Inhaltsverzeichnis
- Hydraulischer Abgleich: Definition und Ziel
- Hydraulischer Abgleich: Verfahren B eignet sich für alle Anlagengrößen
- Vor dem hydraulischen Abgleich: das gilt es zu beachten
- Automatisch hydraulisch abgleichen? – voreinstellbare Thermostatventile
- Vorschriften und Richtlinien des hydraulischen Abgleichs
- Hydraulischer Abgleich ist Pflicht, um eine staatliche Förderung zu bekommen
- Nachweisformulare
- Fazit: Alternative Heizungsoptimierung
Hydraulischer Abgleich: Definition und Ziel
Der hydraulische Abgleich bewirkt, dass die Wärme über das Heizungssystem gleichmäßig im Haus verteilt wird. Ohne diesen Abgleich sucht sich das Heizungswasser auf seinem Weg von der Heizungsanlage in die einzelnen Zimmer des Gebäudes immer den Weg mit dem niedrigsten Widerstand. Das führt dazu, dass pumpennahe Heizkörper aufgrund des geringen Druckverlustes in der Rohleitung besser durchströmt werden, als pumpenferne Heizkörper und somit beide unterschiedlich warm werden.
Die Folge: Manche Räume werden überhitzt, während es in anderen Räumen kühl bleibt. Dies führt zu einem unnötig erhöhten Wärmeverlust. Das Ziel des hydraulischen Abgleichs ist es, den Energieverbrauch zu reduzieren, während der Komfort beibehalten wird.
→ Wichtig: Hydraulisch abgeglichen wird grundsätzlich bei Flächenheizungen, da es um konstante Raumtemperatur geht.
Hydraulischer Abgleich A und Hydraulischer Abgleich B
Im Gegensatz zum „einfachen“ Schätzverfahren des hydraulischen Abgleichs A, gilt seit Anfang 2023 laut GEG nur noch das Verfahren B für Förderanträge. Entsprechend muss die genaue Heizlast einzelner Räume berechnet werden.
Hydraulischer Abgleich: Verfahren B eignet sich für alle Anlagengrößen
Durch das Hydraulischer Abgleich Verfahren B wird die raumweiser Heizlast berechnet. Dieses Nachweisverfahren eignet sich für alle Anlagengrößen und wird in der Regel mithilfe einer Software durchgeführt. Wollen Endkunden eine KfW-Förderung in Anspruch nehmen bzw. eine Sanierung zum KfW-Effizienzhaus durchführen, muss der Fachbetrieb immer das Verfahren B anwenden, das eine vorherige Heizlastberechnung impliziert. Handelt es sich um eine energetische Sanierung im Bestand, kann ein Zuschuss über das Programm der KfW-461 beantragt werden. Zusätzlich ist es nach derzeitgem Stand möglich, das Verfahren B mit einer BAFA-Förderung zu unterstützen. Als dritte Möglichkeit besteht bei der Umsetzung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) eine Zusatzförderung von 5 Prozent.
Beide Verfahren des hydraulischen Abgleichs werden detailliert im Handbuch „GEG Baupraxis“ behandelt. Tiefergreifendes Gebäude Energie Gesetz (GEG) erhalten Fachbetriebe mit dem Handbuch „Planung und Ausführung nach GEG“.
Beim Verfahren B ist eine Planungsleistung vorausgesetzt
Der hydraulische Abgleich Verfahren B setzt immer eine Planungsleistung voraus, die der Fachbetrieb vorab durchzuführen hat. Dadurch wird ein wesentlich höherer energetischer Standard erreicht. Zu beachten ist, dass der Auftraggeber diese Leistung separat beauftragen muss. Im Sinne der Sanierung zum KfW-Effizienzhaus ist dabei zwingend die DIN EN 12831 einschließlich der relevanten Beiblätter anzuwenden.
