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"Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege: Definition, rechtliche Grundlagen und Alternativen"


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Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege: Definition, rechtliche Grundlagen und Alternativen

© auremar – stock.adobe.com

Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege kommen noch heute zum Einsatz, obwohl sie bewusst dem Willen der betroffenen Person widersprechen. Daher gelten hierfür strenge rechtliche Grundlagen, etwa bzgl. gerichtlicher Genehmigungen und der Dauer der Maßnahme. Aber was zählt bereits als freiheitsentziehende Maßnahme, welche Risiken sind zu beachten und welche Alternativen gibt es?

Inhaltsverzeichnis

  1. Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege? – Definition
  2. Wie oft kommt es zu freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege? – Statistik
  3. Gründe für und gegen freiheitsentziehende Maßnahmen: Pro und Contra
  4. Wann sind freiheitsentziehenden Maßnahmen zulässig? – rechtliche Grundlagen
  5. Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege beantragen
  6. Welche Alternativen gibt es zu freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege?

Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege? – Definition

Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege (FEM) sind Methoden, die bestimmte Freiheiten von Pflegebedürftigen gegen ihren Willen teilweise oder vollständig einschränken. Häufig wird dabei die Bewegungsfreiheit einer Person begrenzt, teilweise auch einhergehend mit der Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung. Solche Methoden können sowohl in der ambulanten oder häuslichen Pflege vorkommen als auch im Krankenhaus oder psychiatrischen Einrichtungen.

Als Freiheitsentzug wird dabei der Zustand definiert, bei dem die betroffene Person ihren Willen (z. B. sich frei zu bewegen) dauerhaft bzw. für einen längeren Zeitraum nicht durchsetzen kann. Es geht also nicht um den akuten Willen der Person, sondern um ihre generelle Freiheit, die durch eine pflegerische Maßnahme eingeschränkt wird – auch wenn die Person ihre Freiheit nicht in diesem Moment nutzen will. Somit können auch bei Schlafenden oder Bewusstlosen freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege angewendet werden.

Welche freiheitsentziehenden Maßnahmen gibt es in der Pflege?

Häufig eingesetzte freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege sind beispielsweise:

  • Bettgitter verwenden
  • Fixierung, z. B. durch Bauch- oder Beckengurte am Stuhl/Rollstuhl
  • Stühle mit Tischvorrichtung/Fixierstühle nutzen
  • Einsperren im Zimmer, z. B. durch Tür abschließen
  • Unterbringung in geschlossenen Einrichtungen
  • Beruhigungsmittel oder andere Medikamente gezielt zur Ruhigstellung verabreichen

Um zu entscheiden, ob eine vorliegende Situation als freiheitsentziehende Maßnahmen gewertet werden kann, ist zu prüfen, ob die pflegebedürftige Person z. B. noch ihrem natürlichen Bewegungsdrang nachkommen kann.

Zur Verdeutlichung hier ein paar Fallbeispiele:

Freiheitsbeeinträchtigung Keine Freiheitsbeeinträchtigung
  • In einer betreuten Wohngemeinschaft für Pflegebedürftige werden nachts die Zimmertüren der Bewohnerinnen und Bewohner abgeschlossen, ohne dass sie einen eigenen Schlüssel haben oder ein Pförtner die Türen jederzeit wieder öffnen kann.
  • Es werden dauerhaft technische Maßnahmen (z. B. sensorgesteuerte Weglaufsperren) genutzt, um Pflegebedürftige am Verlassen ihrer Pflegeeinrichtung zu hindern.
  • Ein Patient erhält ein Medikament, das vorrangig zur Heilung einer Erkrankung verabreicht wird und „nur“ als Nebeneffekt den Bewegungsdrang des Betroffenen begrenzt.
  • Die demente Bewohnerin einer geschlossenen Pflegeeinrichtung verlässt durch ihren ausgeprägten Bewegungsdrang das Gelände, kann aber ohne Zwang überredet werden, wieder in die Einrichtung zu kommen.

Wie so oft gilt jedoch: es kommt auf den Einzelfall an, wann eine Maßnahme als Freiheitsentzug zählt und wann nicht. Aber wie häufig werden freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege überhaupt noch genutzt?

Wie oft kommt es zu freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege? – Statistik

Die Zahl angewendeter freiheitsentziehender Maßnahmen in der Pflege sinkt seit einigen Jahren. So gab es laut Bundesamt für Justiz im Jahr 2010 bundesweit noch über 96.000 genehmigte Maßnahmen, während die Zahl 2015 auf rund 60.000 Genehmigungen sank.

Eine solche Entwicklung zeigt sich auch in den Qualitätsberichten des Medizinischen Dienstes (ehemals MDK). Während hier zwischen 2008 und 2010 noch bei ca. 20 % aller Pflegebedürftigen freiheitsentziehende Maßnahmen angewendet wurden, traf dies 2019 nur noch auf 5,6 % der untersuchten Personen zu. Es werden also immer seltener freiheitsbeschränkende Pflegemaßnahmen genutzt.

