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"Expertenstandard Harnkontinenz aktuell: Zusammenfassung, Risikofaktoren und Maßnahmen"


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Expertenstandard Harnkontinenz aktuell: Zusammenfassung, Risikofaktoren und Maßnahmen

© pressmaster – stock.adobe.com

Anfang April 2024 erschien die zweite Aktualisierung des Expertenstandard Harnkontinenz. Die aktualisierte Fassung enthält jetzt u. a. auch Faktoren zur Stuhlkontinenz und trägt deshalb künftig den Titel „Expertenstandard zur Kontinenzförderung in der Pflege“. Welche Ziele verfolgt das DNQP mit der Aktualisierung und welche Risikofaktoren sowie Maßnahmen sind aktuell?

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist der Expertenstandard Harnkontinenz?
  2. Welche Ziele verfolgt der Expertenstandard zur Harnkontinenz?
  3. Expertenstandard Harnkontinenz: Was ist neu?
  4. Risikofaktoren bei Stuhl- und Harnkontinenz
  5. Maßnahmen zur Förderung der Stuhl- und Harnkontinenz

Was ist der Expertenstandard Harnkontinenz?

Der Expertenstandard Harnkontinenz enthält Empfehlungen, die Pflegekräfte bei der Versorgung von Pflegebedürftigen mit Kontinenzproblemen unterstützen sollen. Er beschreibt damit ein bestimmtes Qualitätsniveau der Pflege und welche Kriterien die verantwortlichen Pflegekräfte sowie deren Einrichtungen erfüllen müssen, um dieses Niveau zu erreichen.

Der Standard wird von einer Expertengruppe erstellt und vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) publiziert. Die ursprüngliche Version wurde im Jahr 2006 veröffentlicht. Da der Expertenstandard Harnkontinenz, wie alle anderen Standards, regelmäßig an neue Erkenntnisse angepasst wird, gab es bereits 2014 eine erste Aktualisierung, die nun Anfang 2024 erneut geändert und als zweite Neufassung erscheinen soll.

Wie definiert der Expertenstandard die Harnkontinenz?

Laut Definition des Expertenstandards ist Harnkontinenz die Fähigkeit, willkürlich, zur passenden Zeit und an einem geeigneten Ort die Blase zu entleeren. Ist dies nicht gegeben, also kommt es zu unfreiwilligem Harnverlust oder Urinabgang, handelt es sich um Harninkontinenz. Die Definition basiert auf der International Continence Society (ICS).

Da künftig auch das Thema Stuhlinkontinenz wesentlicher Bestandteil des Expertenstandard Harnkontinenz sein wird, hat die Expertengruppe diesen Begriff ebenfalls definiert. Stuhlinkontinenz ist demnach der wiederkehrende unkontrollierte Stuhlgang über mindestens drei Monate. Dieser Zeitraum ist für die Pflegepraxis jedoch weniger relevant, da bereits zu Beginn einer Stuhlinkontinenz pflegerische Maßnahmen notwendig sein können.

Welche Ziele verfolgt der Expertenstandard zur Harnkontinenz?

Der Expertenstandard zur Harnkontinenz dient vorrangig der Unterstützung von Pflegekräften und Einrichtungen bei der Erhaltung und Förderung der Stuhl- bzw. Harnkontinenz von Pflegebedürftigen.

Die im Standard formulierten Empfehlungen sollen folgende Ziele erreichen:

  • Frühzeitige Identifikation von betroffenen und gefährdeten Personen einer Inkontinenz
  • Erhalt und Förderung von Stuhl- bzw. Harnkontinenz
  • Ergreifen von Maßnahmen bei bestehenden Kontinenzproblemen
  • Reduzieren, Kompensieren und bestenfalls Beseitigen der Inkontinenz

Mithilfe der vorliegenden Aktualisierung von April 2024 können sich Pflegedienste und ihre Beschäftigten ein Bild davon machen, welche Neuerungen bzgl. der Pflege bei Harnkontinenz auf sie zukommen. Daher im Folgenden ein Auszug der wichtigsten Inhalte des aktualisierten Expertenstandard Harnkontinenz.

Expertenstandard Harnkontinenz: Was ist neu?

Die wohl größte Neuerung der zweiten Aktualisierung des Expertenstandard Harnkontinenz ist die Ergänzung um den Bereich der Stuhlkontinenz. Bereits in den vergangenen Aktualisierungen wurde das Thema von der zuständigen Expertengruppe diskutiert, da es eine hohe Relevanz in der Pflegepraxis habe. Nun soll es final in die zweite Neufassung aufgenommen werden.

Daher werden auch die bereits bekannten Risikofaktoren und Kontinenzprofile zur Harnkontinenz entsprechend um die Stuhlkontinenz ergänzt. Mit den Profilen können Pflegekräfte den Grad des Unterstützungsbedarfs einer Person ermitteln und ihn anhand der umgesetzten pflegerischen Maßnahmen evaluieren. In künftigen Aktualisierungen sollen zudem Aspekte der Kinderkrankenpflege bei Inkontinenz mitaufgenommen werden.

