Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine psychische Gefährdungsbeurteilung? – Definition
- Gesetzliche Pflicht für Arbeitgeber
- Wie oft muss eine psychische Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden?
- Wer muss die psychische Gefährdungsbeurteilung durchführen?
- Wie macht man eine psychische Gefährdungsbeurteilung?
- Psychische Gefährdungsbeurteilung: Vorlage
- Seminar Psychische Gefährdungsbeurteilung
Was ist eine psychische Gefährdungsbeurteilung? – Definition
Die psychische Gefährdungsbeurteilung ist ein arbeitsschutzrechtliches Instrument, um negative Einwirkungen auf die Psyche der Beschäftigten zu ermitteln, die mit der Arbeit zusammenhängen. Entsprechend geht es nicht darum, die psychische Verfassung oder Gesundheit der Beschäftigten zu ermitteln, sondern die psychische Belastung am Arbeitsplatz zu beurteilen.
Häufige Beispiele für psychische Gefährdungen, die sich aus der Gestaltung der Arbeitsstätte ergeben, sind:
- Lärm (z. B. Maschinenlärm, laute Geräuschkulisse in Großraumbüros)
- Klima (z. B. Zugluft, häufige Temperaturschwankungen)
- räumliche Gestaltung von Büroarbeitsplätzen (z. B. Großraumbüros, Callcenter)
- Arbeitsorganisation und Gestaltung des Arbeitsablaufs
Aber auch soziale Faktoren wie Mobbing am Arbeitsplatz und Mehrbelastungen oder der persönliche Bezug zur Arbeitsaufgabe sollten in der psychischen Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden.
Die Beurteilung kann sowohl auf Papier als auch digital am Computer festgehalten werden. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber die Ergebnisse der Untersuchung schriftlich dokumentiert. Des Weiteren ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die festgestellten Belastungen am Arbeitsplatz zu beseitigen oder wenigstens zu senken.
Psychische Gefährdungsbeurteilung: Gesetzliche Pflicht
Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Seit 2014 muss er dabei auch Aspekte der psychischen Belastung berücksichtigen, also eine entsprechende psychische Gefährdungsbeurteilung anfertigen.
Zwar ist hierfür keine gesonderte Beurteilung notwendig, wodurch der Arbeitgeber die Aspekte der psychischen Belastung in seine allgemeine Gefährdungsbeurteilung integrieren darf. Allerdings definiert das Arbeitsschutzgesetz nicht, welche konkreten Inhalte in der psychischen Gefährdungsbeurteilung vorhanden sein müssen.
Stattdessen können sich Arbeitgeber an den Technischen Regeln der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) orientieren, konkret an der ASR V3 „Gefährdungsbeurteilung“ oder der neuen Broschüre der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). Außerdem gibt es fertige Vorlagen in der „Prüf- und Dokumentationsmappe: Gefährdungsbeurteilungen“.
Warum ist die psychische Gefährdungsbeurteilung Pflicht?
Psychische Belastungsfaktoren sind deshalb verpflichtend in die Gefährdungsbeurteilung aufzunehmen, da die psychische Gesundheit einen ebenso großen Stellenwert haben sollte wie die körperliche Unversehrtheit.
Denn steigt die psychische Belastung im Arbeitsalltag, sinkt die Motivation der Mitarbeitenden, die Produktivität des Betriebs verringert sich und es kommt zu häufigeren Fehlzeiten oder Berufskrankheiten. Durch die Mehrbelastung der übrigen Beschäftigten können sich jedoch neue psychische Belastungsfaktoren ergeben, die wiederum weitere Ausfälle erzeugen.
Zudem kann sich die Fluktuationsrate erhöhen und die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber verschlechtern. Das verringert letztlich die Wettbewerbsfähigkeit am Markt und kann für finanzielle Einbußen im Betrieb sorgen.
Wie oft muss eine psychische Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden?
Die psychische Gefährdungsbeurteilung muss regelmäßig wiederholt werden, allerdings nennt das Arbeitsschutzgesetz keine konkreten Fristen. Denn für solche Belastungen existieren bislang keine verfahrensübergreifenden und allgemeingültigen Grenzwerte, wie etwa bei Gefahrstoffen oder technischen Maßvorgaben. Daher ist auch keine exakte Schwelle definierbar, wann der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen muss.
Umso wichtiger ist es, die Beurteilung kontinuierlich anzupassen. So sollte die psychische Gefährdungsbeurteilung zu folgenden Zeitpunkten erneut durchgeführt werden:
- Neueinrichtung eines Arbeitsplatzes (Erstbeurteilung)
- Änderung grundlegender betrieblicher Gegebenheiten
- (Vermehrtes) Auftreten von Arbeitsunfällen/Berufskrankheiten/Burnouts
Mithilfe der internen Erhebungsverfahren und -instrumente sollten Betriebe langfristig einen passenden Rhythmus für ihre Organisation finden. Der empfohlene Zeitraum hängt von mehreren Faktoren ab, wie der Art des Betriebs, der Branche, der Tätigkeiten vor Ort oder der Anzahl an Beschäftigten.
Wer darf die psychische Gefährdungsbeurteilung durchführen?
