Sturz im Krankenhaus: Dieser Sachverhalt lag dem OLG Köln vor
Einem 73-jährigen Patient (Kläger) wurde in einem Krankenhaus (Beklagter) die Gallenblase operativ entfernt. Noch am selben Tag stürzte der Mann bei einem Toilettengang und zog sich eine Fraktur des Lendenwirbels zu, die ihn nach eigenen Angaben auch noch Jahre später in seinem Alltag einschränkt.
Weil dem Patienten bereits beim Wiegen vor der Operation schwindelig geworden war, verlangte er von der Klinik Schmerzensgeld. Sie hat laut Kläger nicht rechtzeitig auf die ihr bekannten Schwindelsymptome reagiert und keine Maßnahmen ergriffen, um ihn vor diesem Sturz zu schützen.
Der Kläger gab zudem an, dass die Medikamente, die ihm in der Klinik verabreicht wurden, im Zusammenwirken mit den Medikamenten, die er aufgrund diverser Vorerkrankungen einnahm, den Schwindel hervorgerufen hätten. Allein deswegen hätte ihn aus seiner Sicht das Krankenhauspersonal engmaschiger kontrollieren sollen.
OLG Köln sieht kein Verschulden des Krankhauspersonals
Das Oberlandesgericht Köln, das in zweiter Instanz über den Fall entschied, gab dem Landgericht Aachen Recht und wies die Klage zurück, weil der Kläger keinen Beweis dafür erbringen konnte, dass ein Behandlungs- oder Pflegefehler vorlag. Das OLG begründete seine Entscheidung folgendermaßen:
- Ein Sachverständiger hatte in der Gerichtsverhandlung glaubhaft ausführen können, dass die in der Klinik verabreichten Medikamente keinen Schwindel als Nebenwirkung hervorrufen. Ob sie in Kombination mit den übrigen Medikamenten Schwindel bewirken können, war laut Gericht unerheblich für die Frage nach einem Behandlungsfehler.
- Auch den Vorwurf, das Pflegepersonal hätte auf den Schwindelanfall am Tag vor der Operation mit Maßnahmen reagieren müssen, wies das Gericht als haltlos zurück. Mit folgender Begründung:
- Weder Ärzte noch Pflegepersonal wurden dazu angehalten, den Kläger durch freiheitsentziehende Maßnahmen daran zu hindern, das Bett zu verlassen oder ihn dauerhaft zu überwachen – auch nicht nach dem Vorfall beim Wiegen. Weil sich der Kläger vor dem Sturz selbstständig versorgen konnte und völlig orientiert und mobil gewesen sei, habe es aus medizinischer und pflegerischer Sicht vielmehr Sinn gemacht, die Mobilität und Eigenständigkeit des älteren Patienten bewusst zu wahren. Freiheitsentziehende Maßnahmen wie die Anbringung eines Bettgitters wären in so einem Fall eher unverhältnismäßig gewesen.
- Der Patient hatte zwar berichtet, dass ihm auch in häuslicher Umgebung immer wieder schwindelig geworden war. Über Stürze hatte er Ärzte und Personal jedoch nicht informiert. Laut OLG lag also keine medizinische Notwendigkeit für freiheitsentziehende Maßnahmen oder eine dauerhafte Überwachung vor. Im Übrigen ist die andauernde Aufsicht durch das Krankenhauspersonal laut OLG unzumutbar.
- Die Behauptung des Patienten, er wäre nicht gestürzt, hätte ihn nur jemand auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, dass er beim Toilettengang klingeln und Hilfe in Anspruch hätte nehmen können, erwies sich ebenfalls als haltlos, nachdem sich der Patient auch nach dem Sturz nicht an die Aufforderung hielt, das Bett nicht ohne Hilfe zu verlassen.
- Der Kläger habe sich auch zu Unrecht auf die Grundsätze des vollbeherrschbaren Risikos berufen, da er nicht gestürzt war, als er von Ärzten oder Pflegern behandelt oder betreut wurde. Vielmehr bezeichnete das OLG den Sturz als unvorhersehbares Ereignis.
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Quelle: OLG Köln