Inhaltsverzeichnis
- Definition: Was ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
- Wann kommt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
- Neuerungen: Was besagt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
- Für wen gilt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
- Warum gibt es das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
Definition: Was ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung (Fachkräfteeinwanderungsgesetz, kurz FEG) ist ein Gesetz zur Regelung der Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten. Mit ihm sollen deutsche Arbeitgeber die Möglichkeit erhalten, Fachkräfte und mögliche Auszubildende außerhalb des europäischen Arbeitsmarkts anzuwerben und zu beschäftigen. Worauf Arbeitgeber hierbei achten sollten, zeigt das digitale Handbuch „Rekrutierung und Beschäftigung ausländischer Fachkräfte“.
Außerdem soll sich die Fachkräftezuwanderung insgesamt effektiver kontrollieren lassen. Damit will die Bundesregierung dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenwirken. Denn im vierten Quartal 2022 war die Zahl unbesetzter Stellen so hoch wie nie (1,98 Mio.).
Da das erste Fachkräfteeinwanderungsgesetz bereits 2020 in Kraft trat und die Bundesregierung im Herbst 2022 eine neue Fachkräftestrategie vorstellte, wurde eine Überarbeitung der bisherigen Regelungen notwendig. So verabschiedete die Bundesregierung im März 2023 ein Regierungsentwurf zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung, der das bisherige Fachkräfteeinwanderungsgesetz abändern soll.
Wann kommt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
Das genaue Inkrafttreten des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist derzeit noch nicht bekannt. Zwar wurde das Gesetz am 29.03.2023 vom Bundeskabinett beschlossen, es muss aber erst noch vom Bundesrat genehmigt werden.
Dieser gab in seiner Sitzung vom 12.05.2023 eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf ab. Darin fordert der Bundesrat u. a.
- eine stärkere Unterstützung für Unternehmen bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte.
- eine bessere Bekanntmachung der Möglichkeiten zur Fachkräfteeinwanderung im In- und Ausland von Seiten der Bundesregierung.
- eine Verkürzung der bestehenden Wartezeiten bei Visaverfahren.
- eine Vereinfachung der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.
- die Entbürokratisierung und Beschleunigung der dazugehörigen Verwaltungsverfahren.
Diese Stellungnahme wurde anschließend der Bundesregierung zugeleitet. Sie muss nun eine Gegenäußerung formulieren und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegen. Verabschiedet er das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, kommt es noch einmal in den Bundesrat. Sobald es hier final entschieden wurde, muss der Bundespräsident den vorliegenden Regierungsentwurf unterzeichnen und der Entwurf am Ende im Bundesgesetzblatt verkündet werden.
Inkrafttreten der betroffenen Gesetze
Das FEG sieht mehrere Gesetzesänderungen an unterschiedlichen Gesetzen vor:
- Aufenthaltsgesetz (Artikel 1 bis 4)
- Staatsangehörigkeitsgesetz (Artikel 5)
- SGB II (Artikel 6)
- SGB III (Artikel 7)
- SGB IV (Artikel 8)
- SGB V (Artikel 9)
- Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (Artikel 10)
- AZRG-Durchführungsverordnung (Artikel 11)
Diese Gesetze sollen jeweils zu verschiedenen Zeitpunkten geändert werden.
Betroffene Passage im FEG | Inkrafttreten |
Gesamtes Fachkräfteeinwanderungsgesetz (vorbehaltlich Absatz 2 bis 6 und unten aufgeführter Passagen) | 1. Tag des 7. Monats nach Verkündung, frühestens am 01.12.2023 |
Artikel 1 (ohne Nr. 20 Buchst. b, Nr. 32 und 33) | Am Tag nach der Verkündung, frühestens am 18.11.2023 |
Artikel 1 Nr. 20 Buchst. b, Nr. 32 und 33 | Am Tag nach der Verkündung |
Artikel 3, 5 und 6 | 1. Tag des 10. Monats nach Verkündung |
Artikel 2 Nr. 18 | 2. Tag des 10. Monats nach Verkündung, frühestens am 02.12.2023 |
Artikel 4 und Artikel 7 | 01.01.2026 |
Im Rahmen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes plant die Bundesregierung zusätzlich eine Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung. Sie wurde ebenfalls am 29.03.2023 verabschiedet und zentriert v. a. die Gewinnung berufserfahrener Fach- und Arbeitskräfte. Auch entsprechende Visaverfahren sollen mit der Verordnung künftig schneller abgewickelt werden.
