Welche Schmerzarten gibt es? – Übersicht für medizinische Fachkräfte

05.05.2025 | T. Reddel – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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Schmerzen sind ein häufiger Bestandteil vieler Krankheitsbilder. Für ein möglichst effektives Schmerzmanagement sollten medizinische Fachpersonen die häufigsten Schmerzarten und ihre Beschreibungen kennen. Aber welche Schmerzarten werden unterschieden, wie beschreiben Betroffene die Schmerzen und in welche Kategorien lassen sie sich einteilen?

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist die Definition von Schmerz in der Pflege?
  2. Welche Einteilung gibt es bei Schmerzen? – Tabellen und Beispiele
    1. Akute Schmerzen
    2. Chronische Schmerzen
    3. Neuropathische Schmerzen
    4. Nozizeptive Schmerzen
    5. Mixed Pain
  3. Behandlung der Schmerzarten

Was ist die Definition von Schmerz in der Pflege?

Ein Schmerz ist ein komplexes, subjektives Phänomen, das sowohl auf eine Erkrankung hindeuten als auch ein eigenständiges Krankheitsbild sein kann. Die Weltschmerzorganisation IASP definiert Schmerz als ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit tatsächlichem oder potenziellem Gewebeschaden verbunden ist oder in Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.

Dabei zeichnen sich Schmerzen vor allem durch folgende Aspekte aus:

  • Schmerz ist subjektiv: Jeder Mensch empfindet und beschreibt ihn individuell.
  • Er kann akut (zeitlich begrenzt, Warnfunktion) oder chronisch (langandauernd, Krankheitswert) sein.
  • Schmerz entsteht durch die Aktivierung von Nozizeptoren (Schmerzrezeptoren), die auf thermische, mechanische oder chemische Reize reagieren.
  • Die Schmerzleitung erfolgt über das periphere und zentrale Nervensystem (Rückenmark, Thalamus, somatosensorischer Cortex).

In der Pflege wird Schmerz unter Berücksichtigung körperlicher, psychischer und sozialer Aspekte betrachtet. Das dazugehörige Schmerzmanagement umfasst unter anderem die Schmerzerfassung, -dokumentation und -linderung. Zur Schmerzbeurteilung nutzen die Pflegekräfte standardisierte Skalen wie die numerische Rating-Skala (NRS), die visuelle Analogskala (VAS) oder die Beurteilung von Schmerz bei Demenz (BESD).

Was sind Schmerzarten?

Schmerzarten kategorisieren verschiedene Beschreibungen und Wahrnehmungen von Schmerzen. Das soll sie greifbarer machen und so die Diagnostik, Therapieplanung und Verlaufskontrolle erleichtern. Aber wie lassen sich Schmerzarten unterteilen?

Welche Einteilung gibt es bei Schmerzen? Tabellen und Beispiele

Schmerzen können etwa anhand ihrer Dauer, der Lokalisation, der Intensität und Qualität oder des Verlaufs unterschieden werden. Wir stellen die geläufigsten Einteilungen vor.

Akute Schmerzen

Sie stellen die häufigsten und geläufigsten Schmerzen dar. Akute Schmerzen umfassen sämtliche unangenehme sensorische, emotionale und mentale Empfindungen, die mit vegetativen, psychologischen und Verhaltensreaktionen einhergehen. Hierzu gehören beispielsweise Verbrennungen, Knochenbrüche, ischämische Gewebeschäden und entzündliche Erkrankungen. Diese Schmerzen treten plötzlich auf und sind meist zeitlich begrenzt. Die Entstehung akuter Schmerzen wird „Nozizeption“ genannt.

Akute Schmerzen lassen sich wie folgt unterteilen:

Kategorie Dauer Ursache
Akute Schmerzen Wenige Tage Akute Krankheit
Subakute Schmerzen Über eine Woche bis zu mehreren Monaten Meist nozizeptiv oder viszeral
Persistierende subakute Schmerzen Bis zu mehreren Jahren, keine zeitliche Begrenzung Nicht oder nicht ausreichend behandelbare Krankheiten wie Tumorleiden oder rheumatoide Arthritis
Rezidivierende akute Schmerzen Unterschiedlich, mit schmerzfreien Phasen Meist organische Erkrankung, zum Beispiel Migräne

Chronische Schmerzen

Chronische Schmerzen sind Schmerzen, die länger als die gewöhnliche Heilungszeit anhalten. Es gibt keine akute Warnfunktion der physiologischen Nozizeption, sodass chronische Schmerzen zu einer eigenständigen Erkrankung werden können.

Hierfür gibt es zwei Oberkategorien:

  • Chronisch primär: Die chronischen Schmerzen sind das vorrangige Symptom einer Erkrankung.
  • Chronisch sekundär: Die Schmerzen ergeben sich aus einer chronischen Störung.

