DGUV Vorschrift 2: Die Neufassung 2025 zur betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung
10.07.2025 | S.Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

Die überarbeitete DGUV Vorschrift 2 modernisiert ab 2025 die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung: Sie bringt klare Strukturen, digitale Betreuungsoptionen, erweiterte Qualifikationswege und neue Modelle speziell für kleine Unternehmen. Lesen Sie hier, wie die DGUV V2 den Arbeitsschutz praxisnäher, flexibler und effizienter gestaltet – und was Unternehmen künftig beachten müssen, um rechtskonform und zukunftssicher aufgestellt zu sein.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist die DGUV V2?
- Neufassung DGUV Vorschrift 2: das sind die Änderungen
- DGUV V2: Praxisnutzen und Zukunftsperspektiven
- DGUV Vorschrift 2 – ein Fazit
Was ist die DGUV V2?
Die DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ stellt eine für alle Berufsgenossenschaften und Unfallkassen einheitliche Unfallverhütungsvorschrift dar und konkretisiert das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG).
Was ist in der DGUV Vorschrift 2 geregelt? Die DGUV V2 dient der systematischen Organisation von Sicherheit und Gesundheit im Betrieb durch qualifizierte Fachkräfte und definiert die Pflichten von Unternehmerinnen und Unternehmern zur betrieblichen Betreuung. Das Regelwerk legt sowohl die erforderliche Fachkunde als auch die spezifischen Aufgaben von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit fest.
DGUV V2: Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen
Ende 2024 hat die Mitgliederversammlung der DGUV den neuen Mustertext der Vorschrift beschlossen. Die Unfallversicherungsträger setzen die Vorschrift sukzessive in Kraft. Den Anfang machte am 1. April 2025 die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM). Diese gestaffelte Einführung ermöglicht eine reibungslose Umstellung für alle Beteiligten.
Für bestehende Verträge und Qualifikationen gelten Übergangsregelungen. Ein wichtiger Meilenstein ist das Jahr 2028: Ab da wird der jährliche Fortbildungsnachweis verpflichtend.
Neufassung DGUV Vorschrift 2: das sind die Änderungen
Eine wesentliche Neuerung der Fassung 2024/2025 ist die klare Trennung zwischen verbindlichen Vorschriften (DGUV Vorschrift 2) und erläuternden, empfehlenden Regelungen (DGUV Regel 100-002). Diese Struktur erleichtert die praktische Anwendung, da zentrale Begriffe des Vorschriftentextes nun klarer definiert und in der neuen DGUV-Regel mit praxisnahen Umsetzungsbeispielen erläutert werden.
1. Betreuungsmodelle: neues Angebot für kleine Betriebe
Die DGUV Vorschrift 2 differenziert zwischen verschiedenen Betreuungsmodellen, die sich an der Betriebsgröße orientieren:
Kleinbetriebe bis 20 Beschäftigte: Diese können die vereinfachte Betreuung nach Anlage 1 wählen. Zudem können sie sich nun nach erfolgreicher Qualifizierung durch das Kompetenzzentrum einiger Berufsgenossenschaften (KPZ) betreuen lassen. Zuvor stand dieses Angebot nur Betrieben mit bis zu 10 Beschäftigten offen.
Mittlere und große Betriebe: Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten unterliegen der Regelbetreuung nach Anlage 2 (differenziertes Modell). Für bestimmte Betriebe bis 50 Beschäftigte besteht die Möglichkeit einer alternativen Betreuung nach Anlage 3/4.
2. Neue Betreuungsgruppen und Einsatzzeiten
Die Regelbetreuung basiert auf drei Betreuungsgruppen, die nach dem Gefährdungspotenzial der jeweiligen Branche klassifiziert werden:
- Gruppe I (hohes Gefährdungspotenzial): Branchen wie Bergbau oder Metallverarbeitung
- Gruppe II (mittleres Gefährdungspotenzial): Bereiche wie Maschinenbau oder Krankenhäuser
- Gruppe III (niedriges Gefährdungspotenzial): Tätigkeiten in Büros oder im Einzelhandel
Die Zuordnung wurde überarbeitet und ist für Unternehmensführungen nun leichter auffindbar. Die Einsatzzeiten sind entsprechend gestaffelt und reichen von 0,5 bis 2,5 Stunden pro Beschäftigtem und Jahr. Diese Zeit muss zwischen Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit aufgeteilt werden, wobei jede Profession mindestens 20 Prozent der Grundbetreuungszeit erhält.
3. Erweiterte Qualifikations- und Zugangswege zur Fachkraft für Arbeitssicherheit
Betriebsärzte müssen weiterhin die Zusatz- oder Fachgebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ führen. Ihre Aufgaben umfassen:
- arbeitsmedizinische Vorsorge,
- Beratung,
- Begehungen und
- die Mitwirkung an Gefährdungsbeurteilungen.
Fachkräfte für Arbeitssicherheit benötigen spezielle branchenübergreifende und -spezifische Qualifikationen. Eine wichtige Erweiterung stellt die Öffnung für weitere Fachgebiete dar: Absolventinnen und Absolventen aus
- Arbeits- und Organisationspsychologie,
- Biologie,
- Ergonomie oder
- Humanmedizin
können sich nun als Fachkraft für Arbeitssicherheit qualifizieren. Diese Erweiterung ermöglicht es Unternehmen, ihre Fachkräfte zielgerichteter je nach den spezifischen Anforderungen ihrer Branche auszuwählen.
