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Definition: ASR – ASR V3a.2 nach BAuA
Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten, kurz ASR, werden von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) formuliert. Arbeitgeber finden in den ASR alle notwendigen Maßnahmen, um ihr Unternehmen bzgl. Sicherheit und Arbeitsschutz zu gestalten.
Die in der ASR V3a.2 zusammengefassten Anhänge regeln die Sicherheit und dem Gesundheitsschutz von Beschäftigten mit Behinderungen. Sie gelten als ergänzende Anhänge der ASR, die die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten vorgeben und konkretisieren. Damit sollen Menschen mit Behinderung die Möglichkeit und Unterstützung erhalten, an einem Arbeitsplatz arbeiten zu können.
Was ist eine ASR?
Alle Technischen Regeln für Arbeitsstätten beinhalten konkrete Anforderungen zur Technik, Sicherheit und Hygiene in Arbeitsstätten. Hält sich der Arbeitgeber an die Vorgaben der ASR, kann er davon ausgehen, dass die gesetzlichen Bedingungen erfüllt sind. Zwar ist er nicht dazu verpflichtet, die Anforderungen der ASR zu erfüllen, muss in diesem Fall aber auf anderem Weg mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleisten.
Solche Sicherheitsmaßnahmen, die der Arbeitgeber veranlassen muss, befassen sich mit den räumlichen und technischen Vorgaben der Arbeitsstätte. Hierfür relevant sind z. B. die Vorgaben der ASR A1.2 zu Raumabmessungen und Bewegungsflächen. Auch die ASR A3.6 ist für Arbeitgeber entscheidend: Sie enthält konkrete Anforderungen an die Lüftung im Betrieb.
Was regelt die ASR V3a.2?
In der ASR V3a.2 befinden sich ausschließlich Anhänge zur ASR V3, die sich mit speziellen Vorgaben zur Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsstätte befassen. Dabei legt die ASR V3a.2 Fokus auf Menschen mit Behinderung. Eine genaue Auflistung der Anhänge der ASR V3a.2 enthält dieser Abschnitt des Beitrags.
Die ASR V3 erklärt Arbeitgebern, wie sie ihre Gefährdungsbeurteilung nach § 3 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) durchführen müssen. Bei der Beurteilung prüfen sie die Arbeitsbedingungen im Unternehmen nach Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
Eine Übersicht mit allen wichtigen Technischen Regeln der ArbStättV enthält das Praxishandbuch „Die neue Arbeitsstättenverordnung“. Es beinhaltet alle gültigen Arbeitsschutzregeln und unterstützt Arbeitgeber durch konkrete Handlungsempfehlungen, die Anforderungen der ArbStättV rechtssicher umzusetzen.
Menschen mit körperlichen Einschränkungen, seien es Seh-, Hör- oder Gehbehinderungen, haben spezielle Bedürfnisse, die auch Arbeitgeber berücksichtigen und in der Gestaltung des Arbeitsumfelds einbringen müssen. Mit der ASR V3a.2 sollen Menschen mit Behinderung auch am Arbeitsplatz so weit und umfangreich wie möglich teilnehmen können. Dieses Ziel erfordert eine entsprechende barrierefreie Gestaltung der Arbeitsstätten, wie sie die ASR V3a.2 formuliert.
Bei der Gestaltung von Arbeitsstätten können viele Barrieren entstehen, die man als Mensch ohne Einschränkungen oft nicht bedenkt. Es gibt zum einen räumliche Barrieren wie Treppen oder andere Hindernisse, die für Menschen mit einer Gehbehinderung zu berücksichtigen sind. Aber auch optische, akustische oder soziale Barrieren sind möglich. So sind z. B. Beschriftungen von Fluchtwegen für Sehbehinderte nicht wahrnehmbar, ein Feueralarm muss für hörgeschädigte Menschen durch andere Mittel erkennbar sein und alle Arbeitnehmer müssen sich über eine Kommunikationsform mit dem Umfeld austauschen können.
