Berechnung, Sanierungseinfluss und Auswirkung auf die Grundsteuer

07.10.2025 | S.Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

articleimage
© Uwe – stock.adobe.com

Die Restnutzungsdauer eines Gebäudes ist ein zentraler Faktor für Wertermittlung, Sanierungsbewertung und Grundsteuerberechnung. Lesen Sie hier, wie sich die Restnutzungsdauer nach der ImmoWertV berechnet, welche Rolle Modernisierungen spielen und inwiefern Sanierungen oder bauliche Mängel den Zeitraum der wirtschaftlichen Nutzung verändern.

Inhaltsverzeichnis

  1. Restnutzungsdauer bei Gebäuden – Definition
  2. Restnutzungsdauer Gebäude nach Sanierung
  3. Wie wirkt sich die Restnutzungsdauer auf die Grundsteuer aus?
  4. FAQ – häufige Fragen zur Restnutzungsdauer Gebäude
  5. Fazit

Restnutzungsdauer bei Gebäuden – Definition

Die Restnutzungsdauer gibt an, wie viele Jahre eine Immobilie voraussichtlich noch wirtschaftlich nutzbar ist. Sie leitet sich aus der Gesamtnutzungsdauer ab, also der Zeitspanne, während derer ein Gebäude seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann.

Nach Paragraph 4 Abs. 3 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) bezeichnet die Restnutzungsdauer die Anzahl der Jahre, in denen eine bauliche Anlage bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung noch wirtschaftlich nutzbar ist.

Wie rechnet man die Restnutzungsdauer aus?

Die Berechnung erfolgt grundsätzlich nach der Formel:

Restnutzungsdauer = Gesamtnutzungsdauer - Alter des Gebäudes

Das Alter wird durch das Baujahr bestimmt.

Im Fall von Modernisierungen liegt der Ermittlung der Restnutzungsdauer ein theoretischer Modellansatz zugrunde, der davon ausgeht, dass die Restnutzungsdauer (RND) auf maximal 70 Prozent der jeweiligen Gesamtnutzungsdauer (GND) gestreckt und nach der folgenden Formel berechnet wird:

RND = a x Alter/ GND - b x Alter + c x GND

Für die Variablen a, b und c gelten die Werte der folgenden Tabelle 1. Dabei ist zu beachten, dass Modernisierungen erst ab einem bestimmten Alter der baulichen Anlagen Auswirkungen auf die Restnutzungsdauer haben. Daher lässt sich die Formel je nach der anzusetzenden Gesamtnutzungsdauer erst ab einem bestimmten Alter (relatives Alter) anwenden.

Modernisierungs-
punkte
a b c ab einem
relativen Alter von
 0 1,2500 2,6250 1,5250 60 Prozent
 1 1,2500 2,6250 1,5250 60 Prozent
 2 1,0767 2,2757 1,3878 55 Prozent
 3 0,9033 1,9263 1,2505 55 Prozent
 4 0,7300 1,5770 1,1133 40 Prozent
 5 0,6725 1,4578 1,0850 35 Prozent
 6 0,6150 1,3385 1,0567 30 Prozent
 7 0,5575 1,2193 1,0283 25 Prozent
 8 0,5000 1,1000 1,0000 20 Prozent
 9 0,4660 1,0270 0,9906 19 Prozent
10 0,4320 0,9540 0,9811 18 Prozent
11 0,3980 0,8810 0,9717 17 Prozent
12 0,3640 0,8080 0,9622 16 Prozent
13 0,3300 0,7350 0,9528 15 Prozent
14 0,3040 0,6760 0,9506 14 Prozent
15 0,2780 0,6170 0,9485 13 Prozent
16 0,2520 0,5580 0,9463 12 Prozent
17 0,2260 0,4990 0,9442 11 Prozent
18 0,2000 0,4400 0,9420 10 Prozent
19 0,2000 0,4400 0,9420 10 Prozent
20 0,2000 0,4400 0,9420 10 Prozent
Tabelle 1: Angabe der Variablen a, b, c und des relativen Alters für die Anwendung der Formel zur Ermittlung der Restnutzungsdauer. © www.gesetze-im-Internet.de (Abgerufen am 8.10.25)

