Inhaltsverzeichnis
- Allgemeine und baurechtliche Anforderungen an Radverkehrsanlagen
- Grundanforderungen an die Radwegplanung
- Breitenanforderungen an Radverkehrsanlagen nach ERA
- Baurechtliche Anforderungen an Radverkehrsanlagen
- Förderung des Baus von Radverkehrsanlagen
- Innerörtliche Radverkehrsanlagen bzw. Radwege
- Radfahrstreifen
- Geschützte Fahrstreifen für den Radverkehr
- Radwege
- Gemeinsame und getrennte Geh- und Radwege
- Straßenunabhängig geführte Radwege
- Fahrradstraßen
- Radverkehr auf Sonderfahrstreifen für Busse
- Außerörtliche Radverkehrsanlagen
- Bauliche Gestaltung von Radverkehrsanlagen
- Nahmobilität ganzheitlich denken
Allgemeine und baurechtliche Anforderungen an Radverkehrsanlagen
Radverkehrsanlagen sind Verkehrsanlagen, die für die Benutzung durch Fahrräder freigegeben sind. Die allgemein übliche Bezeichnung „Radweg“ bezeichnet dabei nur eine Art von Radverkehrsanlagen. Ausreichend Raum für den Radverkehr zu schaffen, ist in Deutschland aktuell das Hauptproblem. Hier wird noch überwiegend versucht, den vorhandenen Verkehrsraum zwischen Auto- und Radverkehr nach Mindestbreiten aufzuteilen, was für alle Verkehrsteilnehmer unbefriedigend ist. Entscheidend ist aber die jeweils beste und vor allem sicherste Lösung zu finden.
Grundanforderungen an die Radwegplanung
- Gewährleistung der Sicherheit
- flächendeckende Erschließung
- direkte Routenführung
- Gestaltung der Radverkehrsflächen mit hohem Fahrkomfort
Breitenanforderungen an Radverkehrsanlagen nach ERA
Den Stand der Technik hinsichtlich Radverkehrsanlagen beschreiben in Deutschland die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) in Kombination mit den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06). Das technische Regelwerk ERA wird für die Planung, den Entwurf und den Betrieb von Radverkehrsanlagen herangezogen. Auch die VwV-StVO verweist auf die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen. Gemäß ERA gelten folgende Breitenanforderungen:
Quelle: Dipl.-Ing. Jörg Tröller |
Baurechtliche Anforderungen an Radverkehrsanlagen
Baurechtlich betrachtet gilt für Radverkehrsanlagen die Verfahrensabgrenzung nach Zuständigkeiten (wie auch für andere Verkehrsanlagen):
- für kommunale Radverkehrsanlagen: Bauleitplanung nach dem Baugesetzbuch (BauGB)
- für ländliche Wege: ländliche Neuordnungsverfahren in Verbindung mit dem Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) der einzelnen Länder
- für Bundesfernstraßen und Autobahnen: Bundesfernstraßengesetz (FStrG)
Für die Planung, Gestaltung und den Betrieb von Radverkehrsanlagen ist der Stand der Technik zu beachten, den die ERA definieren. Genau an diesem Punkt setzt „Radverkehrsanlagen – Planung, Bau und Unterhalt“ an, mit dem Ziel, sowohl die baulichen Anforderungen als auch die Ansprüche der Fahrradfahrern an Sicherheit und Komfort zu bedienen.
Hinsichtlich der Dimensionierung der Radwegbefestigung gilt die Richtlinie zur Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO). Detaillierte Ausführungen zur Auswahl, Konstruktion und Bemessung der Oberbauschichten beinhaltet das „Planungshandbuch Straßen- und Wegebau“.
Förderung des Baus von Radverkehrsanlagen
Radverkehrsanlagen haben einen überregionalen Einfluss auf das Verkehrsaufkommen. Deshalb fördern Bund und Länder den Bau und Ausbau von Radwegnetzen. In Form des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) stehen Kommunen Fördermittel zur Verfügung. Diese können bei den Ländern beantragt werden.
Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 sollen weitere Fördermittel in Höhe von 900 Millionen Euro für den Radverkehr bis 2023 bereitgestellt werden.
Innerörtliche Radverkehrsanlagen bzw. Radwege
Für die Planung und Gestaltung von Radverkehrsanlagen müssen Kommunen einige Regelungen beachten, die sich nach der Art der Anlage unterscheiden. Folgende Arten von Radverkehrsanlagen werden dabei unterschieden:
Radfahrstreifen
- Der Radfahrstreifen wird mit einem durchgezogenen Breitstrich von der Fahrbahn getrennt.
- Der Fahrstreifen ist nicht Bestandteil der Fahrbahn, sondern ein dem Radverkehr vorbehaltener Sonderweg.
- Motorisierte Fahrzeuge dürfen den Radfahrstreifen nur an Kreuzungen, Einmündungen und Zufahrten überfahren.
- Auf Fahrstreifen für den Radverkehr gilt ein generelles Halte- und Parkverbot.