Diese Dringlichkeit hat auch die BAuA erkannt und im März 2021 einige Neuerungen bei den Anhängen aus der ASR V3a.2 bekannt gegeben.
ASR V3a.2: Neuerungen 2021
Am 24.03.2021 hat die BAuA zwei neue Anhänge der ASR V3a.2 veröffentlicht. Die erste Änderung befasst sich mit dem Brandschutz, die zweite Neuerung regelt die räumlichen Voraussetzungen für Pausen- und Aufenthaltsräume.
Neuer Anhang zum Brandschutz: Maßnahmen gegen Brände
Bei den Maßnahmen gegen Brände in Arbeitsstätten müssen Arbeitgeber besonders berücksichtigen, dass Arbeitnehmer mit Behinderung auch hier auf spezielle Vorrichtungen angewiesen sind. Hierbei muss der Arbeitgeber folgende Faktoren nach ASR V3a.2 beachten:
- Wahrnehmbarkeit
- Erkennbarkeit
- Erreichbarkeit
- Nutzbarkeit für alle Arbeitnehmer
Der neue Anhang der ASR V3a.2 geht auch auf folgende Aspekte des anlagentechnischen Brandschutzes näher ein und gibt ggf. Beispiele, wie Arbeitgeber diese behindertengerecht umsetzen können.
Maßnahme | Anforderung nach ASR AV3a.2 | Beispiel |
Alarmsignale | Bei Alarmsignalen muss immer das Zwei-Sinne-Prinzip beachtet werden, was als wichtiges Prinzip der barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten gilt. Dabei müssen mindestens zwei der drei Sinne „Hören, Sehen und Tasten“ angesprochen werden, damit möglichst viele Personen die Einrichtung nutzen können. Laut der ASR V3a.2 muss ein Alarmsignal mindestens akustisch und optisch wahrgenommen werden können. Hörgeschädigte können akustische Alarmsignale nicht wahrnehmen, daher muss der Arbeitgeber den Alarm auch optisch, verdeutlichen, z. B. durch Alarmlichter. Entsprechendes gilt umgekehrt für Menschen mit Sehbehinderungen. |
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Brandmelder | Ebenso müssen nichtautomatische Brandmelder für jeden Arbeitnehmer wahrnehmbar, erkennbar, erreichbar und nutzbar sein. Neben dem Zwei-Sinne-Prinzip kommt hier noch die Erreichbarkeit zum Tragen. Für Rollstuhlfahrer oder kleinwüchsige Beschäftigte muss die Betätigung der Bedienelemente von Brandmeldern gewährleistet sein. Die nichtautomatischen Brandmelder sollten wandmontiert oder als Rufsäule auf einer geringeren Höhe angebracht sein. | |
Meldeeinrichtungen | Um Notrufe schnell und verständlich zu übermitteln, sind Meldeeinrichtungen notwendig, die für Arbeitnehmer mit Behinderung sinnvoll und schnell zu bedienen sind. |
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Feuerlöscher | Bei der Gestaltung von behindertengerechten Arbeitsstätten ist auch auf die Wahl der Feuerlöscheinrichtungen zu achten. Vor allem sind dabei Beschäftigte mit Gehbehinderung oder Einschränkungen der Hand-Arm-Motorik zu berücksichtigen. |
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Daneben definiert die ASR V3a.2 mögliche organisatorische Maßnahmen für das Verhalten im Brandfall. Das Zwei-Sinne-Prinzip spielt auch bei diesem Aspekt eine wichtige Rolle.
Organisatorischer Brandschutz für Menschen mit Behinderung
Für Beschäftigte mit kognitiven Behinderungen ist im Brand- oder Notfall eine verständliche Informationsübermittlung notwendig, zum Beispiel durch die Verwendung von Leichter Sprache. Gegebenenfalls muss laut ASR V3a.2 eine ausreichende Anzahl eingewiesener Personen Arbeitnehmern mit Behinderungen auf bestehende oder drohende Gefahren hinweisen, ihnen behilflich sein und sie begleiten.
