Inhaltsverzeichnis
- Worum geht es bei der Präferenzkalkulation?
- Präferenzkalkulation in Deutschland
- Kurz-Checkliste zur Präferenzkalkulation in 7 Punkten
- Aktuellste Vorgaben für die erfolgreiche Präferenzkalkulation berücksichtigen
Worum geht es bei der Präferenzkalkulation?
Die Präferenzkalkulation ist ein zentrales Rechenverfahren, um für den Import und Export zu ermitteln, ob eine Präferenzberechtigung für eine Ware vorliegt.
Was bedeutet Präferenz beim Zoll?
Für jeden Import von Waren, die aus einem Drittland bezogen werden, fallen i. d. R. Zollgebühren an. Neben solchen Regelzollsätzen gibt es – meist deutlich niedrigere – Präferenzzollsätze. Diese ermöglichen für entsprechende Waren eine zollrechtliche Vorzugsbehandlung. Voraussetzung für die Zollpräferenz Lieferant für die Einhaltung der Ursprungsregeln verantwortlich. Dies muss er durch Dokumente sowie Erklärungen dem EU-Importeur belegen. Bei der Ausfuhr stellt wiederum der deutsche/EU-Exporteur dem ausländischen Kunden die Ursprungsdokumente oder -erklärungen zur Verfügung.
Was ist eine Präferenzkalkulation?
Bei der Präferenzkalkulation oder Ursprungskalkulation werden die Präferenzeigenschaften von Waren berechnet. Zentrale Faktoren in dieser Berechnung sind die Listenregeln. Sie werden durch das gültige Freihandelsabkommen zwischen dem Import- und Export-Land festgelegt.
Welche Vorgaben sind bei einer Präferenzkalkulation zu beachten?
Die anwendbaren Präferenzzollsätze sind im Elektronischen Zolltarif (EZT) integriert. Dieser dient als Informationsquelle für die eigentliche Berechnung. Meist wird die Präferenzkalkulation mithilfe von Software-Lösungen, also EDV-gestützt erstellt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass für jedes Endprodukt vollständige Stücklisten hinterlegt sind, die sich aus den Materialstammsätzen zusammensetzen, einschließlich:
- Preiszuordnung
- Präferenzkennzeichen
- Statistische Warennummern
- Zugehörige Präferenzregelungen
Wann ist eine Präferenzkalkulation sinnvoll?
Eine Präferenzkalkulation ist immer dann erforderlich, wenn die entsprechenden Ursprungswaren präferenzberechtigt sind. Liegt also ein präferenzieller Ursprung vor, erhält man so entsprechende Vergünstigungen. Sinnvoll ist die Präferenzkalkulation daher etwa dann, wenn die beteiligten Drittländer Vertragsparteien in einem Freihandelsabkommen sind.
Kriterium zum Präferenzursprung ist, dass entweder
- ein Ursprungsprodukt vorliegt, wenn die in der EU oder dem Präferenzpartnerland hergestellten Ursprungswaren aus Vormaterialien produziert wurden, die ebenfalls vollständig in der EU oder dem betreffenden Präferenzland erzeugt wurden (vollständige Erzeugung)
oder
- ein Ursprungsprodukt vorliegt, wenn importierte Nichtursprungswaren (Waren aus Drittländern) nach den Regeln der Ursprungsprotokolle soweit bearbeitet oder verarbeitet wurden, dass ihr Ursprung in Richtung EU oder Partnerland gewechselt hat (ausreichende Bearbeitung oder Verarbeitung).
Auch für bestehende Handelsbeziehungen zu begünstigten Ländern können sich die Listenregeln und Präferenzkalkulation verändern. Über aktuelle Neuerungen informiert z. B. die Zeitschrift „ZOLL.EXPORT“. Bild: © Monet – stock.adobe.com |
Präferenzkalkulation in Deutschland
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten für die Grundlagen zur zollrechtlichen Präferenzbehandlung von Waren:
- Die einzelnen Staaten können miteinander spezifische Präferenzregelungen in einem Präferenzabkommen festlegen.
