Urlaub während Krankschreibung: Was gilt laut Arbeitsrecht?
14.05.2025 | T. Reddel – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

Inhaltsverzeichnis
- Können Arbeitnehmende während einer Krankschreibung Urlaub machen?
- Können Beschäftigte trotz Krankengeld in den Urlaub fahren?
- Trotz Krankschreibung Urlaub im Ausland
- Nahtloser Übergang Krankheit Urlaub
- Kündigung wegen Urlaub während Krankschreibung
- Urlaub trotz Krankschreibung im Beamtenstatus
- Fazit
Hinweis: In diesem Beitrag wird das Wort „Urlaub“ umgangssprachlich für eine Reise im Rahmen einer Krankschreibung verwendet. Denn während einer offiziellen Arbeitsunfähigkeit dürfen Beschäftigte in Deutschland keinen Erholungsurlaub nehmen. Stattdessen werden die betroffenen Urlaubstage aufbewahrt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder gewährt.
Können Arbeitnehmende während einer Krankschreibung Urlaub machen?
Ja, während einer Krankschreibung dürfen Angestellte in den Urlaub fahren, sofern dieser ihrer Genesung dient. Beschäftigten müssen ihr Unternehmen nicht informieren, wenn sie während ihres Urlaubs den Wohnort verlassen. Zudem dürfen Arbeitgebende nicht ohne Weiteres verbieten, dass ihre Beschäftigten verreisen. Sie dürfen jedoch von ihren Mitarbeitenden verlangen, dass sie während der Krankschreibung alles unterlassen, was die Genesung verzögern könnte. So ist beispielsweise während einer Grippe ein Erholungsurlaub im Wellnesshotel förderlicher zu werten als ein Wanderurlaub in den Bergen.
→ Entscheidend ist, dass während des Urlaubs der Erholungszweck im Vordergrund steht oder dieser zumindest nicht beeinträchtigt wird. Andernfalls kann das Unternehmen die betroffenen Beschäftigten abmahnen oder sogar kündigen.
Umgekehrt gilt: Erkranken Angestellte, wenn der Urlaub bereits begonnen hat, werden die Krankheitstage nach § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Die betroffenen Urlaubstage gehen also nicht verloren und können später nachgeholt werden. Hierfür müssen die Beschäftigten eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Denn Arbeitsunfähigkeit und Urlaub schließen in der Regel einander aus: Wer krankgeschrieben ist, ist arbeitsunfähig und kann keinen Urlaub antreten oder nehmen, da ein Erholungsurlaub der Regeneration gesunder Beschäftigter von der Arbeit dient (und nicht der Erholung von einer Krankheit).
Urlaub während Krankschreibung bei Depression, Burnout und Co.
Gerade bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder bei Burnout kann ein Urlaub und der damit verbundene Ortswechsel die Genesung fördern. Hier ist es besonders wichtig, die geplante Reise mit der behandelnden Arztpraxis abzusprechen. Wenn diese bescheinigt, dass der Urlaub die Heilung nicht gefährdet – oder sogar unterstützt –, ist der Urlaub während der Krankschreibung in der Regel erlaubt.
→ Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten Arbeitgebende im Zweifel eine ärztliche Bestätigung verlangen.
Was aber, wenn die Betroffenen bereits länger als sechs Wochen krankgeschrieben sind und Krankengeld beziehen? Dürfen sie auch dann in den Urlaub fahren?
Können Beschäftigte trotz Krankengeld in den Urlaub fahren?
Ja, wer Krankengeld bezieht, darf währenddessen in den Urlaub fahren und erhält weiter die Zahlungen. Dies gilt auch, wenn der Urlaub im Ausland stattfindet, solange die Betroffenen in der EU bleiben. Das bestätigte unter anderem das Bundessozialgericht in Kassel in einem Urteil vom 4. Juni 2019 (Az.: B 3 KR 23/18 R). Demnach darf die Krankenkasse einen Auslandsaufenthalt in der EU nicht verweigern oder die Zahlungen einstellen, weil sie Auswirkungen auf den Gesundheitszustand vermutet. Allerdings müssen die Angestellten vor Reiseantritt eine Genehmigung bei ihrer Krankenkasse einholen.
Findet der Urlaub außerhalb der EU statt, kann die Krankenkasse das Krankengeld pausieren. Denn in diesem Fall gilt die zugrundeliegende Regelung des Geldleistungsexports nicht.
Trotz Krankschreibung Urlaub im Ausland
Grundsätzlich ist ein Auslandsaufenthalt auch während einer Krankschreibung erlaubt. Allerdings gilt hier ebenso: Nur wenn die Reise der Genesung nicht entgegensteht und (bei Krankengeldbezug) von der Krankenkasse genehmigt wurde, ist ein Auslandsaufenthalt zulässig. Zudem kann es hilfreich sein, sich die medizinische Unbedenklichkeit der Reise vorab ärztlich bescheinigen zu lassen.