Hintergrund: Bereits im Jahr 2020 hatte die Bundesregierung mit einem ersten Fachkräfteeinwanderungsgesetz versucht, die Zuwanderung aus dem Ausland für den Arbeitsmarkt effektiver zu gestalten. Mit der Reform bzw. Neufassung des Gesetzes in 2023 sollen diese Ziele weiter ausgebaut und Deutschland als Arbeitgeber noch attraktiver gemacht werden.
Weitere arbeitsrechtliche Neuerungen finden Arbeitgeber und Personalverantwortliche im monatlich erscheinenden „Themenbrief Arbeitsrecht“.
Neuerungen: Was besagt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz basiert auf drei Säulen: der Fachkräftesäule, der Erfahrungssäule und der Auslandssäule. In allen Bereichen sollen Gesetze geändert werden, um das Einwanderungsrecht zu vereinfachen und mehr qualifizierte Arbeitskräfte nach Deutschland zu bringen.
Die nachfolgende Übersicht gibt eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuerungen.
Neue Regelungen zur Einreise nach Deutschland
Ausländische Arbeitskräfte können nach wie vor entweder mit einer Blauen Karte EU oder nationalen Aufenthaltserlaubnis in Deutschland arbeiten. Neu ist, dass solche Fachkräfte künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben dürfen, wenn sie einen in Deutschland erworbenen oder anerkannten Abschluss besitzen.
Zudem soll die Blaue Karte EU für noch mehr Fachkräfte mit Hochschulabschluss erreichbar werden. Hierfür sollen die bestehenden Gehaltsschwellen für Regel- und Engpassberufe gesenkt und niedrigere Mindestgehaltsschwellen für Berufsanfänger eingeführt werden. Für Besitzer einer Blauen Karte EU will das Gesetz auch der Arbeitgeberwechsel und Familiennachzug vereinfachen, ebenso den Erhalt einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU.
Erleichterungen für Studierende
Auch die Aufnahme eines Studiums in Deutschland soll das Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2023 attraktiver machen. Hierfür will die Bundesregierung die sozialrechtlichen Regelungen für Werkstudenten aufenthaltsrechtlich nutzen. Damit erhalten die Studierenden weitere Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt mit einer Nebenbeschäftigung abzusichern.
Ebenfalls plant das Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Aufhebung einiger Verbote für Nebentätigkeiten, insbesondere der Besuch von Sprachkursen.
Anforderungen an Berufserfahrung und Anerkennung
Ausländische Arbeitskräfte, die mindestens zwei Jahre Berufserfahrung besitzen und einen Berufsabschluss vorweisen können, der in ihrem Herkunftsland staatlich anerkannt ist, dürfen künftig als Fachkraft in Deutschland arbeiten. Dadurch erhofft sich die Bundesregierung weniger Bürokratie und kürzere Verfahren. Allerdings ist eine bestimmte Gehaltsschwelle einzuhalten oder der Arbeitgeber in Deutschland muss tarifgebunden sein.
Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz darf zudem der Antrag auf Anerkennung eines Berufsabschlusses auch nach der Einreise nach Deutschland erfolgen. In diesem Fall müssen sich sowohl Fachkräfte als auch ihre Arbeitgeber zu einer Anerkennungspartnerschaft verpflichten. Damit findet der Arbeitgeber schneller eine qualifizierte Fachkraft, während diese ihr Anerkennungsverfahren zu einem späteren Zeitpunkt nachholen kann, in dieser Zeit aber bereits mit ihrer Arbeit in Deutschland beginnt.
Punktesystem für ausländische Fachkräfte
Eine weitere Neuerung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist die Einführung eines Punktesystems. Mit einer Chancenkarte soll ausländischen Arbeitskräften die Suche nach einem Arbeitsplatz in Deutschland deutlich erleichtert werden. So dürfen Fachkräfte, noch während sie auf Arbeitsplatzsuche sind, für bis zu zwanzig Stunden eine Nebenbeschäftigung ausüben. Ebenso ist eine Probebeschäftigung bei einem zukünftigen Arbeitgeber für bis zu zwei Wochen erlaubt.
