Sondervermögen Infrastruktur bringt neue Perspektiven für Investitionen

23.04.2025 | S.Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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Der Deutsche Bundestag hat am 18. März 2025 ein Sondervermögen für Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro beschlossen: In den kommenden zwölf Jahren soll dieses gezielt für die Modernisierung und den Ausbau der deutschen Infrastruktur eingesetzt werden. Besonders im Bereich der Verkehrsinfrastruktur bietet dieses Sondervermögen neue Chancen, um den Investitionsstau aufzulösen, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und die Klimaziele bis 2045 zu erreichen.

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Sondervermögen Infrastruktur: Umfang und Zweck
  2. Status Quo und Herausforderungen des Sondervermögens
  3. Was beinhaltet das Sondervermögen für Infrastruktur im Verkehrsbereich?
  4. Wie kann der Infrastrukturausbau gelingen?
  5. Digitalisierung und Innovation als Schlüssel
  6. Fazit und Ausblick

Sondervermögen Infrastruktur: Umfang und Struktur

Das Sondervermögen Infrastruktur wurde durch eine Grundgesetzänderung (Art. 143h GG) geschaffen und umfasst ein Gesamtvolumen von 500 Milliarden Euro über zwölf Jahre. Die Mittel sind zweckgebunden für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045.

Die Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur sollen explizit nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Die Aufteilung erfolgt in drei Teilen:

  • 100 Milliarden Euro fließen direkt an die Bundesländer, primär zur Mitfinanzierung von Wärme- und Energienetzen sowie kommunalen Verkehrsprojekten.
  • 100 Milliarden Euro werden in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) eingestellt, um klimabezogene Infrastrukturmaßnahmen zu fördern.
  • 300 Milliarden Euro verbleiben beim Bund für Bundesfernstraßen, Schienenwege und Bundeswasserstraßen.

Diese Struktur bedeutet eine jährliche Aufstockung der Bundesinvestitionen um durchschnittlich 25 Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung von 50 Prozent gegenüber dem bisherigen Volumen von rund 50 Milliarden Euro pro Jahr. Kritisch zu sehen ist das Zusätzlichkeitskriterium: Die Mittel dürfen nur eingesetzt werden, wenn die Investitionsquote im Bundeshaushalt 10 Prozent der Ausgaben (ohne Sondervermögen) übersteigt. Im Jahr 2024 lag diese Quote bei knapp über 10 Prozent, was die Einhaltung der Bedingung zunächst ermöglicht.

Für die Länder erweitert das Sondervermögen die Spielräume zusätzlich: Durch die Grundgesetzänderung dürfen sie sich nun mit 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP) verschulden, was ihre Investitionskapazitäten signifikant erhöht. Gleichzeitig sieht ein begleitender Entschließungsantrag die Einrichtung einer Expertenkommission vor, die bis Ende 2025 Vorschläge zur dauerhaften Modernisierung der Schuldenbremse unterbreiten soll.

Die Herausforderungen liegen jedoch in der effizienten Verausgabung: In den Vorjahren blieben regelmäßig Investitionsmittel ungenutzt, etwa aufgrund personeller Engpässe in Behörden oder langwieriger Planungsverfahren. Für die neue Mittelvergabe wird deshalb eine beschleunigte Projektumsetzung gefordert, unter anderem durch vereinfachte Vergabeverfahren und digitale Planungstools. Zudem müssen Länder und Kommunen ihre Kapazitäten schnell ausbauen, um die bereitgestellten Gelder abzurufen und gleichzeitig die gesetzten Klimaziele zu erreichen.

Status Quo und Herausforderungen des Sondervermögens

Die Ausgaben für die Verkehrsinfrastruktur betrugen im Bundeshaushalt 2024 rund 37,8 Milliarden Euro. Trotz dieser Mittel ist der Modernisierungsbedarf enorm: Das Straßennetz umfasst über 229.000 Kilometer, das Schienennetz knapp 40.000 Kilometer, und die Wasserstraßen etwa 7.700 Kilometer. Viele Brücken, Straßen und Schienen sind sanierungsbedürftig, Engpässe behindern den Verkehrsfluss und die Wettbewerbsfähigkeit.

Der Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) setzt klare Prioritäten: 69 Prozent der Mittel fließen in den Erhalt vor Aus- und Neubau. Engpässe auf über 2.000 Kilometern Autobahn und 800 Kilometern Schiene sollen abgebaut werden, was jährlich Millionen Stunden an Staus und Wartezeiten vermeidet.

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Was beinhaltet das Sondervermögen für Infrastruktur im Verkehrsbereich?

Das Sondervermögen Infrastruktur zielt im Verkehrsbereich auf umfassende Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen ab. Konkret sind folgende Bereiche vorgesehen:

Straßeninfrastruktur

Ein wesentlicher Teil der Investitionen wird in die Instandsetzung und den Ausbau des Straßennetzes fließen. Während derzeit etwa 6,03 Milliarden Euro für Investitionen der Autobahn GmbH des Bundes und 1,31 Milliarden Euro für den Erhalt von Bundesstraßen bereitgestellt werden, ermöglicht das Sondervermögen eine signifikante Ausweitung dieser Mittel. Besonders relevant ist hier die Sanierung von Fahrbahnen, für die unter anderem moderne Materialien wie Reparaturasphalt zum Einsatz kommen werden. Diese gebrauchsfertigen Asphaltgemische eignen sich ideal zum effektiven Verfüllen von Schlaglöchern und zur schnellen Behebung von Fahrbahnschäden.

