Flachdachentwässerung: Gesetzliche Grundlagen
In den Normen DIN 1986-100:2016-12 "Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056" und DIN EN 12056-3:2001-01 "Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden – Teil 3: Dachentwässerung, Planung und Bemessung" werden die Planung sowie die Ausführung von Flachdachentwässerung geregelt. Die Normen fordern bei Neubauten und Sanierungen von Dächern neben einer Hauptentwässerung auch eine ausreichend dimensionierte Notentwässerung.
Maßgeblich gestützt werden die Forderungen von den Musterbauordnungen, deren Ziel es u. a. ist, Leib und Leben zu schützen, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten sowie Qualitätsstandards zu setzen. Zur Erfüllung des Gesetzes sind dabei nach § 4 Abs. 2 VOB/B die "anerkannten Regeln der Technik und die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu beachten".
DIN 1986-100: Notentwässerung von Flachdächern
Wer bei Flachdächern an der Notentwässerung gemäß DIN 1986-100 spart, muss sich auf einen wirtschaftlichen Schadensfall einstellen, der bei extremen Regenereignissen fatal werden kann. Denn bei unzureichender oder fehlender Entwässerung und Notentwässerung ist die Rechtslage eindeutig: Das OLG Karlsruhe hat am 20. September 2011 geurteilt, dass eine Anstauung von Wassermassen auf Flachdächern, Terrassen oder Balkonen aufgrund mangelnder Entwässerung nicht von der Elementarversicherung umfasst wird. Das heißt: Planer und Auszuführende übernehmen für die fachgerechte Umsetzung die Verantwortung.
Konkret schreiben die Normen DIN 1986-100 und DIN EN 12056-3 folgende Anforderungen vor:
- Der Einbau von Notabläufen ist neben einer Hauptentwässerung verbindlich. Bei Neubauten ist die Installation ein Muss. Im Bestand stellt die energetische Sanierung des Flachdachs eine Gelegenheit dar, die Entwässerung mit zu sanieren.
- Das Notentwässerungssystem muss so geplant werden, dass es mindestens die Differenz zwischen der Jahrhundert- und der Berechnungsregenspende sicher entwässert.
- Die Notentwässerung muss frei auf schadlos überflutbare Flächen entwässern, ohne die Kanalisation zusätzlich zu belasten.
- Die Notentwässerung läuft an, wenn die Hauptentwässerung überlastet und die für die Notentwässerung definierte Anstauhöhe erreicht ist.
- Bei besonders schützenswerten Gebäuden wie Krankenhäusern, Schulen etc. schreibt DIN 1986-100 sogar vor, dass die Notentwässerung in der Lage sein muss, den Jahrhundertregen alleine abzuführen.
Es stellt sich also weniger die Frage, ob eine Notentwässerung eingebaut werden soll, sondern wie. Drei Systeme haben sich in der Praxis bewährt.
Drei Systeme für die Flachdachentwässerung
Ob das Regenwasser frei über die Fassade oder über zusätzliche Leitungssysteme abgeleitet wird, entscheidet sich anhand der Konstruktion des Gebäudes und seiner Platzierung auf dem Grundstück. Keinesfalls darf die Notentwässerung an die Rohre der Hauptentwässerung angeschlossen werden.
- Entwässerung durch die Attika: Das ist die einfachste Variante der Flachdachentwässerung. Das System empfiehlt sich bei kleineren Dachflächen. In der Regel reichen kleinere Wasserspeier, die den Stauregen frei durch die Attika entwässern.
- Verrohrte Entwässerung durch die Attika: Empfohlen für etwas größere Dachflächen, wenn eine gezielte Ableitung der Regenspende gewünscht wird. Bei diesem System wird das Flachdach durch einen Gully und angeschlossene Fallrohre entwässert.
- Innen liegendes, verrohrtes Notentwässerungssystem: Sind die Wassermengen so hoch, dass eine Entwässerung durch die Attika nicht praktikabel ist, bietet sich für die Flachdachentwässerung ein verrohrtes System an. Dieses System eignet sich für weitläufige Industriedächer mit ausgeprägter Tiefpunktentwässerung, die in der Regel gleich als Druckströmungssystem ausgelegt werden. Hier übernehmen leistungsstarke Druckströmungsgullys mit Anstauelementen die Notentwässerung.
Berechnungsgrundlage Notentwässerung von Flachdächern
Für die Bemessung einer Dachentwässerung ist die Berechnungsregenspende r(5,5) entscheidend. Das ist ein Fünfminutenereignis, das einmal in fünf Jahren am Gebäudestandort zu erwarten ist (Berechnungsregen). Zudem ist die Bemessungsregenspende r(5,100) relevant. Damit wird ein fünfminütiges Extremereignis definiert, das statistisch ca. 1.000 l/(s x ha) am Gebäudestandort bringen kann (Jahrhundertregen).
Für die Dimensionierung des Notüberlaufs muss gemäß DIN EN 12056-3 die Differenz zwischen dem Berechnungsregen und dem Jahrhundertregen gebildet werden. Für besonders schützenswerte Gebäude allerdings ist die Bemessungsregenspende r(5,100) ohne Abzug zu verwenden.
Bei der Berechnung muss berücksichtigt werden, dass diese Regenereignisse regional sehr unterschiedlich ausfallen können. Basisdaten zu den zu erwartenden Regenmengen liefert der Anhang zur DIN 1986-100 und der KOSTRA-DWD 2010.
Weitere Themen zur Entwässerung sowie Trocknung von Gebäuden finden Bauherren und Architekten in der Juni/Juli-Ausgabe der Fachzeitschrift "der bauschaden". Diese Fachzeitschrift bietet interessante Beiträge zur technischen und rechtlichen Beurteilung, wirtschaftlichen Sanierung und dauerhaften Vermeidung von Bauschäden.
Quelle: "der bauschaden", Ausgabe Juni/Juli 2017