Inhaltsverzeichnis
- Was ist ein diabetisches Fußsyndrom? – Definition
- Wie entsteht das diabetische Fußsyndrom? – Ursachen
- Wie sieht ein diabetisches Fußsyndrom aus? – Symptome
- Was sind mögliche Risikofaktoren?
- Prophylaxe und Prävention
- Was tun bei diabetischem Fußsyndrom? – Therapie, Pflege und Wundversorgung
Was ist ein diabetisches Fußsyndrom? – Definition
Das diabetische Fußsyndrom ist eine Folgeerkrankung von Diabetes mellitus. Es gilt als schwere Komplikation und umfasst alle pathologischen Veränderungen am menschlichen Fuß. Dazu gehören neben Ulzera (diabetischer Ulcus) und Nekrosen auch präulzeröse Läsionen wie abnorme Hornhautschwielen sowie schlecht heilende Wunden am Unterschenkel oder an der Fußsohle (Malum perforans).
Ausgangspunkt für das diabetische Fußsyndrom sind i. d. R. geschädigte Nerven in den Füßen, die durch einen zu hohen Blutzuckerspiegel entstehen. Da Menschen mit Diabetes typischerweise zu erhöhten Blutzuckerwerten neigen, ist das Syndrom besonders bei ihnen verbreitet. Als Folge dieser Nervenschädigungen sinkt das Druck- und Schmerzempfinden in den Füßen, sodass sie ggf. fehlbelastet werden und Druckgeschwüre entstehen. Auch kleinere Verletzungen werden später bemerkt.
Zusätzliche Durchblutungsstörungen sorgen dafür, dass die entstandenen Wunden schlechter heilen, was langfristig ebenfalls zu Geschwüren führen kann. Diese erfordern eine langfristige Wundversorgung und im Ernstfall sogar eine Amputation des betroffenen Zehs oder Fußes.
Diese Fußläsionen können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Deshalb werden sie in der Medizin in verschiedene Stadien unterteilt.
Diabetisches Fußsyndrom: Stadien
Ein häufiges Instrument zur Einschätzung und Diagnostik der Fußläsionen ist die sog. „Wagner-Armstrong-Klassifikation für diabetisches Fußsyndrom“. Sie stellt insgesamt fünf Grade vor, die sich in vier Stadien aufgliedern.
Stadium | Grad 0 | Grad 1 | Grad 2 | Grad 3 | Grad 4 | Grad 5 |
A | Prä- oder postulzerative Läsion... | Oberflächliche Wunden... | Wunde bis zur Sehne/Kapsel... | Wunde bis zum Knochen/Gelenk... | Nekrose von Fußteilen... | Nekrose des gesamten Fußes... |
B | ...mit Infektion | |||||
C | ...mit Ischämie | |||||
D | ...mit Infektion und Ischämie |
In jedem Fall sollten Pflegekräfte und anderes Fachpersonal eine standardisierte sowie konsistente Strategie nutzen, um einen vorliegenden diabetischen Ulcus zu beurteilen.
Wie entsteht das diabetische Fußsyndrom? – Ursachen
Das diabetische Fußsyndrom entwickelt sich häufig als Folge einer diabetischen Polyneuropathie. Hierbei wird die Reizweiterleitung gestört, wodurch es bei eingeschränktem Druck- und Schmerzempfinden wiederholend zu Traumatisierungen kommt. Die Ursache hierfür ist, dass gleichzeitig mehrere periphere Nerven im Körper nicht richtig funktionieren. So kann es zu Wundheilungsstörungen und Missempfindungen kommen. Da Polyneuropathie oftmals zuerst in den peripheren Extremitäten auftritt (Finger/Hände, Füße/Zehen), ist sie ein typischer Auslöser für das diabetische Fußsyndrom.
Allerdings weisen auch über 50 % der am Syndrom erkrankten Personen eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) auf. Sie wird oftmals von einer möglichen Polyneuropathie verdeckt, da sie ähnliche Symptome aufweisen (Claudicatio, Ruheschmerzen etc.). Dennoch kann die pAVK eine weitere Ursache für das diabetische Fußsyndrom sein.
