Inhaltsverzeichnis
- Neue gesetzliche Grundlage für Radon: Strahlenschutzverordnung
- Was ist Radon und wie gelangt es in Gebäude?
- Wie gesundheitsschädlich ist Radon?
- Radonschutz durch bauliche Maßnahmen optimieren
Neue gesetzliche Grundlage für Radon: Strahlenschutzverordnung
Am 31.12.2018 ist die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) in Kraft getreten. Zusammen mit dem Strahlenschutzgesetz (StrlSchG), das seit dem 27.06.2017 anzuwenden ist, bildet sie auf Bundesebene die gesetzliche Grundlage für Radon. Damit werden erstmals klare Maßnahmen zur Radonminderung eingeführt und ein Referenzwert genannt.
Die neuen Regelungen betreffen sowohl Aufenthaltsräume als auch Arbeitsplätze. Entgegen der üblichen Praxis wird für Arbeitsplätze ein höheres Schutzniveau definiert als für private Aufenthaltsräume. Außerdem hat der deutsche Gesetzgeber einen Referenzwert definiert, der als Maßstab dafür dienen soll, ob Schutzmaßnahmen angemessen sind oder nicht: Demnach darf die für das gesamte Jahr gemittelte Radonkonzentration in der Luft einen Referenzwert von 300 Becquerel/m3 (Bq/m3) nicht übersteigen.
Hinweis: Referenzwert ist nicht gleich Grenzwert. Um Verwirrungen entgegenzuwirken, ist in § 5 Abs. 29 StrlSchG eine Definition zum „Referenzwert“ enthalten: „(...) ein festgelegter Wert, der als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Maßnahmen dient. Ein Referenzwert ist kein Grenzwert.“
Gesetzlicher Mindeststandard reicht nicht aus
Doch dieses gesetzlich geforderte Schutzniveau reicht nicht aus, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Denn laut Europäischer Union (EU) ist ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko bereits ab einer Radonkonzentration von 100 Bq/m3 epidemiologisch nachweisbar. Diesen Wert schlagen auch die WHO und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als gesundheitliches Beurteilungskriterium zur Reduzierung des Lungenkrebsrisikos durch Radon vor.
Ob sich hierdurch Haftungsrisiken für Planer und Ausführende am Bau ergeben, werden wohl erst künftige Gerichtsurteile zeigen müssen.
Was ist Radon und wie gelangt es in Gebäude?
Radon (Rn-222) ist ein natürliches radioaktives Edelgas, das sich in der Erdkruste bildet und aus der Erde strömt. Es entsteht durch den Zerfall von Radium (Ra-226) aus der Uran-Radium-Reihe (U-238) im geologischen Untergrund, entweicht aus Gesteinen aus dem Boden, verbreitet sich über die Bodenluft und kann sich als unsichtbares, geruchs- und geschmacksloses Gas in der Atemluft in Gebäuden anreichern.
Radon strömt z. B. durch Risse ins Gebäudeinnere
An der Außenluft verteilt sich Radon schnell, in geschlossenen Räumen jedoch verdichtet sich das Gas, was zu einer erhöhten Radonkonzentration führt.
Wesentlich für eine erhöhte Radonkonzentration in Innenräumen sind folgende Faktoren:
- Radonkonzentration in der Bodenluft des Baugrunds
- Bauweise und baulicher Zustand des Gebäudes
- Luftwechsel und Druckdifferenzen im Gebäude
Wo kommt Radon vor?
Neben sog. Radongebieten wie dem Erzgebirge, dem Bayerischen Wald, dem Voralpenraum und einzelnen eng begrenzten Gebieten in Mittel- und Süddeutschland kann eine toxikologisch relevante Radonkonzentration quasi überall vorkommen. Gerade in der industrialisierten Welt, wo die Gebäude meist luftdicht ausgeführt sind, werden Radonwerte häufig überschritten.
Die Radonbelastung kann außerdem lokal betrachtet stark abweichen: So kann es sein, dass in zwei Gebäuden, die nebeneinander gebaut sind, unterschiedliche Radonwerte gemessen werden.
Wie gesundheitsschädlich ist Radon?
Radon wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Krebsforschungsbehörde (IARC) als krebserzeugender Schadstoff eingestuft. Nach dem Rauchen ist Radon die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs. Aktuellen Erkenntnissen zufolge ist das radioaktive Gas für 5 bis 10 Prozent der Lungenkrebserkrankungen in Deutschland verantwortlich. Das entspricht etwa 1.900 Fällen pro Jahr. Zum Vergleich: Durch Gebäudebrände sterben in Deutschland jährlich rund 400 Menschen.
Radonschutz durch bauliche Maßnahmen optimieren
Um die richtige Maßnahme zur Optimierung des Radonschutzes festlegen zu können, sollte vorab eine Radon-Fachperson die baulichen und geologischen Parameter beurteilen sowie eine Erstdiagnose der Radonproblematik abgeben. Die sog. Radon-Bodengaskarten eignen sich nicht dafür, eine zuverlässige Voraussage für ein individuelles Grundstück bzw. Baufeld treffen zu können.
Erst nach dieser Einschätzung kann die richtige Maßnahme festgelegt werden. Infrage kommen dabei folgende lüftungstechnische und bauliche Maßnahmen:
Neubauten
- Als bauliche Maßnahme reicht in der Regel der normgerechte Feuchteschutz aus, um eine Referenzwertüberschreitung zu vermeiden.
- Da Wasserdichtheit jedoch nicht mit Gasdichtheit gleichzusetzen ist, steht im Mittelpunkt der baulichen Maßnahmen die Reduzierung der Konvektion. Bei Neubauten sollten also Rohrdurchführungssysteme eingesetzt und sämtliche Durchdringungen zum Erdreich luftdicht ausgeführt werden.
- Lüftungstechnische Maßnahmen wie freie und ventilatorgesteuerte Lüftung kommen bei Neubauten nur als begleitende Maßnahmen infrage, da die Vorgaben aus der DIN 1946-6 zur luftdichten Bauweise einzuhalten sind.
- Bei hohem Radonvorkommen sind sowohl lüftungstechnische als auch bauliche Maßnahmen notwendig. In den sog. Radongebieten sind diese sogar gesetzlich vorgeschrieben.
Bestandsgebäude
Die Reduzierung der Radonkonzentration in bestehenden Wohn- und Aufenthaltsräumen wird erreicht durch:
- Lüftung: Als erste Maßnahme sollte eine konsequente Wohnraumlüftung angestrebt werden. Da Radon meist über den Keller in den Wohnraum gelangt, sollte bei erhöhter Radonbelastung eine separate Kellerbelüftung erfolgen.
- Isolationsmaßnahmen wie eine fachgerechte Abdichtung von Durchbrüchen (Leitungen, Luftschächte etc.) können die Radonbelastung ebenfalls reduzieren.
- Absaugung: Bewirken die ersten zwei Maßnahmen nicht die gewünschte Reduzierung der Radonbelastung, kommen besondere Absaugverfahren infrage, z. B. mit speziellen Radonsaugern oder Radonbrunnen.
Welche weiteren Maßnahmen Bauplaner ergreifen können und wie die Radonmessung durchgeführt wird, erklären unsere Experten in der Zeitschrift „der bauschaden“ (Ausgabe Februar 2019). Online- und Premium-Abonnenten haben Zugriff auf das gesamte Archiv der Fachzeitschrift.
Quelle: „der bauschaden“