4. Aufgabenfelder der Grundbetreuung
Die Grundbetreuung umfasst klar definierte Aufgabenfelder:
- Unterstützung bei Gefährdungsbeurteilungen
- Maßnahmen zur Verhältnis- und Verhaltensprävention
- Organisation und Integration in Führungsstrukturen
- Dokumentation und Meldepflichten
- Teilnahme an Besprechungen
Zusätzlich zur Grundbetreuung muss der individuelle, betriebsspezifische Betreuungsbedarf ermittelt werden, beispielsweise bei betrieblichen Veränderungen, besonderen Gefährdungen oder der Einführung neuer Arbeitsmittel.
5. Digitalisierung der Betreuungsleistungen
Ein neuer Aspekt der DGUV V2 ist die Einführung digitaler Betreuungsmöglichkeiten. Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit dürfen die Unternehmensführung nun auch telefonisch oder online beraten. Grundsätzlich können bis zu einem Drittel der Betreuungsleistungen digital erbracht werden (Telefon, Videokonferenz, Telekonsultation).
Unter bestimmten Bedingungen und in trägerspezifischen Fassungen ist sogar eine digitale Betreuung bis zu 50 Prozent möglich. Voraussetzung ist jedoch, dass sich die Fachkräfte im Vorfeld einen persönlichen Eindruck vom Betrieb verschaffen, beispielsweise durch eine Begehung. Zusätzlich müssen Datenschutz und technische Voraussetzungen erfüllt sein.
Produktempfehlung
Die Anforderungen der DGUV Vorschrift 2 machen deutlich, wie wichtig eine gut organisierte und jederzeit nachvollziehbare Arbeitsschutzstruktur im Unternehmen ist.
Wer dabei nicht nur gesetzeskonform, sondern auch praxisnah agieren möchte, findet im „Aushang-Paket“ eine sofort einsetzbare Lösung mit übersichtlichen Vorlagen, die nicht nur Zeit sparen, sondern auch die Sicherheit im Betrieb sichtbar stärken. Jetzt informieren!
6. Pflicht zum Fortbildungsnachweis
Die Neufassung stärkt die Qualitätssicherung durch erweiterte Berichtspflichten. Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit müssen jährlich schriftlich berichten über:
- Fortbildungsnachweise
- Gefährdungsbeurteilungen und Begehungen
- durchgeführte Schulungen und Beratungen
- Zusammenarbeit mit Betriebsrat oder Arbeitsschutzausschuss
- Maßnahmenplanung für das Folgejahr
Eine zentrale Neuerung ist die Verpflichtung, absolvierte Fortbildungen im jährlichen Bericht nachzuweisen. Diese Regelung gibt Unternehmen eine zusätzliche Möglichkeit, die Qualität der angebotenen Dienstleistung einzuschätzen. Ab 2028 wird der jährliche Fortbildungsnachweis verpflichtend, was die kontinuierliche fachliche Weiterentwicklung sicherstellt.
DGUV V2: Praxisnutzen und Zukunftsperspektiven
Die novellierte DGUV Vorschrift 2 bringt konkrete Vorteile für die betriebliche Praxis. Wie Dr. Stefan Hussy, Hauptgeschäftsführer der DGUV, betont: „All diese Änderungen ermöglichen es den Betrieben und Einrichtungen, Sicherheit und Gesundheit zukünftig noch besser in die betriebliche Praxis zu integrieren. So holen sie das Beste aus dem fachkundigen Rat von Betriebsärztinnen und -ärzten sowie Fachkräften für Arbeitssicherheit heraus“.
Die Anpassungen unterstützen Unternehmensführungen dabei, bei der Organisation von Sicherheit und Gesundheit im Betrieb rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen stehen bereit, um Betriebe und Bildungseinrichtungen bei der Umsetzung zu unterstützen.
DGUV Vorschrift 2 – ein Fazit
Die überarbeitete DGUV Vorschrift 2 ist ein wichtiger Modernisierungsschritt im Arbeitsschutz: Durch die klare Trennung zwischen verbindlichen Vorschriften und empfehlenden Regelungen erhält die Vorschrift mehr Übersichtlichkeit und Praxisnähe. Die Digitalisierung der Betreuungsleistungen bis zu einem Drittel der Grundbetreuungszeit ermöglicht flexiblere und effizientere Betreuungsformen, während die Erweiterung der Qualifikationswege für Fachkräfte für Arbeitssicherheit interdisziplinäre Expertise einbezieht.
Besonders kleinere Betriebe profitieren von der Anhebung der Kompetenzzentren-Betreuung auf 20 Beschäftigte und der strukturellen Vereinfachung der Betreuungsmodelle. Die verpflichtende Dokumentation von Fortbildungen ab 2028 stärkt die Qualitätssicherung, während die überarbeiteten Betreuungsgruppen und WZ-Schlüssel eine transparentere Zuordnung ermöglichen.
Die Neufassung folgt dem Grundsatz „verständlicher, zielgerichteter, moderner“ und schafft damit eine zukunftsfähige Grundlage für die systematische Organisation von Sicherheit und Gesundheit im Betrieb.
Quellen: DGUV Vorschrift 2;