Insgesamt ist folgende Unterteilung möglich:

Kategorie Beschreibung
Chronisch primäre Schmerzsyndrome
  • Schmerzen in einer anatomischen Region, die entweder persistieren oder für länger als drei Monate anhalten und funktionelle Behinderungen oder emotionalen Stress verursachen
  • Können keiner anderen chronischen Schmerzstörung zugeordnet werden
Chronisch sekundäre Schmerzsyndrome
  • Schmerzen lassen sich auf eine bestimmten Krankheit zurückführen und gelten als Symptome dieser Erkrankung
Chronisch krebsbedingte Schmerzen
  • Schmerzen durch einen Primärtumor, Metastasen oder Krebsbehandlungen (einschließlich Chemotherapie, Operation und Strahlentherapie)
Chronisch postoperative oder posttraumatische
Schmerzen
  • Schmerzen nach einer Operation oder einem Trauma
Chronisch neuropathische Schmerzen
  • Erkrankung oder Läsion des somatosensorischen Nervensystems
Chronisch Kopfschmerzen, orofaziale Schmerzen
  • Schmerzen, die für mehr als zwei Stunden täglich an 50 Prozent der Tage über einen Zeitraum von drei Monaten auftreten
Chronisch sekundäre viszerale Schmerzen
  • Wiederkehrender oder persistierender Schmerz, der aus den inneren Organen des Halses und/oder Kopfes sowie aus den Hohlräumen des Brustkorbs, des Abdomens und des Beckens stammt
Chronisch sekundäre Muskel-Skelett-Schmerzen
  • Wiederkehrende oder anhaltende Schmerzen in Verbindung mit einer Erkrankung der Knochen, Muskeln, Gelenke oder Weichteile

Diese Einteilung hilft bei der Diagnose und Behandlung der Betroffenen. Überdies können chronische Schmerzen in neuropathische und Nozizeptorschmerzen unterschieden werden.

Neuropathische Schmerzen

Bei neuropathischen Schmerzen ist das zentrale oder periphere Nervensystem, das nozizeptive System, geschädigt. Hierzu gehören beispielsweise diabetische Neuropathie, Zosterneuralgie und Phantomschmerzen nach Amputationen. Auch Schmerzen nach einem Bandscheibenvorfall oder aufgrund einer Tumorerkrankung gehören zu den neuropathischen Schmerzen. Die Betroffenen beschreiben die Schmerzen oft als schneidend, bohrend oder stechend.

Darüber hinaus umfasst diese Kategorie Schmerzsyndrome wie das Complex Regional Pain Syndrome (CRPS, Morbus Sudeck) und Neuralgien.

Nozizeptive Schmerzen oder Nozizeptorschmerzen

Sie entstehen durch die direkte Reizung von Schmerzrezeptoren und werden über ein definiertes afferentes (aufsteigendes) System in das zentrale Nervensystem geleitet. Im Vergleich zu meuropathischem Schmerzen ist das Nervensystem hier intakt. Solche Schmerzen werden häufig entweder als stechend und scharf oder als dumpf und ziehend beschrieben, wobei der Schmerz oft nicht lokalisiert werden kann.

Beispiele: Schmerzen in Bändern, im Bewegungsapparat, in der Wirbelsäule; viszerale Schmerzen, Migräne

Zusätzlich können nozizeptive Schmerzen weiter kategorisiert werden:

Kategorie Beschreibung
Somatische Nozizeptorschmerzen Gereizte Schmerzrezeptoren in Haut, Knochen, Skelettmuskulatur, Sehnen, Faszien oder Gelenken
Viszerale Nozizeptorschmerzen Erregte Nozizeptoren in den inneren Organen von Brust, Bauch und Becken
Lokale Schmerzen Örtlich klar begrenzter Schmerz
Übertragene Schmerzen Schmerz wird an einer anderen Stelle als dem auslösenden Stimulus wahrgenommen

Hinweis: Die einzelnen Schmerzarten lassen sich nicht immer klar voneinander trennen. Manche oder Teile von ihnen können sich überschneiden. Dies können sogenannte Mixed Pain („gemischte Schmerzen“) sein.

Mixed Pain

Treten nozizeptive und neuropathische Schmerzen gleichzeitig auf, kann von „Mixed Pain“ gesprochen werden. Solche Schmerzen sind meist dumpf, drückend, kribbelnd und blitzartig und treten an einer Lokalisation auf. Sie können akut entstehen oder langfristig chronisch werden.

Typische Beispiele für Mixed Pain sind:
  • Rückenschmerzen
  • Nackenschmerzen
  • Chronische Schmerzen nach operativen Eingriffen

Lässt sich ein Schmerz entsprechend kategorisieren, kann das Schmerzmanagement darauf ausgerichtet werden.

Behandlung der Schmerzarten

Ein umfassendes Schmerzmanagement erfordert neben der Einordnung der Schmerzart eine angemessene medikamentöse, eventuell chirurgische und psychologische Behandlung.

Psychologische Angebote kommen insbesondere für Personen mit chronischen Schmerzen infrage. Denn die menschliche Psyche bestimmt zum Beispiel die emotionale Stimmung, den Umgang mit täglichem Schmerzerleben (Schmerzbewältigung) und die dauerhaften Belastungen im privaten und beruflichen Alltag. Deshalb sollten bei der Anamnese auch der bio-psychosoziale Aspekt und die persönlichen Rahmenbedingungen der Betroffenen untersucht werden.

Wie das Schmerzmanagement konkret gestaltet werden kann, lässt sich etwa anhand interner Pflegestandards und des allgemeingültigen Expertenstandards „Schmerzmanagement“ festlegen. Darüber hinaus können sich Pflegekräfte und andere Fachkräfte mithilfe von Fortbildungen weiterqualifizieren. So können sie noch gezielter auf Personen mit akuten oder chronischen Schmerzen eingehen.

Quellen: E-Learning „DEKRA-zertifizierte/r Schmerzexperte/-expertin“, International Association for the Study of Pain (IASP), Deutsche Schmerzgesellschaft e. V.

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