Mit der Neufassung der Norm, die ab Oktober 2015 gültig wird, kommen neue Anforderungen auf die Betreiber von elektrischen Anlagen zu. Auf einige der wichtigsten Änderungen, die im Vergleich zur Normfassung von 2009 vorgenommen wurden und sich auf die bisherige betriebliche Organisation auswirken, soll im Folgenden kurz eingegangen werden.
Rollen und Zuständigkeiten in der Wahrnehmung der Verantwortung
Überarbeitet, genauer definiert und im Anhang B.1 sogar anhand von Beispielen veranschaulicht wurden z. B. die Vorgaben bezüglich der Rollen und Zuständigkeiten der verantwortlichen Personen (Anlagenbetreiber, Anlagen- und Arbeitsverantwortlicher). Den genannten Verantwortlichen räumt die neue Norm (im Vergleich zur Fassung von 2009) einen höheren Stellenwert ein: Entsprechend wird die Abstimmung der Tätigkeiten und Abläufe mit diesen Verantwortlichen bzw. der Verantwortlichen untereinander künftig unbedingt erforderlich und präziser geregelt sein.
Im Abschnitt 4.9 und Anhang B.7 neu eingeführt wurden ferner Anforderungen an das Notfallmanagement, das nun in die Verantwortung des Anlagenbetreibers fällt. So ist dieser künftig gem. der Norm dafür zuständig, dass geeignete Notfallmaßnahmen für den Fall eines Stromunfalls ermittelt und umgesetzt werden. Dazu zählt die Norm u. a. die Bereitstellung von Notfallplänen sowie die Ausbildung und Unterweisung einer ausreichenden Anzahl von Mitarbeitern in die entsprechenden Erste-Hilfe-Maßnahmen. Anhang B.7 präzisiert, welche Maßnahmen genau zu einem solchen normkonformen Notfallplan gehören (z. B. Organisation eines Melde-/Berichtverfahrens zur Dokumentation aller Unfälle und Beinahunfälle, Organisation der Kommunikations- und Rettungskette im Notfall).
„Ordnungsgemäßer Zustand“ von Anlagen gemäß VDE 0105-100
Für die Vorbereitung und Durchführung von Prüfungen relevant ist die neu eingeführte Präzisierung der Anforderungen an den ordnungsgemäßen Zustand einer elektrischen Anlage (5.3.101). Demnach müssen Prüfer nachweisen, dass die Anlage
- den zum Zeitpunkt ihrer Errichtung (bzw. alternativ den zum Zeitpunkt ihrer wiederkehrenden Prüfung) geltenden Errichternormen entspricht,
- keine weiteren sicherheitsrelevanten Mängel aufweist und
- an ggf. zwischenzeitlich geänderte Umgebungs- und Betriebsbedingungen entsprechend angepasst wurde.
VDE 0105-100 regelt neue Anforderungen an die Arbeitsmethoden
Was Arbeitsmethoden betrifft, wurden v. a. die allgemeinen Anforderungen (6.1.1) und die Maßnahmen, um Spannungsfreiheit festzustellen (6.2.4), stark bearbeitet sowie um neue Abschnitte mit genauen Vorgaben für die hierbei einzusetzenden Erdungsschalter (6.2.4.2) sowie zum Lichtbogenschutz (Anhang B.6) erweitert.
Vorausgehende Beispiele verdeutlichen, dass die neuen Vorgaben der DIN VDE 0105-100 künftig für bestehende Organisationsstrukturen einen gewissen Überprüfungs- und ggf. Umstellungsaufwand erforderlich macht. Die Neufassung der Norm ist derzeit bereits erhältlich (Bestellseite des VDE-Verlags). Um bei ihrem Inkrafttreten normkonform und rechtssicher weiterarbeiten zu können, sollten sich Betreiber, Prüfer und Verantwortliche für den sicheren Betrieb von elektrischen Anlagen mit den geänderten Anforderungen frühzeitig vertraut machen und ihre Betriebsorganisation auf Konformität mit den neuen Vorgaben prüfen.
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