Als Auswahlkriterien für die Einstufung der Chancenkarte definiert das Fachkräfteeinwanderungsgesetz:
- Qualifikation
- Deutsch- und Englischkenntnisse
- Berufserfahrung
- Deutschlandbezug
- Alter
- Potenzial mitziehender Ehe- oder Lebenspartner
Darüber hinaus will das Fachkräfteeinwanderungsgesetz die bisherigen Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildungsplatzsuche deutlich erleichtern. Auch Zweckwechselverbote sollen entfallen, um die Durchlässigkeit zwischen Aufenthalten zu Bildungs- und Erwerbszwecken zu steigern.
Kurzzeitige Beschäftigung
Des Weiteren plant das Fachkräfteeinwanderungsgesetzes für Branchen mit besonders großem Bedarf erstmals eine kontingentierte kurzzeitige Beschäftigung. Fachkräfte, die über diesen Weg nach Deutschland kommen, dürfen unabhängig von ihrer Qualifikation acht Monate in Deutschland arbeiten. Zu den betroffenen Branchen gehören u. a. das Gesundheitswesen, die Kinderbetreuung, die IT-Branche, Bau- und Ausbauberufe sowie viele andere Produktions- und Dienstleistungsberufe.
Voraussetzung für diese Erlaubnis ist, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Zudem ist das Arbeitsverhältnis vom ersten Tag an sozialversicherungspflichtig.
→ Weitere Hinweise für Arbeitgeber und Personalverantwortliche bietet das digitale Handbuch „Rekrutierung und Beschäftigung ausländischer Fachkräfte“. Es gibt Antworten auf alle wichtigen Fragen zur Beschäftigung von Arbeitskräften aus dem Ausland: von der Personalgewinnung über die Sozialversicherung bis hin zur Integration im betrieblichen Alltag.
Für wen gilt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
Inhaltlich richtet sich das Fachkräfteeinwanderungsgesetz insbesondere an solche Fachkräfte, die keine Staatsangehörigkeit zu einem EU-Mitgliedsstaat, dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder der Schweiz besitzen, aber in Deutschland leben und arbeiten wollen. Hierfür ist ein Aufenthaltstitel nötig, der das Arbeiten in Deutschland gestattet. Können die Personen mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen im Ausland anerkannten Berufsabschluss vorweisen, dürfen sie als Fachkraft nach Deutschland kommen.
Das Gesetz betrifft jedoch nicht nur die ausländischen Arbeitskräfte, sondern auch die Unternehmen in Deutschland. Sie können ggf. von Erleichterungen bei der Beschäftigung ausländischer Fachkräfte profitieren, wie etwa bei der Probearbeit neuer Arbeitnehmer, der Anerkennungspartnerschaft oder der kurzzeitigen Beschäftigung.
In einer Stellungnahme zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz betonte die Bundesregierung, dass die erleichterten Möglichkeiten zur Einwanderung sowohl Großunternehmen als auch KMU nützen.
Was bringt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2023 verfolgt unterschiedliche Zwecke. Es dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/1883 vom 20.10.2021, die bis zum 18.11.2023 in deutsches Recht umgesetzt sein muss. Sie enthält Bedingungen zur Einreise und zum Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen, die eine hoch qualifizierte Beschäftigung ausüben wollen. Hinzu kommen Regelungen zur Aufhebung der Richtlinie 2009/50/EG (Blaue Karte EU).
Darüber hinaus will die Bundesregierung mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz den Fachkräftemangel bekämpfen, den Wohlstand in Deutschland aufrechterhalten und die globale Wettbewerbsfähigkeit sichern. Denn durch das schrittweise Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge (1955 bis 1970) aus dem Berufsleben, fehlen immer mehr Hochschulabsolventen, Fachkräfte mit beruflichem Abschluss und erfahrene Arbeitskräfte. Durch die geplanten Maßnahmen sollen jährlich 60.000 zusätzliche Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland geführt werden.
Gleichzeitig ist absehbar, dass es nicht genug inländisches Fachpersonal gibt, um diese Lücken langfristig zu schließen. Daher will die Bundesregierung mit der Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes die Einreise und Beschäftigung ausländischer Fachkräfte vereinfachen. Das soll sowohl die Innovations- und Leistungsfähigkeit deutscher Unternehmen fördern als auch die sozialen Sicherungssysteme aufrecht erhalten.
Quellen: „Themenbrief Arbeitsrecht“, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Deutscher Bundestag