Inhaltsverzeichnis
- „Altertümliche“, neuartige und gebietsfremde Pflanzenarten: Archäobiota und Neobiota
- Naturschutz differenziert zwischen unterschiedlichen invasiven Pflanzenarten
- EU-Verordnung Nr. 1143/2014
- Etablierte invasive Pflanzenarten in Deutschland (Auswahl)
- Invasive Pflanzenarten als Mittel gegen den Klimawandel?
„Altertümliche“, neuartige und gebietsfremde Pflanzenarten: Archäobiota und Neobiota
Neben natürlichen Wetterphänomenen, die Partikel und auch Pflanzensamen über den Globus verteilen können (Stichwort Saharastaub), ist es vor allem die zunehmende Globalisierung, durch die invasive Pflanzenarten eingeführt werden.
Aber bereits seit tausenden von Jahren existieren derartige Prozesse. Im Fachjargon wird dabei im Kontext invasiver Pflanzenarten zwischen Archäobiota und Neobiota unterschieden. Diese Unterscheidung ist chronologischer Art: Alle neuartigen und gebietsfremden Arten, die vor dem Jahr 1492 existierten, gehören zu den alten Pflanzenarten (Archäobiota), wohingegen alle invasiven Pflanzenarten nach 1492 zu den „neuen“ (Neobiota) gehören.
Warum ist 1492 n. Chr. das Stichjahr? In diesem Jahr fand die vermeintliche Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus statt – obwohl mittlerweile bekannt ist, dass bereits vor dem Italiener andere Seefahrer auf dem nordamerikanischen Kontinent waren.
Nichtsdestotrotz zeigt diese Klassifizierung von invasiven Pflanzen ganz deutlich: menschliche Verflechtungen wie Handelsbeziehungen oder Reisen über den Globus sind die Nummer eins, wenn es um die Einführung gebietsfremder Pflanzenarten geht.
Sind invasive Pflanzenarten gefährlich? Das hängt zum einen von der Definition von Gefahr ab. Andererseits ist bereits bestens erforscht, dass eine Einbringung neuer Pflanzenarten Veränderungen und Funktionsabläufe in Ökosystemen verändert und dies teils zu nicht kontrollierbaren Folgen führen kann (z. B. Artensterben).
Welche neuartigen Pflanzenarten gehören nicht zu den Neobiota?
Entsteht durch die natürliche Veränderung eines Ökoystems aufgrund ökologischer oder klimatischer Bedingungen neue Artenvielfalt, gehören diese Pflanzengattungen nicht zur invasiven Spezies.
Naturschutz differenziert zwischen unterschiedlichen invasiven Pflanzenarten
Staatlicher Naturschutz besteht in Deutschland seit etwas über 100 Jahren. Die vorangehend besprochenen Begriffe existierten aber bereits länger und stammen aus der biologischen Forschung.
Definition im Bundesnaturschutzgesetz
Laut Bundesnaturschutzgesetz ist eine Pflanzenart nur dann als invasiv anzusehen, wenn sie außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets vorkommt und ein „erhebliches Gefährdungspotenzial darstellt“ (§7 Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG). Daran anknüpfend unterscheidet der Naturschutz Neobiota anhand der Wirkung auf die einheimische Flora und Fauna. Dabei wird auf sog. Invasivitätsstufen eingegangen, die das Maß der Gefährdung beschreiben sollen. So ist beispielsweise eine „fremde“ Art, die keinen Schaden verursacht, bislang „nicht invasiv“.
An dieser Kategorisierung gab es innerhalb der letzten Jahre vermehrt Kritik. Denn ihrer Logik folgend ist eine Pflanzenart erst invasiv, wenn bereits Schäden verursacht wurden. Zu diesem Zeitpunkt kann dies aber entweder bereits irreversibel sein oder Pflanzenschutzmaßnahmen müssen drastischer, zeit- und geldintensiver sowie umfassender ausfallen. So kostet beispielsweise die Bekämpfung des Japanischen Staudenknöterichs zwischen 30 und 40 Millionen Euro jährlich.
Pflanzenhybride
Vor allem bei zweigeschlechtlichen Pflanzen kommt es bei der natürlichen Kreuzung mit einheimischen Arten häufig zur Bildung einer neuen Untergattung. Oft sind derartige Hybridpflanzen widerstandsfähiger und können das Ökosystem sogar positiv beeinflussen.
