DIN 18920: Baumschutz auf Baustellen – Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen
17.11.2025 | S. Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH
Die DIN 18920 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen“ ist die zentrale Norm, wenn es um den Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen im Landschaftsbau geht. Sie gilt bundesweit als anerkannte Regel der Technik und definiert verbindliche Standards zum Baumschutz auf Baustellen, die bei jeder baulichen Anlage berücksichtigt werden müssen. Welche neuen Pflichten Bauplaner, Architekten und Bauunternehmen ab 2025 erwarten und wann Bußgelder bei Verstößen drohen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
- Bedeutung und Anwendungsbereich der DIN 18920
- DIN 19820 aktuelle Fassung und DIN 18920 Entwurf
- Schädigung von Wurzeln durch Grab- oder Fundamentierungsarbeiten nach DIN 18920
- FAQ – häufige Fragen zur DIN 18920
- Fazit: DIN 18920 als unverzichtbares Instrument
Bedeutung und Anwendungsbereich der DIN 18920
Gemäß DIN 18920 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen“ (Ausgabe Juli 2014) sind erhaltenswerte Bäume, Pflanzenbestände und Vegetationsflächen während Baumaßnahmen so zu schützen, dass sie durch die Bautätigkeit keinerlei Schaden nehmen können.
Die Schutzmaßnahmen gelten sowohl für innerstädtische als auch für außerstädtische Bauvorhaben. Sie sind stets auf das jeweilige Projekt hin abzustimmen. So sind die Maßnahmen in Abhängigkeit von Art, Dauer und Umfang der Maßnahme wie auch vom vorhandenen Pflanzenbestand zu wählen.
Hintergrund dieser Norm ist die Tatsache, dass Vegetationsbestände zumeist erst nach Jahren ihre eigentliche ökologische, gestalterische oder auch klimatische Funktion erreicht und sich eine Ersatzpflanzung im Fall eines Ausfalls erst wieder über Jahre entwickeln muss. In den meisten Kommunen sind daher entsprechende Schutzmaßnahmen bei der Durchführung von Baumaßnahmen verpflichtend. Oft überprüft die örtliche Bauleitung sogar die fachgerechte Ausführung.
Zudem verweist die DIN 18920 auf die Regelungen der RAS-LP 4 (Richtlinie für die Anlage von Straßen, Teil Landschaftspflege, Abschnitt 4 „Schutz von Bäumen, Vegetationsbeständen und Tieren bei Baumaßnahmen“). Diese enthalten weitere Regelungen, Angaben und vor allem Regeldetails.
DIN 18920 und Schadensursachen
Als wesentliche Ursachen für die Schädigung der Vegetationsbestände nennt die DIN 18920 unter anderem folgende Punkte:
- Bodenverdichtungen durch Verkehrslasten: Vorgaben für Verkehrslasten Verkehrslasten müssen zeitlich befristet und möglichst klein gehalten werden.
- Baugrundverdichtungen durch (eigentlich erwünschte) Bodenverbesserungsmaßnahmen im Verkehrswegebau: Diese umfassen Verdichten, Kalken etc., Versiegelung des Wurzelbereichs durch Einbau von Belägen.
- Bodenauf- und -abtrag: Im Wurzelbereich darf kein Boden abgetragen werden
- Mechanische Schädigung von Wurzeln durch Grabarbeiten im Wurzelbereich sowie von Ästen und Stämmen durch Baumaschinen: Wurzel-, Stamm- und Astschutz ist zu gewährleisten durch Errichtung eines ca. 2,00 m hohen ortsfesten Schutzzaunes
- Schädigung von Wurzeln durch Grab- oder Fundamentierungsarbeiten
- Grundwasserveränderungen, Vernässung und Überstauung
- Chemische Verunreinigungen durch pflanzen- und bodenschädigende Abfälle und Baustoffreste wie Lösemittel, Mineralöle, Säuren, Laugen, Farben, Zemente und andere Bindemittel etc
- Nachträgliches Freistellen von älteren Bäumen durch Rodung von Nachbarbäumen
- Hitze- und Verbrennungsschäden zum Beispiel durch Abgase von Baumaschinen, Gasbrenner
DIN 19820 aktuelle Fassung und DIN 18920 Entwurf
Die derzeit gültige Ausgabe der DIN 18920 aktuell stammt vom Juli 2014. Gegenüber der Vorgängerversion von 2002 wurden unter anderem redaktionelle Überarbeitungen sowie Überarbeitungen der Abschnitte zu Schutz vor Hitze, Wurzelvorhang, Gründungen und befristeter Belastung vorgenommen.
Ist die DIN 18920 noch aktuell?