Vor der Berechnung des hydraulischen Abgleichs nach dem Verfahren B ist eine Begehung der Räumlichkeiten notwendig. Bei dieser Begehung wird u. a. ermittelt, ob Absperrventile vorhanden sind und diese auch funktionstüchtig sind.
Voreinstellung der Thermostatventile
Für den hydraulischen Abgleich nach Verfahren B nimmt der Fachbetrieb eine Voreinstellung der Thermostatventile der einzelnen Heizkörper vor. Der Volumenstrom der einzelnen Heizkörper wird anteilig aus der zu deckenden Raumheizlast und der ermittelten Spreizung berechnet.
Rohrnetzberechnung
Für den hydraulischen Abgleich im Bestand ist es notwendig, eine Rohrnetzberechnung durchzuführen. Anhand dieser werden die Druckverluste von Ventilen und Pumpen ermittelt. Auch bei einer Neuverlegung ist diese Berechnung nicht unerheblich, um die Dimension der Rohre festzulegen.
Druckverlustberechnung
Wenn ein Rohrnetz besteht, dieses funktionstüchtig ist und Thermostatventile mit automatischer Durchflussbegrenzung verbaut sind, kann auf eine Druckverlustberechnung verzichtet werden.
Außerdem sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Heizflächenoptimierung
Die Heizflächendurchflüsse werden in Abhängigkeit von den geplanten Vor- und Rücklauftemperaturen und der Heizflächengröße berechnet. Zu kleine Heizflächen sowie überdimensionierte Heizkörper sind zu vermeiden
Nachtabsenkung
Der Fachbetrieb hat mit dem Auftraggeber abzusprechen, ob eine Nachtabsenkung generell gewünscht ist. Wenn ja, sollte eine Absenkzeit > 6 Stunden vermieden werden. Zur Festlegung der Absenkzeiten und der Temperatur ist die Gebäudehülle miteinzubeziehen.
Bei der angepassten außentemperaturgeführten Vorlauftemperaturregelung sind die ermittelten Temperaturen aus der Berechnung zur Heizflächenoptimierung in die Regelung zu übernehmen. Steilheit und Parallelverschiebung werden nach der Art der Heizflächen eingegeben.
Heizkreispumpe
Im Idealfall hat der Fachbetrieb mit dem Auftraggeber eine Rohrnetzberechnung vereinbart. Dann sind die dabei ermittelten Werte zu verwenden. Ist das nicht geschehen, ist für die Regelung der Pumpe die Förderhöhe anhand der einfachen Rohrlänge und den dazugehörigen Komponenten zu schätzen. Die geeignete Heizkreispumpe kann dann mithilfe des abgeschätzten Volumenstroms sowie von Herstellerdiagrammen ausgewählt werden.
Beim Einbau eines neuen Wärmeerzeugers mit integrierter Pumpe, ist die Pumpe an die Restförderhöhe anzupassen. Handelt es sich um einen Wärmeerzeuger im Bestandsgebäude ist ein Mindestvolumenstrom zu beachten.
Dämmung von Rohrleitungen
Die Dämmung der Rohrleitungen ist im Rahmen des hydraulischen Abgleichs Verfahren B dahingehend zu prüfen, ob diese den Anforderungen des GEG entsprechen. Trifft das nicht zu, sollte der Fachbetrieb eine Dämmung mit höheren Dämmstärken einbauen.
Vor dem hydraulischen Abgleich: Das ist zu beachten
Bevor der Heizungsfachmann mit dem hydraulischen Abgleich beginnt, sollte er folgende Aspekte beachten:
- Austausch von Ventilen – Sind die Ventile veraltet und sollten ausgetauscht werden?
- Alte Rohrleitungen – Sind diese augenscheinlich noch in einem guten Zustand? Wenn nicht, sollte der Fachbetrieb diese austauschen, um die anderen Komponenten der Heizung zu schützen.