Hinweis: Bei einer Erkrankung während des Auslandsurlaubs, sind die Beschäftigten auch dort verpflichtet, eine gültige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Bei Aufenthalten im EU-Ausland muss die Bescheinigung nach dem dort geltenden Recht ausgestellt und dem Arbeitgeber übersandt werden. Außerhalb der EU kann das unter Umständen komplizierter werden.
→ Tipp für Arbeitgebende: Klare Kommunikationswege und ein betriebliches Fehlzeitenmanagement helfen, Missverständnisse zu umgehen und Streit beim Thema Urlaub und Arbeitszeit zu vermeiden.
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Nahtloser Übergang Krankheit Urlaub
Endet eine Krankschreibung genau zu Beginn des geplanten Urlaubs, hat dies in der Regel zunächst keine weiteren Konsequenzen. Es muss auch kein obligatorischer Tag zwischen dem Ende der Arbeitsunfähigkeit und dem Urlaub liegen. Denn private Unternehmen können die Angaben einer Krankschreibung grundsätzlich nicht überprüfen. Anders sieht es bei Beschäftigten im öffentlichen Dienst aus: Hier dürfen die Arbeitgebenden – je nach Tarifvertrag – bei begründeter Veranlassung eine gesonderte Untersuchung durch eine Amtsärztin, einen Amtsarzt oder das Gesundheitsamt verlangen, um Fragen zur Arbeitsunfähigkeit zu klären.
Sind die Angestellten auffällig häufig oder auffällig nur für kurze Zeit arbeitsunfähig, kann die Krankenkasse gemäß § 275 Absatz 1a SGB V eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes veranlassen. Dies ist auch möglich, wenn der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf den ersten oder letzten Arbeitstag der Woche fällt.
Zusätzlich sollten Arbeitgebende darauf achten, dass der Urlaub im Anschluss an die Krankschreibung ordnungsgemäß beantragt und genehmigt wurde. Auch hier hilft ein transparentes Genehmigungsverfahren.
Kündigung wegen Urlaub während Krankschreibung
Eine Kündigung allein wegen eines Urlaubs während einer Krankschreibung ist in den seltensten Fällen zulässig. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist möglich, wenn weitere Umstände wie die folgenden vorliegen:
- Das Unternehmen kann nachweisen, dass der Urlaub die Genesung verhindert hat (zum Beispiel Partyurlaub mit Grippe, Kreuzfahrt mit Bandscheibenvorfall).
- Es gibt Belege, dass die Krankheit nur vorgetäuscht war.
- Die beschäftigte Person verstößt gegen Mitteilungspflichten (zum Beispiel informiert sie nicht über ihren Auslandsaufenthalt, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet ist).
Praxisbeispiel: Im Jahr 2006 bekam ein Unternehmen Recht, das einen Angestellten wegen seines Urlaubs während der Krankschreibung gekündigt hatte. Dieser war aufgrund einer Hirnhautentzündung krankgeschrieben, unternahm jedoch in dieser Zeit einen Skiurlaub (BAG-Urteil vom 2. März 2006, Az.: 2 AZR 53/05).
→ Wichtig ist, dass die Arbeitgebenden die Verhältnismäßigkeit wahren. Eine Kündigung muss das mildeste Mittel sein. Tritt dieses Verhalten erstmals auf oder ist nicht eindeutig pflichtwidrig oder nachweisbar, sollte zuerst eine Abmahnung erfolgen.
Urlaub trotz Krankschreibung im Beamtenstatus
Bei Beamtinnen und Beamten in Deutschland gelten ähnliche Grundsätze wie für andere Angestellte. Je nach Dienstherr sind entweder das einschlägige Beamtengesetz, Verwaltungsvorschriften oder Dienstanweisungen zu beachten.
Verlassen die Verbeamteten während ihrer Krankschreibung den Wohnort, müssen sie in der Regel den Dienstherrn über ihren Aufenthaltsort informieren. Gibt es keine offizielle Regelung zum Urlaub während einer Krankschreibung, können die Betroffenen auch ohne eine Mitteilung verreisen. Allerdings kann ihnen im Nachgang eine Dienstpflichtverletzung vorgeworfen werden.
Fazit: Urlaub während Krankschreibung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich
Ein „Urlaub“ im Sinne einer Reise während einer Krankschreibung ist im deutschen Arbeitsrecht nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Entscheidend ist, dass der geplante Urlaub nicht der Genesung schadet und – insbesondere bei Krankengeldbezug – mit der Krankenkasse abgestimmt wurde. Unternehmen haben ein berechtigtes Interesse an einer klaren Trennung von Urlaub und Krankheit. Ebenso haben die Beschäftigten ein Recht darauf, ihre Urlaubstage nicht zu verlieren, wenn sie krank werden.
→ Für beide Seiten gilt: Klare Kommunikation, Transparenz und die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen Sicherheit und Vertrauen.
→ Außerdem ist jeder Fall individuell zu betrachten. Im Zweifel sollte das Unternehmen die behandelnde Arztpraxis und – bei längerer Krankheit – die Krankenkasse hinzuziehen.
Quellen: „Themenbrief Arbeitsrecht“ (Ausgabe 03/2024), verbraucherzentrale.de, beamtenwelt.de