Schieneninfrastruktur

Der Schienenverkehr profitiert bereits im Bundeshaushalt 2024 mit 12,08 Milliarden Euro am stärksten von der Etaterhöhung im Verkehrssektor. Das Sondervermögen wird diese Investitionen weiter verstärken, wodurch das teils marode Schienennetz umfassend modernisiert werden kann. Besonders die Erhaltung des Netzes (bisher 6,5 Milliarden Euro) und die Ausrüstung mit dem Europäischen Zugsicherungssystem ERTMS (bisher 1,33 Milliarden Euro) werden von diesen zusätzlichen Mitteln profitieren.

Brücken und Wasserwege

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Sanierung und dem Neubau von Brücken sowie der Modernisierung der Wasserwege. Diese oft vernachlässigten Infrastrukturbereiche sind für ein funktionierendes Gesamtverkehrssystem unverzichtbar und sollen durch die zusätzlichen Mittel aus dem Sondervermögen nachhaltig gestärkt werden.

Wie kann der Infrastrukturausbau gelingen?

Die Bundesvereinigung der Straßenbau und Verkehrsingenieure (BSVI) sieht angesichts wachsender Mobilitätsbedarfe und eines zunehmenden Investitionsstaus dringenden Handlungsbedarf in fünf zentralen Feldern:

1. Finanzierung:

Die BSVI fordert eine stabile, langfristige und zweckgebundene Finanzierung über alle Projektphasen hinweg. Finanzmittel sollten frei von haushaltspolitischer Einflussnahme und über mehrjährige Infrastrukturprogramme oder einen eigenständigen Infrastrukturfonds planbar sein. Eine transparente Gesamtkostenkalkulation und eine Anhebung der Bundespauschale für Planungsleistungen sind zentrale Forderungen.

2. Planungsbeschleunigung:

Komplexe Genehmigungsprozesse sind ein Haupthemmnis. Die BSVI schlägt vor, Prüffristen zu begrenzen, Präklusionsregelungen wieder einzuführen und das Verbandsklagerecht einzuschränken. Gesetzliche Fristen und eine gesicherte Projektfinanzierung ab der Planungsphase sollen die Planungssicherheit erhöhen.

3. Vergabewesen:

Das Vergabeverfahren soll flexibler werden: Alternative Modelle wie funktionale Ausschreibungen oder Allianzverträge, mehr Gewicht für Qualität, Innovation und Nachhaltigkeit sowie ein Pool präqualifizierter Büros und Rahmenverträge sollen Bürokratie abbauen und Ressourcen effizienter nutzen.

4. Digitalisierung:

Die BSVI fordert die konsequente Einführung digitaler Schnittstellen und den flächendeckenden Einsatz von Building Information Modeling (BIM). Digitale Werkzeuge und KI sollen Planung, Ausschreibung und Umsetzung beschleunigen und transparenter machen.

5. Fachkräftesicherung:

Der Fachkräftemangel im Verkehrs- und Straßenbau verschärft sich. Die BSVI fordert gezielte Nachwuchsförderung, mehr technische Bildung in Schulen, duale Studiengänge und Imagekampagnen. Die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte soll durch vereinfachte Anerkennungsverfahren erleichtert werden.

Digitalisierung und Innovation als Schlüssel

Die Digitalisierung der Verkehrsinfrastruktur ist ein zentrales Ziel der Bundesregierung. Mit der Einführung von BIM Deutschland und der Förderung digitaler Schnittstellen werden Planung, Bau und Betrieb effizienter und transparenter gestaltet. Infrastrukturprojekte wie die Digitale Schiene Deutschland zeigen, wie durch den Einsatz moderner Technologien (z.B. ETCS, digitale Stellwerke) Kapazitäten erhöht, Engpässe beseitigt und die Zuverlässigkeit des Schienenverkehrs gesteigert werden können.

Auch im Straßenbau gewinnen innovative Materialien wie Reparaturasphalt an Bedeutung. Sie ermöglichen eine schnelle, kosteneffiziente und langlebige Sanierung von Fahrbahnschäden und sind damit ein wichtiger Baustein für den nachhaltigen Erhalt der Verkehrsinfrastruktur.

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Fazit und Ausblick

Das Sondervermögen Infrastruktur stellt eine große Chance für den Ausbau und die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland dar. Die Umsetzung der BSVI-Vorschläge – von stabiler Finanzierung über beschleunigte Planung und flexible Vergabe bis zur Digitalisierung und Fachkräftesicherung – ist entscheidend, damit die zusätzlichen Mittel ihre Wirkung entfalten.

Für Bauunternehmen, Architektur- und Ingenieurbüros sowie kommunale Verwaltungen gilt es, sich frühzeitig auf die neuen Anforderungen einzustellen, Kapazitäten auszubauen und digitale Kompetenzen zu stärken. Nur so kann die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland zukunftsfähig, leistungsstark und klimafreundlich gestaltet werden – im Interesse von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt.

Quellen: Bundesvereinigung der Straßenbau und Verkehrsingenieure (BSVI); Tagesschau.de; DIHK; Verkehrsrundschau; KPMG Law;