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber für die Erstellung der psychischen Gefährdungsbeurteilung verantwortlich. Er kann diese Aufgabe allerdings auf andere Beschäftigte übertragen, z. B. auf die Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa), den Betriebsarzt, oder eine externe Fachkraft.
Wichtig ist, dass die beauftragte Person die erforderliche Fachkunde mitbringt, um die Gefährdungen einschätzen und Maßnahmen ableiten zu können. Daher ist ggf. die Zusammenarbeit mit weiteren Experten erforderlich, um die psychische Gefährdungsbeurteilung vollumfänglich durchzuführen. So muss z. B. ein Sifa eine weitere Fachkraft hinzuziehen, falls sie sich etwa mit der Beurteilung von Arbeitsmitteln auskennt, jedoch nicht mit psychischen Belastungsfaktoren.
Dennoch befreit die Übertragung der Aufgabe den Arbeitgeber nicht von seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten. So muss er auch unabhängig von der Gefährdungsbeurteilung die psychische Gesundheit der Belegschaft am Arbeitsplatz schützen. Dafür sorgt u. a. der Betriebsrat.
Mitwirkung des Betriebsrats
Die psychische Gesundheit der Belegschaft ist nicht nur zentrales Thema des Arbeitgebers, sondern auch des Betriebsrats. Denn er muss nach § 89 BetrVG dafür sorgen, dass der Arbeitgeber die Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz sicherstellt. Hierzu gehört sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit.
So erhält der Betriebsrat bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht. Damit soll sichergestellt werden, dass sich der Arbeitgeber auch wirklich um alle gesundheitlichen Belange der Angestellten kümmert.
Wie macht man eine psychische Gefährdungsbeurteilung?
Der Ablauf einer psychischen Gefährdungsbeurteilung ist großteils identisch zur Beurteilung anderer Gefährdungen.
Anfangs kommt oftmals ein Fragebogen zum Einsatz, in welchem die Beschäftigten ihre bisherigen Erfahrungen zu psychischen Belastungsfaktoren wiedergeben sollen. Ergeben sich bei der Auswertung der Umfrage Anhaltspunkte für eine übermäßige psychische Belastung, sollte der Arbeitgeber das persönliche Gespräch suchen und gemeinsam Gegenmaßnahmen festlegen. Auch entsprechende Stressanalysen können helfen.
Ebenfalls hilfreich ist folgender Ablauf bei der Durchführung der psychischen Gefährdungsbeurteilung:
1. | Tätigkeiten und Arbeitsbereiche festlegen, die auf psychische Belastungsfaktoren geprüft werden sollen. |
2. | Psychische Belastung bei der Arbeit ermitteln (z. B. mit entsprechenden Checklisten oder Fragebögen). |
3. | Ergebnisse der Ermittlung beurteilen. |
Entstehen die Belastungen durch die Arbeitsumgebung, Arbeitsplatzgestaltung oder Verwendung von Arbeitsmitteln? Ergeben sich die Belastungen aus der Arbeitsaufgabe, Arbeitsorganisation oder den sozialen Beziehungen vor Ort? | |
4. | Geeignete Maßnahmen festlegen und umsetzen. |
→ Entweder Maßnahmen aus den spezifischen technischen Regelwerken nutzen oder mit der Sifa, dem Betriebsarzt und Experten aus der Arbeitspsychologie zusammenarbeiten. | |
5. | Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen prüfen. |
6. | Psychische Gefährdungsbeurteilung fortschreiben bzw. aktualisieren. |
7. | Ergebnisse der Beurteilung dokumentieren. |
Die genaue Form der psychischen Gefährdungsbeurteilung ist nicht vorgegeben, es gibt jedoch entsprechende Vorlagen und Musterbeurteilungen.
Psychische Gefährdungsbeurteilung: Vorlage
Auch wenn es keine gesetzlichen Vorgaben zur Schriftform der psychischen Gefährdungsbeurteilung gibt, ist es empfehlenswert, fertige Vorlagen zu nutzen. Damit sparen sich Arbeitgeber, Sifas und andere Verantwortliche Zeit und Arbeit bei der Erstellung der Beurteilung.
Eine einsatzfertige Checkliste mit praktischen Kurzerläuterungen gibt es hier:
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Weitere passende Vorlagen zum Ausfüllen bietet die „Prüf- und Dokumentationsmappe: Gefährdungsbeurteilungen“. Die Mappe enthält Checklisten und passende Maßnahmen für verschiedene Gefährdungen, etwa zu Belastungen durch die Arbeitsumgebung oder physische Gefährdungen. Damit sparen sich Arbeitgeber Zeit bei der Beurteilungserstellung, die sie für die Umsetzung passender Schutzmaßnahmen nutzen können.
Seminar Psychische Gefährdungsbeurteilung
Wer sich noch intensiver mit dem Thema psychische Gefährdungsbeurteilung auseinandersetzen will, sollte das Online-Seminar „Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen“ besuchen. In nur 3,5 Stunden lernen die Teilnehmenden dort, wie sie psychische Belastungen von Beschäftigten erkennen und wie sie passende Schutzmaßnahmen ableiten. So steigern sie langfristig die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Arbeitnehmer. Jetzt informieren!
Quellen: „Sicherheitshandbuch Arbeitsschutz“, „Prüf- und Dokumentationsmappe: Gefährdungsbeurteilungen“, DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte, betriebsrat.de