Für Sehbehinderte ist bei der Kennzeichnung von Fluchtwegen der Tastsinn als Informationsvermittler bestimmend. Wegweiser in Brailleschrift oder haptische Bodenleitsysteme sorgen dafür, dass auch sie sich im Notfall in Sicherheit bringen können.
Anhang der ASR V3a.2 zu Pausen – und Bereitschaftsräumen
Laut ASR V3a.2 muss der Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten einen Pausenbereich zur Verfügung stellen, falls die Behinderung eines Arbeitnehmers dies erforderlich macht. Der Anhang A4.2 der ASR V3a.2 behandelt die ergänzenden Anforderungen für Pausen- und Bereitschaftsräume. Bei der barrierefreien Gestaltung für diese Bereiche der Arbeitsstätte muss der Arbeitgeber insbesondere auf die Belange von Angestellten mit psychischen und physischen Beeinträchtigungen beachten.
Pausen- und Bereitschaftsräume müssen von jedem Arbeitsplatz aus, unabhängig von der Entfernung, innerhalb von fünf Minuten erreichbar sein. Das ist nicht nur durch kurze Wege oder eine ausreichende Anzahl solcher Räume und Bereiche zu bewerkstelligen, sondern auch durch betriebliche Verkehrsmittel und andere Hilfsmittel.
Ebenso müssen laut ASR V3a.2 Anhang A4.2 Pausen- und Bereitschaftsräume für alle Arbeitnehmer klar gekennzeichnet werden. Dafür bietet sich für Sehbehinderte eine visuell kontrastierende bzw. für blinde Menschen taktil erfassbare Kennzeichnung an.
Besonderen Anforderungen für Gehbehinderte
Für Beschäftigte, die einen Rollstuhl benutzen müssen, ist nicht nur ein ausreichend breiter Zugang zu den Pausenräumen vorgeschrieben. Auch eine Mindestgröße der Bewegungsfläche von mindestens 1,50 m x 1,50 m muss der Arbeitgeber in seiner Arbeitsstätte vorweisen, um das Umsetzen vom Rollstuhl auf eine andere Sitzgelegenheit zu ermöglichen. Außerdem sind zusätzliche Flächen notwendig, um neben Rollstühlen weitere Gehhilfen wie Rollatoren abzustellen.
Darüber hinaus muss der Arbeitgeber nach ASR V3a.2 darauf achten, dass Arbeitnehmer mit Behinderung ggf. eine persönliche Assistenz, Assistenzhunde oder medizinische Hilfsmittel benötigen. Auch sie benötigen zusätzlichen Raum. Des Weiteren sollen Mobiliar und Nutzungsflächen in Pausenräumen bestenfalls unterfahrbar und Bedienelemente (z. B. Schalter, Zapfstellen, Griffe) für jeden erreichbar sein.
Anhänge der ASR V3a.2: Übersicht der Inhalte
Die folgende Tabelle enthält eine vollständige Auflistung der einzelnen Anhänge zur Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsstätten (ASR V3).
Anhang zu ASR | Inhalt |
A1.2 | Raumabmessungen und Bewegungsflächen |
A 1.3 | Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung |
A 1.6 | Fenster, Oberlichter, lichtdurchlässige Wände |
A 1.7 | Türen und Tore |
A 1.8 | Verkehrswege |
A 2.2 | Maßnahmen gegen Brände |
A 2.3 | Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan |
A 3.4/7 | Sicherheitsbeleuchtung, optische Sicherheitsleitsysteme |
A 4.2 | Pausen- und Bereitschaftsräume |
A 4.3 | Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe |
A 4.4 | Unterkünfte |
Wie Arbeitgeber die Vorgaben der ASR rechtssicher umsetzen, zeigt ihnen das Handbuch „Die neue Arbeitsstättenverordnung“. Mit Checklisten und Arbeitshilfen lassen sich die Anforderungen an die eigene Arbeitsstätte einfach erfüllen!
Quelle: baua.de