegliedertes Formular
Es gibt aber auch die Möglichkeit, auf ein schwach gegliedertes Formular zurückzugreifen, das viel Raum für freien Text lässt. Weil der Baumkontrolleur nicht an ein festes Layout gebunden ist, kann er die Informationen auf weniger Platz unterbringen.
Zwingend angeben, muss der Kontrolleur in diesem Formular nur die
- Kriterien für das Kontrollintervall sowie
- Beurteilung des Gefahrenpotenzials, der Dringlichkeitsstufen und der Kontrollintervalle.
Dokumentation von flächigen Baumbeständen
Bei der Kontrolle von flächigen Baumbeständen werden in der kollektivbezogenen Dokumentation nur Bäume erfasst, an denen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit vorzunehmen sind. Betroffene Bäume werden vor Ort markiert.
Digitale Dokumentation: Softwaregestützte mobile Erfassung des Baumbestands
In Zeiten der Digitalisierung ist eine Erfassung der Ergebnisse der Baumkontrolle mit Papierformularen und anschließender Übertragung auf einen Bürorechner jedoch nicht mehr zeitgemäß. Das gilt auch für die Archivierung der erfassten Parameter in Papierform. Mit der Möglichkeit Tablets, Smartphones oder andere digitale Handgeräte für die Erfassung der Schäden am Baum einzusetzen, erübrigt sich die Trennung der Arbeitsschritte „Datenerhebung“ und „Dateneingabe“.
Es ergeben sich aber durchaus Schwierigkeiten bei der Umsetzung: Es werden sehr unterschiedliche Nutzeroberflächen und Hintergrundsoftware benötigt, um
- das unterschiedliche Aufgabenspektrum (Ersterfassung, Regelkontrolle etc.) erfassen zu können,
- eine Datensammlung über längere Zeiträume sowie
- die Auswertung der Daten im Büro oder einem Rechenzentrum zu ermöglichen.
Gerade bei größeren Baumständen ist es ratsam, die Baumbestände in Baumkatastern zu verwalten. Aus Performancegründen ist es insbesondere bei sehr großen Baumkatastern mit einer sehr großen Datenbank allerdings nicht sinnvoll, diese bei der regelmäßig Kontrolle inklusive des gesamten Datenbestands auf einem tragbaren Gerät mitzunehmen.
Vorteile der digitalen Dokumentation
Ein entscheidender Vorteil der digitalen Datenerfassung sind die vielfältigen Auswertemöglichkeiten von datenverarbeitenden Programmen. So lassen sich die Ergebnisse der Baumkontrolle als Berichte in vielfältiger Form ausführlich oder zusammenfassend darstellen, was für das Controlling, die Schadursachenforschung und für allgemeine Recherchen sehr nützlich ist.
Weitere Anwendungsgebiete können sein:
- Generieren von Listen der noch nicht erfolgten baumpflegerischen Maßnahmen, die als Bestandteil eines Leistungsverzeichnisses für öffentliche Ausschreibungen verwendet werden können.
- Verknüpfung der Sachdaten mit räumlichen Informationen, um weitere Auswertungen mit Raumbezug zu erstellen.
- Daten vorangegangener Kontrollen sind jederzeit reproduzierbar.
- Kontrolle der erfolgten Baumpflegemaßnahmen.
Mit der Erledigung der Maßnahmen und deren Dokumentation im Kataster hat der kommunale Baumbesitzer seine Pflichten in diesem Kontrollzyklus abgeschlossen. (juse) (caschmi)
Quellen: Das digitale Handbuch zum Veranstaltungsrecht, Das 1x1 der Baumkontrolle