Liegt das relative Alter unterhalb des in der folgenden Tabelle angegebenen Wertes, gilt für die Ermittlung der Restnutzungsdauer die oben genannte Formel RND = GND - Alter. 
Die Gesamtnutzungsdauer ist für verschiedene Gebäudetypen modellhaft in der ImmoWertV festgelegt:
  • Für Ein- und Zweifamilienhäuser beträgt sie üblicherweise rund 80 Jahre.
  • Für gewerbliche Gebäude beträgt sie oft 30 bis 60 Jahre, je nach Nutzung und Bauweise.

Individuelle Besonderheiten wie Modernisierungen oder Sanierungen können die rechnerische Restnutzungsdauer verändern, weshalb Sachverständige diese regelmäßig anpassen.

Restnutzungsdauer Gebäude nach Sanierung

Sanierungsmaßnahmen können die Restnutzungsdauer verlängern, wenn sie wesentliche Bauteile betreffen und eine dauerhafte Werterhaltung oder -steigerung bewirken. Im Sachwertverfahren wird dies durch sogenannte Modernisierungspunkte berücksichtigt, die eine Verlängerung der Restnutzungsdauer um bis zu 10 Jahre oder mehr bewirken können.

Die wichtigsten Modernisierungselemente samt maximaler Punktzahl lauten:
Dacherneuerung inklusive Verbesserung der Wärmedämmung: 4 Punkte
Modernisierung der Fenster und Außentüren: 2 Punkte
Modernisierung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser): 2 Punkte
Modernisierung der Heizungsanlage: 2 Punkte
Wärmedämmung der Außenwände: 4 Punkte
Modernisierung von Bädern (Sanitär): 2 Punkte
Modernisierung des Innenausbaus (Decken, Fußböden, Treppen): 2 Punkte

→ Die bloße Instandhaltung (wie Renovierung oder Austausch einzelner Bauteile) führt dagegen nicht automatisch zu einer Verlängerung.

Bei denkmalgeschützten Gebäuden wird der bauliche Zustand individuell bewertet; die Denkmaleigenschaft allein hat keine rechnerische Auswirkung auf die Nutzungsdauer.

Verkürzte Restnutzungsdauer Gebäude

Eine verkürzte Restnutzungsdauer liegt vor, wenn aufgrund technischer Mängel, wirtschaftlicher Entwertung oder rechtlicher Umstände (zum Beispiel Abrissverpflichtungen) keine reguläre Nutzung über die übliche Dauer hinaus möglich ist.

Die Beweislast für eine verkürzte Nutzungsdauer liegt beim Eigentümer und muss durch ein qualifiziertes Gutachten nachgewiesen werden. Solche Gutachten sind insbesondere für steuerliche Zwecke (AfA nach Paragraph 7 EStG) relevant.

Veranstaltungsempfehlung

Wer den komplexen Themenbereich Restnutzungsdauer von Gebäuden professionell und rechtssicher bewerten möchte, benötigt fundiertes Praxiswissen rund um Bauabläufe, Sanierungsmaßnahmen und ihre Auswirkungen.

Das E-Learning „DEKRA-zertifizierte/r Bauleiter/in“ vermittelt Ihnen genau diese Kompetenzen – und bereitet gezielt auf die Zertifizierung vor. Gleich anmelden!

Wie wirkt sich die Restnutzungsdauer auf die Grundsteuer aus?

Die Restnutzungsdauer beeinflusst direkt die Höhe der Grundsteuer: Je kürzer die Restnutzungsdauer, desto niedriger wird der Gebäudewert und damit auch die Steuerlast angesetzt.

