Handlungsempfehlungen bei Lieferverzögerung unter Angabe von höherer Gewalt
Wenn ein Lieferant eine Lieferverzögerung oder gar einen Lieferausfall aufgrund des Coronavirus mit höherer Gewalt argumentiert, müssen Unternehmen das nicht einfach hinnehmen, sondern sollten erst einmal verschiedene Aspekte prüfen. Rechtsanwalt und Stammautor der Zeitschrift ZOLL.EXPORT Dr. Tristan Wegner zeigt auf der Homepage der Kanzlei O&W Rechtsanwälte, welche rechtlichen Handlungsmöglichkeiten in so einem Fall bestehen. Hier das Wichtigste in Kürze:
- Zunächst einmal sollten Unternehmen prüfen, ob das Coronavirus tatsächlich Auswirkungen auf die eigene Lieferkette hat.
- Dann sollten sie den Liefervertrag genauer unter die Lupe nehmen. Welcher Rechtsordnung unterliegt der internationale Liefervertrag? Gilt deutsches Recht, das UN-Kaufrecht oder z. B. chinesisches Recht?
- In internationalen Lieferverträgen werden Fälle höherer Gewalt standardmäßig geregelt. Enthält der eigene Liefervertrag eine solche Klausel? Und sind Epidemien von dieser Klausel erfasst?
- Wichtig ist, dass Unternehmen alle Dokumente und Belege, mit denen der Lieferant den Ausfall der Lieferung bzw. die Lieferverzögerung aufgrund des Coronavirus nachweist, als Beweismittel sammeln. Denn es kommt letztendlich darauf an, wie gut der Lieferant die höhere Gewalt belegen kann.
Wenn das eigene Unternehmen aufgrund höherer Gewalt nicht liefern kann
Das gilt natürlich auch umgekehrt. Denn der Fall, dass ein Unternehmen selbst gegenüber seinen Abnehmern in Lieferverzug gerät, ist genauso möglich. Und die Beweispflicht liegt beim Lieferanten. Musste also die eigene Produktion z. B. wegen einer behördlichen Anordnung geschlossen werden, ist das ordentlich zu dokumentieren. Denn in diesem Fall könnte nachweislich höhere Gewalt vorliegen. Grundsätzlich handelt es sich bei Gerichtsurteilen zu höherer Gewalt meist um Einzelfallentscheidungen.
Zu beachten ist, dass sich ein „Zwischenlieferant“ nicht darauf berufen kann, wenn sein Lieferant aufgrund höherer Gewalt nicht liefern konnte. Dieser Einwand kann in der Lieferkette nicht einfach durchgereicht werden. So könnte er in die Pflicht genommen werden, die Ware von einem anderen Lieferanten zu beschaffen. Andernfalls stehen Schadensersatz und Ansprüche aufgrund von Vertragsstrafen im Raum. Es kommt wiederum darauf an, wie die Lieferverträge ausgehandelt wurden.
Um eventuell Schadensminderung erwirken zu können, sollten Lieferanten alle unternommenen Maßnahmen dokumentieren, die der Vermeidung einer Lieferverzögerung dienten. Außerdem ist es unerlässlich, eigene Abnehmer frühzeitig über die Lieferverzögerung zu unterrichten, damit diese ihrerseits Vorkehrungen treffen können.
Den ausführlichen Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner finden Sie hier: „Coronavirus: Höhere Gewalt möglich? 5 Tipps“. Hier erhalten Sie auch individuelle rechtliche Beratung.
Quelle: O&W Rechtsanwälte