Wie mit Vergesslichkeit und (Zeit-)Verwirrtheit umgehen?
Vergesslichkeit und Verwirrtheit sind die ersten Anzeichen bei Menschen mit beginnender Demenz. Sie lösen bestimmte Verhaltensweisen aus, mit denen Pflegepersonal oder auch Angehörige folgendermaßen umgehen können:
Vergesslichkeit
Verhalten: Das Vergessen von erst einmal alltäglichen Kleinigkeiten, später von wichtigen Ereignissen aus dem eigenen Leben, löst bei Demenzkranken das Gefühl aus, dass sie die Kontrolle und ihre eigene Kompetenz verlieren. Sie reagieren mit Beschimpfungen oder aber mit jammerndem bzw. weinerlichem Verhalten.
Reaktion: Nehmen Sie Blickkontakt zum Demenzkranken auf, wiederholen Sie seine Kernaussagen und spiegeln Sie sein Verhalten auch körperlich. Vermeiden Sie jedoch Körperkontakt, während Sie sehr höflich und wertschätzend mit der Person umgehen. Vermeiden Sie „Warum“-Fragen, diese könnten provozierend wirken.
(Zeit-)Verwirrtheit
Verhalten: Wenn Betroffene sofort wieder vergessen, was eben passiert ist, verharren sie oft in der vergangenen Zeit, in der für sie noch alles gut war. Sie wirken rastlos und suchen ständig nach irgendetwas, was sich auch in ihrem Blick und ihrer Körperhaltung widerspiegelt. Zu logischem Denken sind diese Menschen nicht mehr fähig.
Reaktion: Bedenken Sie, dass Sie mit logischer Argumentation nicht weiterkommen. Halten Sie Blickkontakt. Wenn der Demenzkranke das zulässt, können Sie seine Hand nehmen und mit ihm über die vergangene Zeit, nach der er sucht, sprechen. Auch in diesem Fall können sie die Kernaussagen der betroffenen Person wiederholen und mit W-Fragen arbeiten. Versuchen Sie nicht, Gedankensprünge zu verstehen, sondern gehen Sie sie einfach mit. Sagen Sie beim Verabschieden unbedingt, wann Sie wiederkommen.
Wie mit unterschiedlichen Selbstwertgefühlen der Demenzkranken umgehen?
Neben den zwei oben genannten Symptomen dieser Krankheit spielt das Selbstwertgefühl des einzelnen Betroffenen eine entscheidende Rolle. Das macht es auch so schwierig für Pflegekräfte (abgesehen vom Zeitdruck), auf jeden Demenzkranken individuell einzugehen. Denn um das Verhalten richtig deuten zu können, ist eine funktionierende Beziehung zwischen Pflegekraft und dem Demenzkranken extrem wichtig. Nur so kann die Pflegeperson verstehen, warum sich der Demenzkranke so verhält und besonnen darauf reagieren.
Drei häufige Verhaltensweisen, die auf das Selbstwertgefühl des Betroffenen zurückgehen, möchten wir vorstellen:
Nutzlosigkeit
Verhalten: Menschen, die sich über die Arbeit, die sie geleistet haben, definieren oder schon früh in ihrer Kindheit in Arbeitsprozesse eingebunden wurden, fühlen sich nutzlos, wenn sie nicht mehr arbeiten. Sie sind trotz Demenzerkrankung stark arbeitsorientiert und sehen keinen Sinn in Freizeitaktivitäten. Sie versuchen ständig, etwas zu tun und sich nützlich zu machen.
Reaktion: Nutzen Sie bei der Ansprache solcher Menschen bewusst Sätze wie „Wir brauchen ihre Mitarbeit“ und geben Sie positive Rückmeldung wie „Gute Arbeit!“. Loben Sie den Demenzkranken für das, was er tut, fordern Sie ihn aber auch auf, einmal Pause zu machen.
Kritik
Verhalten: Diese Person wurde in der Vergangenheit oft verglichen (mit Geschwistern z. B.) und war vielleicht der Hoffnungsträger der Familie. Sie will immer alles perfekt machen, kann Lob jedoch nicht annehmen, obwohl sie diesen dringend braucht. Dieser Demenzkranke eckt mit seinem Verhalten oft an, weil er seine Umgebung sehr genau beobachtet und jeden Fehler kommentiert. Seine eigenen Unzulänglichkeiten versucht er jedoch zu verleumden.
Reaktion: Nutzen Sie in der Kommunikation mit diesem Demenzkranken bewusst einen Wortschatz, der Leistung und Perfektionismus anspricht. Sagen Sie also Sätze wie „Wir wollen die perfekte Pflege für sie finden“ oder „perfekt gemacht“.
Existenzbedrohung
Verhalten: Vor allem Demenzkranke, die aus einem Elternhaus kommen, in dem Sicherheit nicht vermittelt werden konnte – sei es aus epochalen (Krieg) oder anderen Gründen – leiden oft unter einer allgegenwärtigen Existenzbedrohung. Um Sicherheit zu erlangen, suchen sie stets die Aufmerksamkeit des Pflegepersonals, indem sie ständig läuten, schreien oder klagen. Diese Sehnsucht nach Sicherheit kann sich auch dadurch äußern, dass die Person (gestohlene) Dinge hortet oder anderen gegenüber besserwisserisch auftritt.
Reaktion: Versuchen Sie dem Betroffenen ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Zeigen und sagen Sie ihm, dass es Ihnen wichtig ist, dass er oder sie sich sicher bei Ihnen fühlt.
Beziehungsgestaltung bei Menschen mit Demenz
Menschen mit Demenz sollen in einer Welt zurechtkommen, die von den Vorstellungen kognitiv gesunder Menschen geprägt ist, während sie selbst die Auflösung ihrer inneren und äußeren Strukturen sowie das Ende ihrer Personalität erleben. Wird der Demenzkranke dann auch noch „anonym“, z. B. von einer Aushilfskraft, behandelt, werden seine Ängste nur bekräftigt und nehmen weitere Ausmaße an.
Um die Verhaltensstörungen Demenzkranker nicht auch noch durch soziale Faktoren zu verstärken, ist die Beziehungsgestaltung zu ihnen von enormer Bedeutung. Das Handbuch „Pflege und Beziehungsgestaltung bei Menschen mit Demenz“ wurde genau dafür konzipiert und richtet sich an Pflegedienstleitungen aus ambulanten sowie stationären Pflegeeinrichtung und Krankenhäusern.
Quellen: „Pflege und Beziehungsgestaltung bei Menschen mit Demenz“, Hermine Elkaffas