Aktuell wird die Norm überarbeitet – ein Entwurf DIN 18920:2025-09 ist bereits veröffentlicht. Gegenüber der Norm-Fassung von 2014 wurde dabei ein Abschnitt zu Voruntersuchungen aufgenommen und eine Unterscheidung der Maßnahmen „Schutzmaßnahmen“ und „Maßnahmen zur Schadensminimierung“ ergänzt. „Abschnitt 5:
Nach den Erfordernissen des Einzelfalls wird festgelegt, ob zum Schutz von Bäumen und Pflanzenbeständen ein vegetationstechnischer Zustandsbericht mit folgenden Angaben verfasst werden muss:
- georeferenzierte Standortkoordinaten (Lage, Geländehöhe)
- Gattung/Art, Vegetationstyp
- Altersabschätzung
- Einschätzung der Erhaltungswürdigkeit, gegebenenfalls mit Reststandzeit
- Höhe der Bäume und Vegetation
- Umfeld der Vegetation
- bei Bäumen und baumartigen Gehölzen zusätzlich:
− Kronenausdehnung (Durchmesser, Asymmetrie)
− Stammumfang in 1 m Höhe
− Höhe Kronenansatz/ Lichtraumprofil
− Zustand des Baumes nach ‚Baumkontrollrichtlinien – Richtlinien für Baumkontrollen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit‘
− Wurzelsondierung zur Erfassung der Wurzellage und Wurzelausbreitung.“
Produktempfehlung:
Baumschutz nach DIN 18920 ist auch eine Frage der richtigen Ausschreibung: Erfahren Sie in „Das neue Vergaberecht“, worauf es bei der Vergabe von Baumaßnahmen mit Baumbestand ankommt und wie Sie Ihre Projekte rechtssicher gestalten.
Schädigung von Wurzeln durch Grab- oder Fundamentierungsarbeiten nach DIN 18920
Gräben, Mulden und Baugruben dürfen im Wurzelbereich nur in begründeten Ausnahmefällen ausgeführt werden.
Vorgaben zum Schutz von Wurzeln
Die Herstellung muss im Mindestabstand vom 4-Fachen des Stammumfangs (bei Stämmen unter 20 cm Umfang von mindestens 2,50 m) in wurzelschonenden Arbeitsverfahren (Handarbeit, Absaugen) erfolgen.
Der Wurzelbereich soll möglichst unterfahren werden. Wurzelverletzungen sind zu vermeiden bzw. fachgerecht zu versorgen.
Wurzeln über 2 cm Durchmesser dürfen nicht durchtrennt werden. Kleinere sind schneidend mit glatten Schnittflächen zu durchtrennen und mit wachstumsfördernden Stoffen zu behandeln. Bei größeren Wurzelverlusten ist ggf. ein ausgleichender Kronenschnitt erforderlich.
Freigelegte Wurzeln müssen gegen Austrocknen und Frost geschützt werden. Das Wiederverfüllen muss mit Stoffen erfolgen, die eine dauerhafte Belüftung zur Wurzelregeneration ermöglichen. Gemäß DIN 18196 „Erd- und Grundbau“ sind dies weit und intermittierend gestufte Kiese (GW und GI).
→ Sind Wurzelverluste nicht zu vermeiden, ist ein Wurzelvorhang in wurzelschonender Bauweise zu erstellen.
Anforderungen an den Wurzelvorhang nach DIN 18920 |
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| Timing: | Ein Wurzelvorhang ist immer mindestens eine Vegetationsperiode vor Baubeginn herzustellen. |
| Mindestabstand zum Stamm: | Das Vierfache des Stammumfanges gemessen in 1 m Höhe, bei Stämmen unter 20 cm Umfang mindestens 2,5 |
| Breite: | Mindestens 25 cm |
| Tiefe: | Den durchwurzelten Bereich umfassen, höchstens bis zur Sohle der Baugrube reicht |
| Länge: | Die gesamte Länge des zu schützenden Wurzelbereichs |
| Gründungen: | Gründungen dürfen im Wurzelbereich nur in Ausnahmefällen und nur als Punktfundamente erstellt werden. Diese dürfen den Baum und dessen Wurzelwerk nicht beeinträchtigen. |
FAQ – häufige Fragen zur DIN 18920
1. Was ist DIN 18920?Die DIN 18920 ist die zentrale deutsche Norm für den Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen. Sie trägt den vollständigen Titel "Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen".
Die DIN 18920 definiert verbindliche Schutzmaßnahmen für zu erhaltende Vegetation während der gesamten Bauphase. Dazu gehören unter anderem die Festlegung von Schutzbereichen, die Errichtung von Schutzzäunen, Stammschutzvorrichtungen, Vorkehrungen gegen Bodenverdichtung sowie spezielle Maßnahmen wie der Wurzelvorhang bei unvermeidbaren Eingriffen im Wurzelbereich.