- Einrohrheizung – Bei Einrohrheizungen kann der hydraulische Abgleich nur strang- bzw. kreisweise erfolgen und nur nach dem Verfahren B. Ist eine Einregulierung notwendig, sollte generell geprüft werden, ob das wirtschaftlich ist, denn sie ist mit einem hohen Aufwand verbunden.
- Thermostatventile mit nachgerüsteter Hubbegrenzung – Es ist nicht zu empfehlen, nachträglich eine Hubbegrenzung an die bestehenden Thermostatventile anzubringen, dies kann zur Abweichung in der Regelqualität führen.
- Rücklaufverschraubungen – Es ist nicht zu empfehlen, Zweirohrheizungen an geeignete Rücklaufverschraubungen einzuregulieren.
Automatisch hydraulische abgleichen? – voreinstellbare Thermostatventile
Um dieses dynamische Verhalten zu optimieren und die Wirtschaftlichkeit von Anlagen zu garantieren, werden voreinstellbare Thermostatventile eingesetzt. Hierbei ist es besonders wichtig, dass diese Ventile exakt eingestellt werden. Dann sorgen sie quasi automatisch für einen korrekten hydraulischen Abgleich, indem sie auf steigende und fallende Raumtemperaturen reagieren und den Heizwassermassenstrom erhöhen oder reduzieren.
Zudem empfiehlt sich der Einsatz von voreinstellbaren Thermostatventilen bei geringen Heizwassermassenströmen. Sinnvoll ist die Anwendung hauptsächlich
- in hochgespreizten Anlagen
- bei reduziertem Wärmebedarf
- in Anlagen mit Blockheizkraftwerken und
- bei einer Wärmeversorgung durch Brennwertkessel.
Den Aufbau und die Wirkweise dieser Thermostatventile mit integrierter Vorregelung oder andere „selbständig“ wirkende Abgleicharmaturen wird durch die im Mai 2019 überarbeitete Richtlinie VDI 2073 Blatt 2 geregelt.
Darüber hinaus ist das Kernanliegen der VDI 2073-2, den hydraulischen Abgleich sowohl für Verteilsysteme zur Wärme als auch Kälteversorgung nachweisen zu können. Dazu sollen rechnerisch die Regulierwiderstände ermittelt und eine optimale Verteilung der Wasserströme gewährleistet werden.
Strangregulierventile
Strangregulierventile werden eingesetzt, um an jedem einzelnen Regelventil den Primär- und Sekundärdurchfluss so zu regulieren, dass die Energiemengen übereinstimmen.
Für den hydraulischen Abgleich des Verteilsystems stehen zwei Abgleichstrategien zur Verfügung: der statische und der dynamische Abgleich. Beim statischen Abgleich werden Strangregulierventile durch Drehen des Handrades auf berechnete oder durch Messung ermittelte Position eingestellt. Der dynamische Abgleich wird hingegen mit Differenzdruckreglern als automatisch arbeitende Strangregulierventile erzielt.
Parallel zu den Differenzdruckreglern werden Absperrventile eingebaut. Diese ermöglichen das Absperren und Entleeren des Stranges sowie den Anschluss der Regler-Impulsleitung ohne zusätzliche Teile.
Vorschriften und Richtlinien des hydraulischen Abgleichs
Generell setzt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) für energieeffiziente Gebäude voraus, dass das Heizungsnetz „hydraulisch abgeglichen“ sein muss. Aber auch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil C (VOB/C) schriebt einen hydraulischen Abgleich bei Inbetriebnahme von Heizanlagen und zentralen Wassererwärmungsanlagen anhand der ATV DIN 18380 vor.
Gleiches gilt für die Installation und Abnahme der Warmwasser-Heizungsanlagen – laut DIN EN 14336 besteht eine Pflicht zur Ausführung eines hydraulischen Abgleiches.