 

Kriterien des aktualisierten Expertenstandard Harnkontinenz

Der aktualisierte Expertenstandard Harnkontinenz enthält künftig nur noch fünf statt bisher sechs Ebenen. Jede dieser Ebenen ist, wie bei jedem Expertenstandard, in drei Strukturebenen unterteilt: den Strukturkriterien, den Prozesskriterien und den Ergebniskriterien.

Dort fordert der Expertenstandard zur Kontinenzförderung u. a. folgende Punkte:

  • Ebene 1: Risikoidentifikation
    • Kompetenz zur Erkennung von Risikofaktoren und Identifikation einer vorhandenen Inkontinenz
    • Durchführung einer Ersteinschätzung
    • Notwendigkeit einer erweiterten Kompetenz bei tiefergehenden Einschätzungen
  • Ebene 2: Maßnahmenplanung und -steuerung
  • Ebene 3: Information, Schulung, Beratung
    • Kompetenz der Pflegekräfte bzgl. der Schulung und Beratung über Maßnahmen und Hilfsmittel zur Vorbeugung, Beseitigung, Verringerung und Kompensation der Inkontinenz
    • Bereitstellung der für die Schulung benötigten Ressourcen vonseiten der Einrichtungen
  • Ebene 4: Durchführung
    • Kompetenz zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen (Kontinenzförderung, Kompensation und Hilfsmitteleinsatz)
    • Einplanung der personellen Ressourcen für die Anwendung der Maßnahmen
    • Ziel: Umsetzung der geplanten Maßnahmen
  • Ebene 5: Evaluation
    • Fähigkeit der Pflegekraft zur Einschätzung der Effektivität der Maßnahmen
    • Individuelle Abstimmung zur Häufigkeit der Ergebnisprüfung mit den Betroffenen bzw. ihren Angehörigen
    • Ziel: Erreichung oder Erhalt des angestrebten Kontinenzprofils

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Risikofaktoren bei Stuhl- und Harnkontinenz

Der Expertenstandard Harnkontinenz definiert u. a. folgende Risikofaktoren, die das Auftreten von Harn- bzw. Stuhlkontinenz fördern können:

  • Lebensalter
  • Pflegebedürftigkeit
  • Kognitive Beeinträchtigungen (z. B. Demenz, posttraumatisches Delir)
  • Körperliche Beeinträchtigungen (bzgl. Mobilität, Fingerfertigkeit oder Sinneswahrnehmung)
  • Neurogene Erkrankungen oder Veränderungen (z. B. Multiple Sklerose, Morbus Parkinson oder Tumore)
  • Operationen oder Anomalien im Urogenitaltrakt, Rektum, Anus oder Dammbereich
  • Nebenwirkungen durch Medikamente
  • Bestrahlung im Beckenbereich
  • Folgen sexualisierter Gewalt
  • Umgebungsfaktoren (z. B. fehlende Hilfsmittel oder erschwerter Zugang zur Toilette)

Diese Risikofaktoren ergeben sich sowohl aus dem Lebensstil einer Person als auch aus Folgestörungen von Erkrankungen, Nebenwirkungen von Therapien oder der Umgebung. Um die Folgen dieser Faktoren so gering wie möglich zu halten, sind entsprechende Maßnahmen notwendig.

Maßnahmen zur Förderung der Stuhl- und Harnkontinenz

Im Expertenstandard gibt es sowohl allgemeine Maßnahmen für Stuhl- und Harnkontinenz als auch spezielle Maßnahmen für die einzelnen Kontinenzarten.

Die folgende Tabelle gibt einen beispielhaften Überblick:

Allgemeine Maßnahmen Spezielle Maßnahmen bei Harninkontinenz Spezielle Maßnahmen bei Stuhlinkontinenz
  • Verbesserung von Grund- oder Begleiterkrankungen
  • Maßnahmen zur Flüssigkeitszufuhr
  • Individuelles Darmmanagement
  • Körperliches Training
  • Toilettenassistenz
  • Anpassung von Umgebungsfaktoren (z. B. unter Einsatz von Hilfsmitteln)
  • Einschränkung der Koffeinzufuhr
  • Rauchentwöhnung
  • Gewichtsreduktion
  • Beckenbodentraining
  • Vibrationstraining
  • Blasentraining
  • Optimieren der Stuhlkontinenz (z. B. durch die Ernährung)
  • Therapeutische Darmlähmung
  • Darmentleerungstraining
  • Transanale Irrigation

Neben den rein pflegerischen Maßnahmen kann auch das Einbeziehen der Angehörigen wichtig sein, etwa in Beratungsgesprächen. Hierfür sollte jedoch unbedingt zuerst das Einverständnis der pflegebedürftigen Person eingeholt werden.

Zudem gilt bei allen Maßnahmen zur Stuhl- und Harnkontinenz: Sie berühren intime Bereiche einer Person und erfordern deshalb ein besonderes Einfühlungsvermögen vonseiten der Pflegekräfte. Sie müssen von Fall zu Fall neu entscheiden, welche Maßnahmen geeignet sind und stets das Schamgefühl der Betroffenen schützen. Daher ist es ebenfalls wichtig, auf eine angemessene Sprache zu achten und Begriffe aus der Säuglingspflege wie „Windel“ zu vermeiden.

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Quelle: „Expertenstandard Kontinenzförderung in der Pflege“ (2. Aktualisierung 2024)

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