Zusammenhang zwischen Restnutzungsdauer und Grundsteuer

Die Restnutzungsdauer gibt an, wie lange ein Gebäude noch als wirtschaftlich nutzbar gilt. Für die Berechnung der Grundsteuer wird der Gebäudewert anhand der Restnutzungsdauer ermittelt – je älter oder stärker abgenutzt das Gebäude, desto kürzer die Restnutzungsdauer und desto geringer der Gebäudewert im Verhältnis zum Grundstückswert. Dadurch sinkt die Steuerlast. Modernisierungen oder Sanierungen können die Restnutzungsdauer verlängern, was wiederum die Steuerlast erhöhen kann.

Eine korrekt ermittelte und dokumentierte Restnutzungsdauer kann für Eigentümer zu einer niedrigeren Grundsteuer führen. Gerade bei älteren Gebäuden oder nach Modernisierungen ist es wichtig, die Restnutzungsdauer fachgerecht zu überprüfen, um eine faire Bewertung und Steuerlast zu erreichen. Fehler bei der Angabe führen oft über Jahre hinweg zu Nachteilen im Grundsteuerbescheid, weshalb Einspruch oder die Beauftragung eines Sachverständigen sinnvoll sein kann.

FAQ – häufige Fragen zur Restnutzungsdauer Gebäude

  • Was passiert nach der Gesamtnutzungsdauer? Nach Ablauf der Gesamtnutzungsdauer gilt eine Immobilie oder ein anderer Vermögenswert aus wirtschaftlicher Sicht als nicht mehr rentabel nutzbar – unabhängig davon, ob das Objekt technisch weiter verwendet werden könnte. 
  • Wer darf die Restnutzungsdauer fachgerecht bestimmen? Die fachgerechte Feststellung erfolgt in der Regel durch öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige oder durch entsprechend qualifizierte Immobilienbewerter. Banken, Versicherer und Steuerbehörden orientieren sich an diesen Gutachten, können aber abweichende Ansätze oder Tabellenwerte anwenden. 
  • In welchem Umfang beeinflussen Sanierungen und Modernisierungen die Restnutzungsdauer? Eine umfassende Kernsanierung kann die RND deutlich verlängern – in Extremfällen wird sie nahezu auf die technische Gesamtnutzungsdauer zurückgesetzt. Teilmodernisierungen haben hingegen meist nur eine proportionale, gutachterlich zu bewertende Verlängerung des Nutzungszeitraums zur Folge. 
  • Welche strategische Relevanz hat die RND für Eigentümer und Investoren? Die RND wirkt sich auf eine Vielzahl wirtschaftlicher Entscheidungen aus: Sie beeinflusst Investitionsplanungen, Risikoanalysen, steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten und Finanzierungskonditionen. Gerade in der Portfoliosteuerung dient sie als Indikator für anstehende Investitionsbedarfe und als Grundlage für Szenarien zur Nachnutzung oder Projektentwicklung.

Fazit

Die Restnutzungsdauer ist ein zentrales Kriterium für die Wertermittlung und steuerliche Bewertung von Gebäuden. Sie beschreibt die verbleibende Zeitspanne, in der eine Immobilie bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung wirtschaftlich nutzbar ist. Modernisierungen können die Restnutzungsdauer rechnerisch verlängern, wenn sie den baulichen Zustand wesentlich verbessern. Dies wird über Modernisierungspunkte abgebildet, wobei gezielte Sanierungen – etwa an Dach, Dämmung, Haustechnik oder Fenstern – die Nutzungsdauer um Jahre erhöhen können. Umgekehrt kann sie durch bauliche Schäden, wirtschaftliche Entwertung oder rechtliche Nutzungseinschränkungen verkürzt werden. Da die Restnutzungsdauer unmittelbar in die Gebäudewertberechnung einfließt, wirkt sie sich direkt auf die Grundsteuer aus. Eine fachgerechte Ermittlung, idealerweise durch einen Sachverständigen, sichert eine faire und korrekte Bewertung – und kann für Eigentümer zu spürbaren Steuerentlastungen führen.

Quellen: „Planung und Ausführung nach GEG“; Gesetze im Internet (abgerufen am 8.10.25);