Die Praxis zeigt aber auch: von freiheitsentziehenden Maßnahmen sind v. a. Menschen mit Demenz betroffen. Sie haben oftmals einen erhöhten Bewegungsdrang, sind aggressiv oder können bestimmte Gefahren nicht mehr realistisch einordnen. Daher greifen einige Pflegekräfte zu freiheitsentziehenden Maßnahmen, auch wenn diese u. U. nicht genehmigt sind.

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Gründe für und gegen freiheitsentziehende Maßnahmen: Pro und Contra

In der Theorie dienen freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege meist der Sturzprophylaxe oder Vorbeugung anderer Verletzungen. In der Praxis beeinträchtigen sie jedoch die Muskelkraft, Mobilität und Koordinations-Fähigkeit der Betroffenen. Dadurch erhöht sich wiederum die Wahrscheinlichkeit von Stürzen. Hinzu kommt, dass freiheitsentziehende Maßnahmen Stress, Angst oder Panik bei den Pflegebedürftigen auslösen können, was ggf. zu weiteren körperlichen Verletzungen führt (blaue Flecken, Haut-Abschürfungen, Druckgeschwüre, Knochenbrüche etc.).

Damit können diese Maßnahmen die Gewalt in der Pflege fördern. Denn das Problem ist: oftmals wird die Freiheit zum Wohl der Betroffenen begrenzt, was allerdings nicht selten zu Konflikten und Diskussionen führt. Darf die Freiheit von Pflegebedürftigen eingeschränkt werden, wenn es ihrem eigenen Wohl dient, aber ihrem Willen widerspricht?

Des Weiteren besteht die Gefahr, dass Pflegekräfte den Freiheitsentzug anwenden, um einfacher mit schwer umgänglichen Pflegebedürftigen zurechtzukommen. Doch damit schaden sie nicht nur den Betroffenen, sondern auch sich selbst, da solche Motivationen für freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege strafbar sein können.

Wann sind freiheitsentziehenden Maßnahmen zulässig? – rechtliche Grundlagen

Alle freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege dürfen nur angewendet werden, wenn Gefahren für die Pflegebedürftigen oder Dritte bestehen, die sich nicht auf anderem Wege abwenden lassen. Sie dürfen nicht veranlasst werden, um Zeit zu sparen oder die Pflege zu erleichtern. Stattdessen muss der Freiheitsentzug immer dem Wohl der zu pflegenden Person dienen. Er sollte von geschultem Personal durchgeführt werden und lediglich erfolgen, wenn vorher versucht wurde, die Situation zu deeskalieren.

Zudem müssen der Wille und die Einwilligungsfähigkeit der Betroffenen genau geprüft werden. Steht beispielsweise in einer Patientenverfügung, die noch mit voller Einsichtsfähigkeit verfasst wurde, eine klare Äußerung gegen eine bestimmte Maßnahme, hat diese in jedem Fall Vorrang. Andernfalls ist eine richterliche Genehmigung beim Betreuungsgericht einzuholen.

Des Weiteren dürfen jegliche Formen der Freiheitsentziehung in der Pflege nicht länger als absolut notwendig angewendet werden. Pflegedienste, Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen sollten dafür sorgen, dass ihre Beschäftigten stets verantwortungsvoll mit freiheitsentziehenden Maßnahmen umgehen. Auch eine ständige Kontrolle und Dokumentation der Maßnahmen sind zentraler Bestandteil im Umgang mit Freiheitsbeschränkungen.

Eine häufige Form freiheitsentziehender Maßnahmen ist die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung. Wann dieses Vorgehen erlaubt ist, zeigt der folgende Abschnitt.

Freiheitsentziehende Unterbringung

Die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt mit Freiheitsentzug, etwa in einer geschlossenen Pflegeeinrichtung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus, ist ebenfalls nur zulässig, wenn sie dringend erforderlich ist.

So muss laut § 1831 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) n. F. (ehemals § 1906 BGB) eine der folgenden Situationen gegeben sein, damit eine Unterbringung mit Freiheitsbeschränkung erteilt werden darf:

  • Gefahr für die betroffene Person:
    • Es besteht die Gefahr, dass sich die betreute Person aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen bzw. seelischen Behinderung selbst tötet oder wenigstens erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt.
  • Medizinische Dienstleistung erforderlich:
    • Es ist ein ärztlicher Eingriff, eine Heilbehandlung oder eine Untersuchung des Gesundheitszustands erforderlich, da dem bzw. der Betroffenen andernfalls ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht.
    • Die freiheitsentziehende Maßnahme kann nur mithilfe der Unterbringung durchgeführt werden.
    • Außerdem erkennt der Betreute nicht die Notwendigkeit der Unterbringung oder kann nicht nach dieser Einsicht handeln.

Nach § 1831 Abs. 2 BGB ist zudem eine Genehmigung beim Betreuungsgericht zu beantragen. Ohne diese richterliche Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn andernfalls Gefahr für die pflegebedürftige Person droht. In diesem Fall muss die Genehmigung unverzüglich nachgeholt werden.