Wie sieht ein diabetisches Fußsyndrom aus? – Symptome
Das diabetische Fußsyndrom zeigt sich häufig anhand folgender Symptome:
- Verringerte Schmerz- und Temperaturempfindlichkeit an den Füßen
- Kribbeln oder einschießende Schmerzen in den Füßen/Zehen
- Erhöhte Berührungsempfindlichkeit
- Trockene Hautstellen
- Rötungen oder Überwärmung der Füße
Treffen eines oder mehrere der o.g. Anzeichen zu, sollte umgehend medizinischer Rat eingeholt werden.
Allerdings können Menschen auch ohne entsprechende Symptome am diabetischen Fußsyndrom erkranken. Dafür gibt es bestimmte Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das Syndrom auftritt.
Was sind mögliche Risikofaktoren?
Fußulzerationen in Folge des diabetischen Fußsyndroms gehen mit einer hohen Morbiditäts- und Mortalitätsrate einher. So liegt die Wahrscheinlichkeit im Laufe des Lebens am diabetischen Fußsyndrom zu erkranken zwischen 19 und 34 %. Jährlich betrachtet gilt eine Ersterkrankungsrate von 2 %.
Diese Zahlen werden von bestimmten Risikofaktoren beeinflusst, die die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung mit dem diabetischen Fußsyndrom erhöhen. Hierzu gehören insbesondere folgende Faktoren:
- Langjährige Erkrankung an Diabetes Typ I oder II
- Erhöhte Blutzuckerwerte durch unzureichende Therapie
- Polyneuropathie
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK oder „Schaufensterkrankheit“)
- Präulzerative Veränderungen (Blasen, Fissuren, Einblutungen etc.)
- Übermäßiger Kallus am Fuß
- Eingewachsene oder verdickte Nägel
- Pilz- oder andere Infektionen
Generell ist es sinnvoll, wenigstens einmal jährlich Anzeichen oder Symptome zu untersuchen, die auf den Verlust des schützenden Schmerzgefühls oder die pAVK hinweisen.
Ein häufiges Symptom des diabetischen Fußsyndroms ist die erhöhte Berührungs- und sinkende Schmerzempfindlichkeit. Sie kann z. B. mit einem Nylonfaden getestet werden. (Bild: © Bernhard Schmerl – stock.adobe.com) |
Da das Erkrankungs- und Sterberisiko beim diabetischen Fußsyndrom so hoch ist, nimmt die medizinische Vorsorge eine besonders wichtige Rolle ein.
Prophylaxe und Prävention
In der Praxis gibt es unterschiedliche Methoden, die der Prävention bzw. Prophylaxe des diabetischen Fußsyndroms dienen. Die folgenden Punkte gehören zu den häufigsten Vorsorgemaßnahmen:
- Identifizierung des gefährdeten Fußes
- Regelmäßige Kontrolle und Untersuchung des Fußes
- Aufklärung von Patienten, Angehörigen und medizinischem Fachpersonal
- Routinemäßiges Tragen von geeignetem Schuhwerk
- Behandlung der o. g. Risikofaktoren für eine Ulzeration
- Integrierte Fußversorgung:
- Professionelle Fußpflege
- Angemessenes Schuhwerk
- Aufklärung über selbstdurchführbare Pflege
Diese Maßnahmen sollten von medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden, um das Ulzerationsrisiko bei den Betroffenen so gering wie möglich zu halten. Zu diesem Fachkreis gehören neben den Pflegekräften auch Schmerzexperten, Wundexperten, Diabetologen, Gefäßspezialisten, Podologen, Chirurgen und Orthopädie-Schuhmacher.
Deuten sich trotz aller Vorsorgemaßnahmen Symptome eines diabetischen Fußes an, ist in jedem Fall wenigstens eine ärztliche Diagnose einzuholen. Sobald die Bestätigung vorliegt, kann mit der Pflege bzw. Therapie begonnen werden.