Hydraulischer Abgleich ist Pflicht, um KfW-Förderung zu erhalten
Seit dem 1. Januar 2007 wird der Austausch von Heizungsanlagen nur noch mit KfW-Mitteln gefördert, wenn ein hydraulischer Abgleich der Anlage erfolgt ist und nachgewiesen werden kann.
Aber auch der hydraulische Abgleich selbst kann gefördert werden, als Heizungsoptimierung über die „Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM)“. Dabei werden die Kosten für den hydraulischen Abgleich mit einem Zuschuss von bis zu 15 Prozent unterstützt. Grundvoraussetzung dafür ist aber, dass die Heizungsanlage mindestens zwei Jahre alt sein muss (vgl. BMWK - Kostet wenig, bringt viel: der hydraulische Abgleich).
→ Gefördert wird aber nur dann, wenn der Förderantrag vor dem Auftrag, bzw. dem Vertragsschluss für den Hydraulischen Abgleich eingereicht wurde.
→ Vor Förderantragstellung müssen sich Interessierte beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) registrieren.
Wer kann eine staatliche Unterstützung erhalten?
Grundsätzlich können alle rechtlichen Personen eine Förderung beantragen, dementsprechend auch Unternehmen, Stiftungen Vereine etc. Aber: Förderfähig sind nur Heizungsanlagen für Gebäude mit nur bis zu fünf Wohneinheiten oder 1.000 Quadratmeter beheizter Fläche (vgl. BMWK - Mit bis zu 15 Prozent Zuschuss: Strom- und Heizkosten sparen!).
Konkret ist die Förderhöhe von 15 Prozent aller energetischen Optimierungsmaßnahmen (Hydraulischer Abgleich, Absenkung der Rücklauftemperatur, Erneuerung der Wärmepumpe, Rohrdämmung etc.) auf förderfähige Bruttokosten von maximal 60.000 Euro pro Wohneinheit oder insgesamt 600.000 Euro pro Wohngebäude begrenzt. Handelt es sich um beheizte Nichtwohngebäude können maximal 1.000 Euro pro Quadratmeter bis maximal 5 Mio. Euro pro Gebäude gefördert werden.
Nachweisformulare
Ein hydraulischer Abgleich für meist durch einen Fachhandwerker oder Sachverständigen durchgeführt. Zur Erleichterung der Prüfung und deren Dokumentation haben der Wirtschaftsvereinigung Gebäude und Energie e.V. in Zusammenarbeit mit KfW und BAFA Nachweisformulare zur Durchführung eines hydraulischen Abgleichs erarbeitet (hier geht’s zu den entsprechenden Formularen).
Fazit: Alternative Heizungsoptimierung
Anzeichen für einen benötigten hydraulischen Abgleich ist, dass trotz einwandfreiem Funktionieren des Heizungskessels und der Förderpumpe bestimmte Heizkörper sich nicht richtig erhitzen. Auch heutzutage ist es bei einer derartigen Symptomatik noch gängige Praxis, größere Pumpen einzubauen, Heizkörper zu tauschen oder die Vorlauftemperatur der Kesselanlage zu erhöhen. Das alles führt zwar oft zur Beseitigung des Problems, ist aber deutlich teurer als ein hydraulischer Abgleich.
Gleichzeitig erhöhen sich durch derartige Maßnahmen der Energiebedarf für Kessel, Pumpe und Heizungsanlage. Gleichzeitig bedeuten größere Pumpen und höhere Vorlauftemperaturen, dass eine höhere Strömungsgeschwindigkeit und Wasserdruck innerhalb der Leitungen herrscht. Das begünstig die Bildung von Dampfblasen und je nach eingesetztem Material auch die Magnetitschlammbildung. In der Folge treten häufig Verschleißerscheinungen an Pumpen, Stellgliedern und Ventilen auf.
Quelle: "Hydraulischer Abgleich", „GEG im Bestand“, „GEG Baupraxis“ BMWK, VdZ