- Radfahrstreifen können Kommunen an ein- und mehrspurigen Sammel-, Hauptverkehrs-, Industrie- und Gewerbestraßen mit höherem Verkehrsaufkommen vorsehen.
- Die zulässige Verkehrsgeschwindigkeit an diesen Straßen sollte 50 km/h nicht überschreiten (gem. ERA sind aber auch mehr erlaubt).
- In Kreisverkehren sind Fahrstreifen für den Radverkehr nicht erlaubt.
- Radfahrstreifen können (müssen aber nicht) mit einem Fahrradpiktogramm und einer Einfärbung gekennzeichnet sein.
- Das Zeichen 237 nach Straßenverkehrsordnung (StVO) kennzeichnet den Fahrstreifen als Radverkehrsanlage aus. Fahrtstreifen mit diesem Zeichen lösen eine Benutzungspflicht für Radfahrer aus.
Quelle: Dipl.-Ing. Jörg Tröller |
Geschützte Fahrstreifen für den Radverkehr
Für den geschützten Radfahrstreifen gelten dieselben Anforderungen wie für den normalen Radfahrstreifen. Allerdings ist dieser zusätzlich durch markierte Schutzzonen und Trennelemente wie Blumenkübel oder Poller vom Kraftfahrzeugverkehr zu trennen. | |
Quelle: Dipl.-Ing. Jörg Tröller |
Radwege
- Ein Radweg ist mittels baulicher Maßnahmen von der Fahrbahn und ggf. Parkstreifen getrennt. Die Trennung vom Gehweg kann anhand visueller Begrenzungsstreifen oder einer Farbgestaltung erfolgen.
- Der Radweg gilt als Sonderweg, der nur für den Radverkehr freigegeben ist.
- Kraftfahrzeuge dürfen Radwege nur an Kreuzungen, Einmündungen und Zufahrten überfahren.
- Auf Radwegen gilt ein generelles Halte- und Parkverbot.
- Der Radweg kann an ein- und mehrspurigen Sammel-, Hauptverkehrs-, Industrie - und Gewerbestraßen und an Anbau-freien Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen eingerichtet werden.
- Die Verkehrsgeschwindigkeit an der angrenzenden Fahrbahn sollte 70 km/h nicht überschreiten.
- Radwege werden mit dem Zeichen 237 StVO als solche gekennzeichnet. Auch hier löst das Zeichen eine Benutzungspflicht für den Radfahrer aus.
- Es ist sinnvoll, Radwege mit dem Fahrradpiktogramm oder einer Einfärbung zu markieren.
- Innerorts wird von Zweirichtungsradwegen abgeraten, da der Raum zu gering ist.
Quelle: Dipl.-Ing. Jörg Tröller |
Gemeinsame und getrennte Geh- und Radwege
Für gemeinsame und getrennte Geh- und Radweg gelten dieselben Regelungen wie für den Radweg, nur werden diese durch ein anderes StVO-Zeichen gekennzeichnet und nicht mit Fahrradpiktogrammen bzw. Einfärbungen markiert.
Radweg | Gemeinsamer Geh- und Radweg | Getrennter Geh- und Radweg |
Radweg ist nur für Fahrräder freigegeben. (Radweg mit Benutzungspflicht) | Gemeinsamer Geh- und Radweg kommt nur bei sehr geringem Verkehrsaufkommen infrage. (Radweg mit Benutzungspflicht) | Getrennter Geh- und Radweg birgt hohes Konfliktpotenzial und ist spärlich einzusetzen. (Radweg mit Benutzungspflicht) |
Bilderquelle: Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Straßenunabhängig geführte Radwege
- Diese Radwege kommen nur ergänzend an den Bebauungsrändern bzw. in Grünanlagen zur Anwendung.
- Straßenunabhängig geführte Radwege sind die sicherste und für Radfahrer attraktivste Radverkehrsführung. Kommunen sollten deshalb immer prüfen, ob diese Art der Radverkehrsführung vorrangig umsetzbar ist.
Fahrradstraßen
- Fahrradstraßen werden dort eingerichtet, wo der Fahrradverkehr vorherrschend ist oder dies verkehrsplanerisch so vorgesehen ist. Radfahrer haben hier einen Vorrang gegenüber Kraftfahrzeugen.
- Solche Straßen für Fahrräder kommen in Erschließungsstraßen und Sammelstraßen mit Tempo (Zone) 30 und geringem Parkdruck infrage. (Ein Parkverbot ist zumindest einseitig einzurichten.)
- Fahrradstraßen sind so zu planen und zu gestalten, dass der Durchgangsverkehr unterbunden wird.
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Hinweis: Für die Einrichtung von Fahrradstraßen und die Einschränkung des Kfz-Verkehrs gibt es in Deutschland noch keine einheitlichen Standards.
Radverkehr auf Sonderfahrstreifen für Busse
Kommunen haben die Möglichkeit, Sonderfahrstreifen für Busse auch für den Radverkehr zu öffnen. In den meisten Fällen ist das jedoch kontraproduktiv, da diese Fahrstreifen den Zweck haben, den öffentlichen Nahverkehr zu beschleunigen. Müssen sich Busse der Geschwindigkeit von Fahrradfahrern anpassen, wird dieser Zweck nicht erfüllt.