Sobald die vorgeschriebenen Voraussetzungen für die freiheitsentziehende Unterbringung nicht mehr gegeben sind, muss sie unverzüglich beendet werden. Auch das Betreuungsgericht ist unverzüglich darüber zu informieren.

Wie lange ohne richterlichen Beschluss?

Bislang gibt es keine allgemeingültigen Vorgaben, ab welcher Dauer der Methoden ein richterlicher Beschluss notwendig ist, um freiheitsentziehende Maßnahmen durchführen zu dürfen.

So empfiehlt z. B. die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) folgende Maximaldauer verschiedener Maßnahmen:

  • Isolierung: 1 Stunde
  • Festhalten: 10 Minuten
  • Fixierungen: wenige Stunden

Generell gilt jedoch, dass für jede freiheitsentziehende Maßnahme von Anfang an eine entsprechende Rechtfertigung vorhanden sein muss. Insbesondere wenn absehbar ist, dass freiheitsentziehende Maßnahmen künftig regelmäßig oder für einen längeren Zeitraum erforderlich sind, ist ein richterlicher Beschluss einzuholen – unabhängig von der jeweiligen Dauer der Maßnahme.

Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege beantragen

Sollen freiheitsentziehende Pflegemaßnahmen vollzogen werden, muss entweder eine bevollmächtigte oder eine rechtlich betreuende Person einen Antrag auf freiheitsentziehende Maßnahmen beim Betreuungsgericht einreichen. Nicht-pflegende Angehörige, Pflegekräfte oder Ärztinnen und Ärzte dürfen einen solchen Antrag nicht einreichen.

Fehlt eine Genehmigung oder Rechtfertigung für den Einsatz freiheitsentziehender Maßnahmen, handelt es sich rechtlich um Freiheitsberaubung nach § 239 Strafgesetzbuch (StGB), wenigstens aber um Nötigung gemäß § 240 StGB.

Keine Genehmigung ist erforderlich, wenn die pflegebedürftige Person ihre Bewegungen nicht willentlich steuern oder einwilligen kann und dieser Befund mit einem ärztlichen Attest belegt ist. In diesem Fall gelten die Maßnahmen nicht als Freiheitsentzug, sondern als Schutz für die Betroffenen selbst, etwa bei ungesteuerten Bewegungen zur Vermeidung von Stürzen aus dem Bett.

Unabhängig davon sind Pflegekräfte und Einrichtungsleitungen dazu angehalten, alternative und weniger invasive Maßnahmen zu nutzen.

Welche Alternativen gibt es zu freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege?

Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege sollten immer der letztmögliche Schritt sein, um Pflegebedürftige vor größeren Schäden zu bewahren. Daher unternahm die Bundesregierung bereits mehrere Anläufe, um Maßnahmen zur Vermeidung von Freiheitsbeschränkungen zu entwickeln und geeignete Alternativen zu finden. So gibt es beispielsweise eine spezielle „Praxisleitlinie zur Reduzierung von freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Altenpflege“.

Für Pflegekräfte ist es sinnvoll, solche Alternativen zu ermitteln, die die gleichen Ziele wie freiheitsentziehende Maßnahmen verfolgen (z. B. Vermeidung von Stürzen). Die folgende Auflistung liefert einige Ideen:

Alternative Maßnahmen zur Fixierung bzw. Sturzprophylaxe
  • Speziell verarbeitete Kleidung verteilen:
    • Socken mit rutschhemmendem Material anziehen („Stoppersocken“)
    • Hosen mit eingearbeitetem Schutzmaterial
  • Niederflurbetten nutzen (können bis zum Boden abgesenkt werden).
  • Licht mit Bewegungsmelder in der Nähe des Bettes anbringen (beleuchtet den Boden und die nahe Umgebung).
  • Krankengymnastik und Balancetraining unter fachlicher Aufsicht durchführen.
Alternative Maßnahmen zum Umgang mit herausfordernden Pflegebedürftigen
  • Ursache der Verhaltensweise ermitteln, z. B. durch Biografiearbeit (traumatische Erfahrungen, Vorerkrankungen wie Demenz etc.).
  • Ggf. psychiatrischen Rat einholen, falls etwa Symptome wie Schlafstörungen, Aggressivität oder Sinnestäuschungen häufig auftreten.
  • Ausreichend Bewegungsangebote oder andere Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen (je nach Bedürfnissen und Biografie der Pflegebedürftigen).

Darüber hinaus ist es empfehlenswert, die Pflegekräfte mit passenden Fortbildungen zu schulen, spezielle FEM-Beauftragte zu benennen und Fallbesprechungen im Team durchzuführen.

Quellen: „Praxishandbuch Pflegestärkungsgesetz“, „Pflege und Beziehungsgestaltung bei Menschen mit Demenz“, Stiftung ZQP (Zentrum für Qualität in der Pflege)

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