EU-Verordnung Nr. 1143/2014
Grundsätzlich sollte gemäß EU-Verordnung Nr. 1143/2014 aber bereits präventiv dafür gesorgt werden, dass möglichst wenige invasive Arten eingeführt werden. Das umfasst beispielsweise auch die Einfuhrbedingungen und –restriktionen bestimmter Lebensmittel, Tiere und Waren.
Überdies werden zum Präventionszweck sog. Unionslisten angefertigt, in denen alle bekannten invasiven Pflanzenarten und deren biologische Wirkungsweise eingetragen werden.
→ Speziell für die Seeschifffahrt gibt es beispielsweise ein Maßnahmenpaket, das das sog. Biofouling von Schiffen vermeiden soll.
Invasive Pflanzen und Schadensbegrenzung
Für den Fall, dass eine invasive Pflanzenart sich nun bereits unter gebietseigenen Arten ausgebreitet und/oder Schäden verursacht hat, sieht die EU-Verordnung folgende Maßnahmen vor:
- Die invasive Pflanzenart, falls möglich, im Anfangsstadium vollständig beseitigen.
- Ist das nicht möglich, müssen Eindämmungs- und Bekämpfungsmaßnahmen ergriffen werden: Erstes Mittel zum Zweck bleibt aber auch hier die mechanische Entfernung, da Pflanzengifte oder Pestizide nur unter strengen Auflagen punktuell angewendet werden dürfen, damit für Umwelt, Tiere und Menschen keine Gefahr besteht.
- Zur Behebung etwaiger Schäden an Ökosystemen kann auf die Richtlinien 92/43/EWG und 2009/147/EG zurückgegriffen werden.
Aufklärung, enge Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und Sensibilisierung der zuständigen Garten- und Landschaftspfleger sind hierbei essentiell. Denn werden invasive Pflanzen rechtzeitig erkannt, kann verhältnismäßig problemlos gegen sie vorgegangen werden. Wie genau die EU-Verordnung und weitere wichtige Richtlinien für die Grünflächenpflege praxisnah angewendet werden können, erfahren Sie in der „Grünflächenpflege“.
Etablierte invasive Pflanzenarten in Deutschland (Auswahl)
Götterbaum (Ailanthus altissima) |
Gewöhnliche Seidenpflanze (Asclepias syriaca) |
Schmalblättrige Wasserpest (Elodea nuttalli) |
Riesenbärenklau/Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum) |
Großer Wassernabel/Hahnenfuß-Wassernabel (Hydrocotyle ranunculoides) |
Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera) |
Flieder-Knöterich (Koenigia polystachya) |
Japanischer Staudenknöterich (Rynoutria japonica) |
Wechselblatt-Wasserprest (Lagarosiphon major) |
Großblütiges Heusenkraut (Ludwigia grandiflora) |
Gelbe Scheinkalla (Lysichiton americanus) |
Brasilianisches Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum) |
Kanadische Goldrute (Solidago canadensis) |
Der Riesenbärenklau, der seinen Ursprung in der kaukasischen Tundra hat, breitet sich seit den 80er Jahren immer stärker aus und vertreibt dabei heimische Pflanzen wie Arnika, Bärlauch, Eisenhutblättrigen Hahnenfuß, Goldnessel, Klebriger Salbei etc.
Der Riesenbärenklau macht seinem Namen alle Ehre und kann bis zu 3m groß werden. |
Invasive Pflanzenarten als Mittel gegen den Klimawandel
In den letzten Jahren wird auch wieder vermehrt über den gezielten Einsatz und Kultivierung bestimmter invasiver Arten diskutiert. Vor allem hinsichtlich des Klimawandels, steigender Temperaturen, Verschiebung der Jahreszeiten etc. wird es immer realistischer, dass in Zukunft wahrscheinlich gezielt invasive Pflanzenarten zum Einsatz kommen könnten, um unterschiedliche Ökosysteme robuster und langlebiger zu gestalten. Besonders in der Wald- und Forstwirtschaft ist diese Möglichkeit wahrscheinlich unabdingbar, um großflächigem Waldsterben entgegenzuwirken.
Quellen: Bundesamt für Naturschutz, www.bund.net, www.lwf.bayern.de