- Die Präferenzbehandlung kann auf der autonomen Rechtssetzung der EU aufbauen, die diese für bestimmte Ländergruppen erstellt.
Häufig basieren die Festlegungen in den Präferenzabkommen auf Gegenseitigkeit. In dem Fall gelten die jeweiligen Vorgaben sowohl für Import als auch Export (also kein einseitiges Präferenzabkommen). Für die Präferenzkalkulation bzgl. eines Nicht-EU-Landes können die Regeln für den Warenverkehr unter Warenursprung und Präferenzen online, einer Seite des deutschen Zolls, abgefragt werden.
Zentrale Präferenzabkommen aus europäischer Sicht
Heute profitieren Unternehmen mit Standorten innerhalb der Europäischen Union (EU) von mehr als 40 Freihandelsabkommen. Zuletzt hinzugekommen sind die Abkommen
- EU/Vereinigtes Königreich,
- EU/Vietnam,
- EU/Japan sowie
- EU/Singapur.
Für Deutschland spielen insbesondere die folgenden Präferenzabkommen eine zentrale Rolle:
- Paneuropa-Mittelmeer-Freihandelszone
- Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA)
- Agreement between the European Union and Japan for an Economic Partnership (EU-Japan-EPA)
- EU-UK Trade and Cooperation Agreement (TCA)
- Allgemeines Präferenzsystem (Generalised Scheme of Preferences, GSP)
Beispiel: Das Übereinkommen für den Pan-Europa-Mittelmeer-Raum ist am 12.05.2012 in Kraft getreten. Vertragsparteien hierbei sind die
- Länder der Europäischen Union
- EFTA-Staaten
- Färöer-Inseln
- Teilnehmer des Barcelona-Prozesses
- Teilnehmer des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses der EU
Hinzu kommen inzwischen auch die Republik Moldau, Georgien und die Ukraine. Die jeweiligen Ursprungsprotokolle und besonderen Bestimmungen, die eine vorteilhafte Präferenzkalkulation ermöglichen, können jedoch jederzeit erweitert bzw. verändert werden. Es empfiehlt sich für jedes Land, die offiziellen Listen der beteiligten Vertragsparteien im Auge zu behalten.
Verantwortliche bleiben über relevante Neuerungen im Bereich Präferenzen und Freihandelsabkommen mit der Zeitschrift „ZOLL.EXPORT“ informiert. Damit haben sie alle wichtigen Änderungen im Blick.
Präferenzkalkulation: Beispiel Großbritannien beweist die Wichtigkeit von Details
Auch politische Veränderungen beeinflussen die geltenden Vorgaben zur Präferenzkalkulation. Das Beispiel Großbritannien zeigt dies sehr deutlich, da z. B. die Ausfuhren in das Vereinigte Königreich nach dem Brexit neuen Vorgaben unterliegen.
Mit dem Austritt aus der EU gilt das Vereinigte Königreich als Drittland. Insofern sind paneuropäische Regelungen nicht mehr anwendbar. Relevant sind nun die CTA-Vorgaben, die am 01.05.2021 in Kraft getreten sind.
Generell ist besondere Vorsicht bei Waren geboten, deren Import-Export-Prozess noch während der Übergangsfrist eingeleitet wurde. Zusätzliche Maßnahmen können z. B. bei verwendeten Vormaterialien notwendig werden, die nunmehr als Vormaterialien ohne Ursprung gelten. Problematisch sind somit nun ungültige Lieferantenerklärungen zu Waren, die aus dem Vereinigten Königreich stammen und sich zum Ablauf der Frist in einem Land der EU-27 befanden.
Mögliche erforderliche Maßnahmen sind u. a.:
- Lieferanten müssen einen entsprechenden Warenursprung als EU-27-Ware bescheinigen.
- Lieferanten haben ihre Kunden über ggf. ungültige Lieferantenerklärungen zu informieren.
- Die Präferenzkalkulation muss ggf. neu durchgeführt werden.