Außerörtliche Radverkehrsanlagen
Außerorts gibt es drei Möglichkeiten der Radverkehrsführung: In der Regel werden neben der Fahrbahn oder straßenunabhängig geführte Radwege oder gemeinsame Geh- und Radwege gebaut. Dann gelten dieselben Regelungen, wie für Radwege genannt. Sind solche Radwege nicht verfügbar, können Radfahrer die Fahrbahn mitbenutzen, wovon aus Sicherheitsgründen jedoch abzuraten ist. Der Radverkehr auf der Fahrbahn sollte nur für nahräumige Straßenverbindungen und für regionale Straßenverbindungen mit sehr geringer Verkehrsstärke infrage kommen.
Ein straßenbegleitender Radweg kann folgendermaßen geplant und gebaut werden:
Quelle: Dipl.-Ing. Jörg Tröller |
Radschnellweg
In Deutschland ist der Radschnellweg bisher keine weit verbreitete Form des Radwegs. Dabei handelt es sich um eine Schnellverbindung für Fahrradfahrer zwischen Wohngebieten, Arbeitsstätten, Einkaufszentren und ÖPNV-Knotenpunkten. Auf solchen Radschnellwegen (auch als „Fahrradautobahn“ bekannt) ist eine Geschwindigkeit von bis zu 20 km/h möglich, weshalb sie vor allem seit Aufkommen von E-Bikes an Attraktivität gewinnen.
Aber: erst ab einer Größenordnung von mehr als 2.000 potentiellen Nutzern/ Radlern pro Tag sollte ein Radschnellweg in Betracht gezogen werden.
Radschnellwege sind baulich mit Linienführungen, niveaufreien Kreuzungen, Beleuchtung und Breiten, die ein Überholen ermöglichen, zu gestalten. Das muss immer unter dem Aspekt der hohen Verkehrssicherheit sattfinden.
Ziel ist es, Nahpendlern eine valide Alternative zum Kraftfahrzeug zu bieten – d.h. die Anfahrzeiten möglichst gering zu halten.
Bauliche Gestaltung von Radverkehrsanlagen
Um die Sicherheit für Fahrradfahrer gewährleisten zu können, müssen Radverkehrsanlage baulich so gestaltet sein, dass sie eben und griffig sind. Außerdem dürfen sie nur einen geringen Rollwiderstand sowie ein gutes Entwässerungskonzept aufweisen. Aus diesen Anforderungen ergibt sich für die Oberflächenbefestigung ein gewisses „Ranking“:
- Die Asphaltdeckschicht aus Asphaltbeton oder Gussasphalt lässt sich gut markieren und einfärben. (Mehr zur Fahrbahnmarkierung erfahren Sie im verlinkten Text.)
- Die Oberflächenbefestigung mit Betondecke kommt insbesondere für den Bau von außerörtlichen Radverkehrsanlagen infrage.
- Die Befestigung mit Betonstein- oder Klinkerpflaster ist gut geeignet, wenn diese ohne Fugen und mit Steinen ohne Fase ausgeführt wird.
- Eine Deckschicht ohne Bindemittel oder die wassergebundene Decke sind sowohl für den ländlichen Wegebau als auch für den innerörtlichen Radwegebau eher ungeeignet.
Ausstattung von Radverkehrsanlagen
Wie die Beschilderung der Radverkehrsanlagen zu erfolgen hat, ist der StVO zu entnehmen. Hinsichtlich der Beleuchtung gibt es einen Unterschied zwischen innerörtichen und außerörtlichen Anlagen. Während innerörtlich die allgemeine Straßenbeleuchtung Radwege beleuchtet, ist eine Beleuchtung von außerörtlichen Radverkehrsanlagen aus wirtschaftlichen Gründen eher die Ausnahme. Um die Sicherheit für Fahrradfahrer zu erhöhen, können Kommunen jedoch die Nutzung von LED-Straßenbeleuchtung andenken. Diese ist im Vergleich zur herkömmlichen Straßenbeleuchtung wirtschaftlich deutlich erträglicher.
Nahmobilität ganzheitlich denken
Der Ausbau der Nahmobilität beinhaltet aber nicht nur den Bau und Ausbau des Radverkehrsnetzes. Damit der Griff zum Fahrrad noch attraktiver wird, müssen Kommunen nicht nur an Radverkehrsanlagen denken, sondern auch an Radverkehrsnebenanlagen. Gemeint sind damit, Fahrradabstellanlagen sowie die Verknüpfung zum Öffentlichen Personennahverkehr, z. B. in Form von Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen. Mehr zu P+R-Anlagen erfahren Sie im „Planungshandbuch Straßen- und Wegebau“.
Quelle: „Planungshandbuch Straßen- und Wegebau“, „Radverkehrsanlagen“, BMWI