Änderung der ASR V3a.2 – barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten

11.06.2025 | T. Reddel/S. Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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Seit dem 23. Mai 2025 gelten Änderungen bzgl. der ASR V3a.2. Die Technische Regel beschreibt Vorgaben und Maßnahmen zur barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten. Die wesentliche Änderung betrifft den Anhang A1.5 zu Fußböden. Worauf sollten Arbeitgeber und Sicherheitsverantwortliche jetzt achten?

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist die ASR V3a.2? – Definition
  2. ASR V3a.2: aktuelle Änderungen
  3. Alle Anhänge der ASR V3a.2

Was ist die ASR V3a.2? – Definition

Die ASR V3a.2 regeln die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Beschäftigten mit Behinderungen. Denn Menschen mit körperlichen Einschränkungen, seien es Seh-, Hör- oder Gehbehinderungen, haben spezielle Bedürfnisse, die auch Arbeitgeber berücksichtigen und in der Gestaltung des Arbeitsumfelds einbringen müssen. 

Inhaltlich besteht die ASR V3a.2 großteils aus Anhängen zur ASR V3 „Gefährdungsbeurteilungen“. Sie gelten als ergänzende Anhänge der ASR, die die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten vorgeben und konkretisieren. Damit sollen Menschen mit Behinderung die Möglichkeit und Unterstützung erhalten, an einem Arbeitsplatz arbeiten zu können.

Denn bei der Einrichtung von Arbeitsstätten können viele Barrieren entstehen, die Menschen ohne Einschränkungen oft nicht bedenken. Es gibt zum einen räumliche Barrieren wie Treppen oder andere Hindernisse, die für Menschen mit einer Gehbehinderung zu berücksichtigen sind. Aber auch optische, akustische oder soziale Barrieren sind möglich. So sind z. B. Beschriftungen von Fluchtwegen für Sehbehinderte nicht wahrnehmbar, ein Feueralarm muss für hörgeschädigte Menschen durch andere Mittel erkennbar sein und alle Beschäftigten müssen sich über eine Kommunikationsform mit dem Umfeld austauschen können.

Was ist eine ASR?

Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten, kurz ASR, werden von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) formuliert. Arbeitgeber finden in den ASR alle notwendigen Maßnahmen, um ihr Unternehmen bzgl. Sicherheit und Arbeitsschutz zu gestalten.

Alle Technischen Regeln für Arbeitsstätten beinhalten konkrete Anforderungen zur Technik, Sicherheit und Hygiene in Arbeitsstätten. Hält sich der Arbeitgeber an die Vorgaben der ASR, kann er davon ausgehen, dass die gesetzlichen Bedingungen erfüllt sind. Zwar ist er nicht dazu verpflichtet, die Anforderungen der ASR zu erfüllen, muss in diesem Fall aber auf anderem Weg mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleisten.

Solche Sicherheitsmaßnahmen, die der Arbeitgeber veranlassen muss, befassen sich mit den räumlichen und technischen Vorgaben der Arbeitsstätte. Hierfür relevant sind z. B. die Vorgaben der ASR A1.2 zu Raumabmessungen und Bewegungsflächen. Auch die ASR A3.6 ist für Arbeitgeber entscheidend: Sie enthält konkrete Anforderungen an die Lüftung im Betrieb.

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ASR V3a.2: aktuelle Änderungen

Die erste Fassung der ASR V3a.2 erschien im August 2012. Seitdem gab es immer wieder inhaltliche Änderungen – egal ob ergänzt oder gestrichen wurde. Der folgende Abschnitt zeigt die wichtigsten Änderungen der neuen ASR V3a.2.

Mai 2025: neuer Anhang A1.5 „Fußböden“

Seit der jüngsten Änderungen der ASR V3a.2 im Jahr 2025 gibt es einen neuen Anhang A1.5 „Fußböden“.  Die wichtigsten inhaltliche Änderungen und Anforderungen betreffen:

  • Barrierefreiheit: Fußböden müssen so gestaltet sein, dass sie für Beschäftigte mit Behinderungen wahrnehmbar, erkennbar und nutzbar sind.
  • Rutschgefahr: Bei der Gefährdungsbeurteilung ist zu berücksichtigen, dass auch für Rollatoren, Rollstühle und Gehhilfen Rutschgefahr bestehen kann. 
  • Bodenbeläge: Sollen ebenmäßig, kurzflorig und rutschfest sein, damit sie mit Mobilitätshilfen sicher genutzt werden können. 
  • Ablaufrinnen: Müssen so gestaltet sein, dass sie mit Rollstuhl, Rollator oder Gehhilfe sicher befahrbar sind.
  • Gitterroste: Dürfen keine Stolperstellen sein und müssen so gestaltet sein, dass z. B. Gehstöcke oder Assistenzhundepfoten nicht hängen bleiben.
  • Wahrnehmbarkeit: Fußböden sollen sich visuell kontrastreich von anderen Bauteilen abheben und reflexionsarm sein.
Zudem wurden die Anhänge zu Pausenräumen (A4.2), Erste-Hilfe-Räumen (A4.3) und Unterkünften (A4.4) ergänzt und aktualisiert sowie stärker mit den Anforderungen an barrierefreie Fluchtwege und Brandschutz verknüpft.

April 2023: Neuer Anhang A4

Seit April 2023 gibt es einen neuen Anhang in der ASR V3a.2. Der Anhang A4 beschreibt die barrierefreie Gestaltung von Kantinen nach Arbeitsstättenverordnung. Er geht u. a. auf folgende Punkte ein:

  • Auffindbarkeit, Wahrnehmbarkeit, Erkennbarkeit, Erreichbarkeit und Nutzbarkeit der Kantine
  • Verkehrswege zur und in der Kantine (gemäß Anhang A1.8)
  • Stell-/Bewegungsflächen für Rollatoren, Rollstühle oder Gehhilfen von Beschäftigten
  • Lärmschutz für Menschen mit Hörbehinderung oder ähnlichen Einschränkungen

Ebenso umfangreichere Änderungen in der ASR V3a.2 gab es bereits ein Jahr vorher.