Kurz-Checkliste zur Präferenzkalkulation in 7 Punkten
Die Präferenzkalkulation bedeutet gerade bei Waren mit vielen verschiedenen Vormaterialien aus mehreren Ländern einen hohen administrativen Aufwand. Warenursprung und Präferenzen sind genau zu prüfen, da Vorgaben zu Zollpräferenzen einem ständigen Wandel unterworfen sind. Bild: ©Pavel Losevsky – stock.adobe.com |
Letztlich ist bei allen Angelegenheiten rund um Zoll, Export und Import höchste Sorgfalt geboten. Nur so können internationale Unternehmen
- alle Vorschriften exakt umsetzen,
- reale Transport- und Versicherungskosten aufrechnen sowie
- mögliche finanzielle Vorzüge nutzen.
Die folgende Sieben-Punkte-Liste unterstützt Zollverantwortliche dabei, rechtssicher mit allen Vorgaben rund um Warenursprung und Präferenzen umzugehen. Zudem können die Verantwortlichen unnötigen Mehraufwand vermeiden.
1. Anwendbarkeit | Prüfen Sie, ob die betreffenden Exportgüter im Zielland unabhängig vom Warenursprung zollfrei eingeführt werden können. |
2. Harmonisiertes System | Prüfen Sie die Zolltarife für die zu kalkulierenden Waren anhand der ersten Stellen der Zolltarifnummer. |
3. Verarbeitungslisten und Listenbedingungen | Identifizieren Sie die anwendbaren prozentualen Schwellenwerte für den Einsatz von Vormaterialien ohne Ursprung (VoU). Die Grundlage dafür bilden Güterlisten im harmonisierten System. |
4. Ursprung- und Mixregeln | Berücksichtigen Sie etwaige Regelungen zu Ware, Land, Zollpositionswechsel und Wertklausel. |
5. Ursprungserklärung auf der Rechnung (UE) | Prüfen Sie die einschlägigen Bestimmungen zum Ursprungsnachweis der Waren. Nicht bei jedem Abkommen ist eine Erklärung auf der Rechnung möglich oder sie ist an weitere Bedingungen geknüpft. |
6. Worst-Case-Kalkulation | Sie dient zur Vermeidung von hohem administrativem Aufwand aufgrund verschiedener Präferenzkalkulationen. Ihre Basis bildet der schlechteste Schwellenwert zur Berechnung. Dafür den Durchschnittswert zu nutzen, ist hingegen nicht zulässig. |
7. ERP-System | Machen Sie alle relevanten Vorgaben und Datensätze zentral verfügbar und hinterlegen Sie diese z. B. im ERP-System. Diese sind stets auf dem aktuellen Stand zu halten. |
Aktuellste Vorgaben für die erfolgreiche Präferenzkalkulation berücksichtigen
Wie die Erfahrung zeigt, sind Präferenzabkommen ein dynamisches System und damit ständigen Veränderungen unterworfen. So werden z. B. Länder, deren Waren bislang einem nichtpräferenziellen Ursprung entsprechen, in bestehenden Präferenzabkommen neue Vertragsparteien. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die spezifischen Vorgaben der Abkommen nach ihrer Anpassung deckungsgleich sind.
Für Verantwortliche in der Zoll- und Exportabwicklung bedeutet dies:
- Sie müssen sämtliche Regelungen und Freihandelsabkommen im Blick behalten.
- Sie haben Neuerungen unmittelbar in der Präferenzkalkulation zu berücksichtigen.
- Allen ausführenden Mitarbeitenden sind aktuelle Informationen zugänglich zu machen.
Stets auf dem aktuellen Stand bleiben Import-Export-Unternehmen mit der Zeitschrift „ZOLL.EXPORT“. Darin erhalten Verantwortliche bei der Zoll- und Exportabwicklung u. a.:
- Anschauliche Praxisbeiträge
- Sofort einsetzbare Arbeitshilfen
- Aktuelle Informationen für die reibungslose Zoll- und Exportabwicklung
Quellen: „ZOLL.EXPORT“: Ausgabe 08/2020, zoll.de, wup.zoll.de, eur-lex.europa.eu