Was tun bei diabetischem Fußsyndrom? – Therapie, Pflege und Wundversorgung
Zunächst sollten Menschen, die an Diabetes erkrankt sind (egal ob Typ I oder II), mindestens einmal jährlich ihre Füße professionell untersuchen lassen. Wird hier anhand der o. g. Symptome das diabetische Fußsyndrom festgestellt, kann eine entsprechenden Therapie helfen. Hierfür sollte in jedem Fall ein multidisziplinäres Fußbehandlungsteam konsultiert werden.
Als pflegerische Maßnahmen kommen insbesondere folgende Methoden in Fragen:
Zur Druckentlastung eines neuropathischen Fußsohlenulkus: |
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Zur Behandlung von Infektionen am Fuß: |
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Individuell angepasste Therapien mit Medikamenten und nicht-medikamentösen Verfahren |
Für die professionelle Pflege und Schmerztherapie sind ausgebildete Fachkräfte aus Kliniken oder der Fußambulanz notwendig. Aber auch Schmerzexperten und Wundexperten tragen einen wesentlichen Teil zur Versorgung beim diabetischen Fußsyndrom bei. Pflegekräfte können sich in diesem Bereich weiterbilden lassen, um noch gezielter auf die Bedürfnisse von Menschen eingehen zu können, die am diabetischen Fußsyndrom leiden.
Passende Weiterbildungen sind etwa das E-Learning „DEKRA-zertifizierte/r Schmerzexpert/in in der Pflege“ und „DEKRA-zertifizierte/r Wundexpert/in“. Dort qualifizieren sich die Teilnehmenden in jeweils sechs Monaten zur zertifizierten Fachkraft. Die Kursinhalte sind auf einer speziellen Online-Lernportal verfügbar, sodass jederzeit und ortsunabhängig gelernt werden kann.
Falls sich Fehlstellungen, Wunden oder Infektionen aufgrund des diabetischen Fußsyndroms nicht mit anderen pflegerischen Maßnahmen behandeln lassen, ist u. U. eine Amputation des diabetischen Fußes erforderlich.
Diabetes Amputation
Mithilfe von Amputationen sollen deformierte Teile des Fußes korrigiert oder die Ausbreitung einer infizierten Wunde gestoppt werden. Bei Infektion genügt ggf. eine Amputation des infizierten Zehs (Teilamputation), es kann jedoch auch eine vollständige Amputation des gesamten Fußes erforderlich sein. Das hängt insbesondere von der Lage und dem Ausmaß der Infektion ab.
In jedem Fall sollte eine Amputation erst nach einschlägigem ärztlichen Rat beschlossen werden. Zudem kann es helfen, eine zweite fachliche Meinung einzuholen, etwa bei speziellen Podologen.
Des Weiteren werden Amputationen ab dem 01.01.2023 Bestandteil der Diagnoseliste für langfristigen Heilmittelbedarf. Damit lassen sich langfristige Heilmittel verordnen, die nach der Amputation nötig sind, ohne das jährliche Budget der Arztpraxen zu überstrapazieren. Der neue ICD-10-Code für (Diabetes-)Amputationen an den Füßen lautet „Z89.7“ (Beidseitiger (teilweiser) Verlust der unteren Extremitäten).
Worauf Ärzte beim langfristigen Heilmittelbedarf achten müssen, zeigt das Handbuch „Heilmittel verordnen, kodieren und überprüfen“. Es unterstützt niedergelassene Arztpraxen und Therapiezentren beim Ausstellen und Überprüfen langfristiger Heilmittel. Außerdem enthält es Arbeitshilfen, die die Umsetzung der rechtlichen Vorgaben zum Heilmittelkatalog vereinfachen.
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Ist diabetischer Fuß heilbar?
Auch nach einer erfolgreichen Heilung kann es passieren, dass sich erneut Geschwüre oder andere Symptome des diabetischen Fußsyndroms zeigen. Die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs liegt nach der Behandlung innerhalb eines Jahres bei 40 %, innerhalb von drei Jahren bei 65 %. Daher sind eine regelmäßige Kontrolle, Prophylaxe und Vermeidung der Risikofaktoren unbedingt erforderlich.
Quellen: „DEKRA-zertifizierte/r Schmerzexpert/in in der Pflege“, „DEKRA-zertifizierte/r Wundexpert/in“