Jahressteuergesetz 2019: Das sind die Quick Fixes der Mehrwertsteuerreform
Der aktuelle Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2019 trägt amtlich die Bezeichnung „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ und enthält zahlreiche bedeutende Gesetzesänderungen auch im Bereich der Umsatzsteuer, insbesondere die Umsetzung der sog. Quick Fixes in nationales Recht. Mit den Quick Fixes werden die Vorschriften für die folgenden Vorgänge überarbeitet:
- Verschärfung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen
- EU-weite Vereinfachungen bei Warenlieferungen über Konsignationslager
- neue Regeln für Reihengeschäfte
- Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
Unternehmen müssen die neuen Regelungen bereits ab dem 01.01.2020 anwenden, was einen nicht unerheblichen Aufwand bedeutet. Denn in vielen Fällen musste bzw. muss die Tax Compliance neu gedacht werden.
Verschärfung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen
Das Jahressteuergesetz 2019 bringt mit § 4 Nr. 1b UStG-E eine Verschärfung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen mit sich. Zusätzlich zu den bisherigen Voraussetzungen wird die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung ab dem 01.01.2020 versagt, wenn
- der liefernde Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung (§ 18a UStG) nicht oder nur unzureichend nachkommt.
- der Leistungsempfänger es versäumt, gegenüber dem liefernden Unternehmen eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu verwenden.
Wird nachträglich erkannt, dass die abgegebene Zusammenfassende Meldung nicht korrekt ist, muss der Unternehmer die ursprüngliche Meldung berichtigen.
Hinweis: Es ist zu empfehlen, künftig vor Ausführung jeder innergemeinschaftlichen Lieferung die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers zu überprüfen.
Vereinfachung bei Warenlieferungen über Konsignationslager
Der Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2019 enthält detaillierte Regelungen zur Vereinfachung für Direktlieferungen in Konsignationslager in und aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Ab dem 01.01.2020 gelten neue umsatzsteuerrechtliche Regelungen für Umsätze.
Durch den neu geschaffenen § 6b UStG-E wird das Konsignationslager erstmals im Umsatzsteuerrecht (USt) geregelt. Nach USt muss der Transport über ein Konsignationslager mit dem Zweck erfolgen, dass nach dem Ende dieser Beförderung bzw. Versendung die umsatzsteuerrechtliche Lieferung an einen Erwerber bewirkt werden soll. Hierfür müssen gemäß der Quick Fixes des Jahressteuergesetzes 2019 folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Unternehmer bewirkt eine Versendung oder Beförderung eines Gegenstandes aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat an einen Erwerber, dessen vollständiger Name und vollständige Anschrift dem Unternehmen vor Beginn der Lieferung bekannt ist.
- Der Unternehmer hat im Bestimmungsmitgliedstaat weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, Betriebsstätte oder seinen Wohnsitz.
- Der Erwerber, an den die Lieferung bewirkt werden soll, verwendet zu Beginn der Beförderung bzw. Versendung die ihm vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Der Erwerber muss für diese Lieferung Aufzeichnungen gemäß § 22 Abs. 4g UStG-E führen.
- Der Unternehmer muss die Beförderung bzw. Versendung gesondert aufzeichnen (gemäß § 22 Abs. 4f UStG-E) und nimmt den potenziellen Erwerber in die Zusammenfassende Meldung auf.
Hinweis: Sind alle weiteren Voraussetzungen erfüllt, muss der Unternehmer eine zweite Zusammenfassende Meldung abgeben.
Die Anwendung der Vereinfachungsregelung für Konsignationslager setzt für den liefernden Unternehmer und den Erwerber Aufzeichnungsverpflichtungen voraus. Welche das sind, führt das Buch „Zoll & Export 2020“ auf. Das Buch enthält alle relevanten Vorschriften für die Zoll- und Exportabteilung.
Neue Regeln für Reihengeschäfte im Jahressteuergesetz 2019
Mit der Neuregelung des Umsatzsteuerrechts wird die unionseinheitliche gesetzliche Regelung zum Reihengeschäft in nationales Recht (§ 3 Abs. 6a UStG-E) umgesetzt. Die Definition des Reihengeschäfts hat sich nicht geändert, auch die Zuordnung der „bewegten Lieferung“ im Reihengeschäft gilt in seinen Grundzügen weiterhin.
Bisher kann der Zwischenhändler nach seiner Wahl bewirken, dass die von ihm selbst bewirkte Lieferung die „bewegte Lieferung“ ist. Die Neuregelungen im Jahressteuergesetz 2019 beziehen sich darauf, wie dieses Wahlrecht auszuüben ist.
Nachweis des Auftretens als Lieferer bei innergemeinschaftlichen Reihengeschäften
Die Beförderung bzw. Versendung der Lieferung ist dem Zwischenhändler zuzuordnen, wenn er gegenüber dem leistenden Unternehmen bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde.
Nachweis des Auftretens als Lieferer bei Reihengeschäften mit dem Drittland
Wird der Gegenstand der Lieferung in ein Drittland versendet oder befördert, ist von einem ausreichenden Nachweis auszugehen, wenn der Zwischenhändler zu Beginn der Versendung bzw. Beförderung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Lieferung ausgestellt wurde.
Gelangt der Gegenstand vom Drittland in das Gebiet der Europäischen Union, ist von einem ausreichenden Nachweis auszugehen, wenn der Zwischenhändler oder sein Stellvertreter für seine Rechnung den Gegenstand zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr anmeldet.
Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
Die vierte Einzelmaßnahme der Quick Fixes betrifft die Einführung einheitlicher Nachweise für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen. Abweichend von den oben genannten Quick Fixes finden sich die Belegnachweise für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL), sondern in der Mehrwertsteuerverordnung (MwStVO). Eine nationale Umsetzungsvorschrift ist demnach grundsätzlich nicht erforderlich. Das heißt, die Änderungen werden unmittelbar wirksames Unionsrecht.
Bei der Neuregelung des Art. 45a MwStVO geht es um eine durch die Finanzverwaltung widerlegbare Vermutungsregelung des grenzüberschreitenden Transports, solange der Lieferer bestimmte Belege vorlegen kann. Um eine bessere Rechtsanwendung dieses Artikels zu ermöglichen, wurde er nun in die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) aufgenommen. Mehr zu diesem Thema ist im Buch „Zoll & Export 2020“ nachzulesen.
Quellen: „Zoll & Export 2020“, PwC