Als Grundlage für Ausschreibungen, Verträge und Baustellenkontrollen schafft die Norm rechtliche Klarheit zwischen Bauherren, Architekten, Baufirmen und Behörden. Verstöße gegen die DIN 18920 können zu Bußgeldern, Schadensersatzforderungen und behördlichen Auflagen führen.
2. Warum muss Vegetation nach DIN 18920 geschützt werden?
Der Schutz ist notwendig, weil der ökologische, klimatische und ästhetische Wert existierender Bäume durch Ersatz nicht oder erst nach Jahren erreicht werden kann.
- Funktionen: Bäume filtern Schadstoffe, kühlen durch Verdunstung um bis zu acht Grad Celsius und tragen zum Wohnklima bei. Sie verbessern die Gesundheit und das psychische Wohlbefinden sowie die Biodiversität durch Lebensräume für Tiere.
- Ökonomie: Alte Bäume können nicht adäquat ersetzt werden – eine Neupflanzung benötigt Jahrzehnte. Die Kompensation ist extrem kostspielig oder unmöglich.
Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung verlangt Schutz vor Schadensminderung.
3. Wie hoch muss ein Baumschutz sein?
Nach DIN 18920 muss der Schutzzaun eine Mindesthöhe von 2,0 Metern haben. Er muss den gesamten Wurzel- und Kronenbereich mit 1,5 m Abstand zur Kronentraufe umschließen. Bei Säulenformen beträgt der Abstand 5,0 m.
Der Zaun muss vor Baubeginn errichtet und für die gesamte Bauphase aufrechterhalten werden.
Zusätzlich sind Stammschutzvorrichtungen anzubringen, die nicht auf die Wurzelanläufe aufgesetzt werden dürfen. Bewährt haben sich Baumschutzmanschetten aus Holzbohlen mit Abstandshaltern.
4. Welche Richtlinie ersetzt die RAS-LP 4?
Die RAS-LP 4 wurde 2023 durch die R SBB 2023 ersetzt. Die R SBB steht für „Richtlinien zum Schutz von Bäumen und Vegetationsbeständen bei Baumaßnahmen" und wurde von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) herausgegeben.
Die R SBB 2023 konkretisiert die DIN 18920 speziell für Straßen- und Verkehrswegebau mit grafischen Darstellungen und detaillierten Ausführungshinweisen. Beide Regelwerke ergänzen sich: Die DIN 18920 gilt für alle Baumaßnahmen, die R SBB für Straßenbauvorhaben
5. Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es für den Baumschutz bei Baumaßnahmen?
Der Baumschutz basiert auf mehreren rechtlichen Ebenen:
- Bundesebene: Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) mit seiner Eingriffsregelung (§§ 13-18) verlangt Vermeidung von Beeinträchtigungen und Kompensation unvermeidbarer Schäden. § 44 schützt besonders geschützte Arten.
- Kommunale Ebene: Städte und Gemeinden erlassen Baumschutzverordnungen auf Basis von § 29 BNatSchG, die bestimmte Bäume ab Stammumfangsgrößen unter Schutz stellen.
- Technische Regelwerke: Die DIN 18920 als anerkannte Regel der Technik konkretisiert die gesetzlichen Anforderungen und wird in Baugenehmigungen oft verbindlich erklärt.
Fazit: DIN 18920 als unverzichtbares Instrument
Das Fazit zur DIN 18920 fällt eindeutig aus: Die Norm etabliert einen verbindlichen Schutzrahmen für erhaltenswerte Vegetation bei Baumaßnahmen, der ökologische und klimatische Funktionen langfristig sichert. Die 2014er Fassung definiert klare Schutzmaßnahmen – von 2 m hohen Schutzzäunen bis zum Wurzelvorhang – und konkretisiert Schadensursachen wie Bodenverdichtung oder chemische Verunreinigungen.
Die aktuelle Überarbeitung (Entwurf 2025) ergänzt sinnvolle Differenzierungen zwischen Schutz- und Schadensminimierungsmaßnahmen sowie detaillierte Voruntersuchungsanforderungen. Rechtlich verankert durch das Naturschutzgesetz und kommunale Baumschutzverordnungen, bleibt die DIN 18920 als anerkannte Regel der Technik unverzichtbar für nachhaltiges Bauen.
Quellen: www.dinmedia.de; „Planungshandbuch Straßen- und Wegebau. Konstruktion, Bemessung, Bauüberwachung für Neubau und Erhalt von Verkehrsflächen“; „Der Hausmeister“;