März 2022: Anhang A3.4/7 gestrichen

Aufgrund umfangreicher Änderungen von ASR zum Bereich Flucht- und Verkehrswege wurde u. a. der gesamte Anhang A3.4/7 aus der ASR V3a.2 entfernt. Er beschrieb Vorgaben zur Sicherheitsbeleuchtung und zu optischen Sicherheitsleitsystemen. Teile des Inhalts wurden jedoch in den Anhang A2.3 „Ergänzende Anforderungen zur ASR A2.3 'Fluchtwege und Notausgänge'“ überführt. Hinzu kamen kleinere formale Änderungen.

In diesem Kontext wurde auch die zum Anhang gehörige ASR A3.4/7 aufgehoben. Ihre Vorgaben befinden sich mittlerweile großteils in der ASR A3.4 „Beleuchtung“ und der ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“.

März 2021: Neue Anhänge zu Brandschutz und Pausenräumen

Auch im März 2021 gab es inhaltliche Änderungen. Neu hinzu kam der Anhang A2.2 mit Maßnahmen gegen Brände sowie der Anhang A4.2 zu Pausen- und Bereitschaftsräumen.

Bei den Maßnahmen gegen Brände in Arbeitsstätten müssen Arbeitgeber besonders berücksichtigen, dass Arbeitnehmer mit Behinderung auch hier auf spezielle Vorrichtungen angewiesen sind. Der Anhang der ASR V3a.2 geht daher auf folgende Aspekte des anlagentechnischen Brandschutzes näher ein und gibt ggf. Beispiele, wie Arbeitgeber diese behindertengerecht umsetzen können.

Maßnahme Anforderung nach ASR V3a.2 Beispiel
Alarmsignale

Bei Alarmsignalen muss immer das Zwei-Sinne-Prinzip beachtet werden, was als wichtiges Prinzip der barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten gilt. Dabei müssen mindestens zwei der drei Sinne „Hören, Sehen und Tasten“ angesprochen werden, damit möglichst viele Personen die Einrichtung nutzen können.

Laut der ASR V3a.2 muss ein Alarmsignal mindestens akustisch und optisch wahrgenommen werden können. Hörgeschädigte können akustische Alarmsignale nicht wahrnehmen, daher muss der Arbeitgeber den Alarm auch optisch, verdeutlichen, z. B. durch Alarmlichter. Entsprechendes gilt umgekehrt für Menschen mit Sehbehinderungen.
  • Sprachalarmanlagen
  • Sirenen
  • Vibrationsalarm auf Handys 
Brandmelder

Ebenso müssen nichtautomatische Brandmelder für jeden Arbeitnehmer wahrnehmbar, erkennbar, erreichbar und nutzbar sein. Neben dem Zwei-Sinne-Prinzip kommt hier noch die Erreichbarkeit zum Tragen.

Für Rollstuhlfahrer oder kleinwüchsige Beschäftigte muss die Betätigung der Bedienelemente von Brandmeldern gewährleistet sein. Die nichtautomatischen Brandmelder sollten wandmontiert oder als Rufsäule auf einer geringeren Höhe angebracht sein.
 
Meldeeinrichtungen Um Notrufe schnell und verständlich zu übermitteln, sind Meldeeinrichtungen notwendig, die für Arbeitnehmer mit Behinderung sinnvoll und schnell zu bedienen sind.
  • Systeme, die mittels Sprache zu steuern sind
  • Notfallfax 
  • Telefon mit Notruftaste
Feuerlöscher Bei der Gestaltung von behindertengerechten Arbeitsstätten ist auch auf die Wahl der Feuerlöscheinrichtungen zu achten. Vor allem sind dabei Beschäftigte mit Gehbehinderung oder Einschränkungen der Hand-Arm-Motorik zu berücksichtigen.
  • Feuerlöscher auf Griffhöhe von 0,80 bis 1,20 m anbringen
  • Feuerlöscher mit geringem Gewicht zur Verfügung stellen

Daneben definiert die ASR V3a.2 mögliche organisatorische Maßnahmen für das Verhalten im Brandfall. Das Zwei-Sinne-Prinzip spielt auch bei diesem Aspekt eine wichtige Rolle.

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Anhang der ASR V3a.2 zu Pausen – und Bereitschaftsräumen

Laut ASR V3a.2 muss der Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten einen Pausenbereich zur Verfügung stellen, falls die Behinderung eines Arbeitnehmers dies erforderlich macht. Der Anhang A4.2 der ASR V3a.2 behandelt die ergänzenden Anforderungen für Pausen- und Bereitschaftsräume.

Pausen- und Bereitschaftsräume müssen von jedem Arbeitsplatz aus, unabhängig von der Entfernung, innerhalb von fünf Minuten erreichbar sein. Das ist nicht nur durch kurze Wege oder eine ausreichende Anzahl solcher Räume und Bereiche zu bewerkstelligen, sondern auch durch betriebliche Verkehrsmittel und andere Hilfsmittel. Ebenso müssen laut ASR V3a.2 Anhang A4.2 Pausen- und Bereitschaftsräume für alle Arbeitnehmer klar gekennzeichnet werden. Dafür bietet sich für Sehbehinderte eine visuell kontrastierende bzw. für blinde Menschen taktil erfassbare Kennzeichnung an.

Für Beschäftigte, die einen Rollstuhl benutzen müssen, ist nicht nur ein ausreichend breiter Zugang zu den Pausenräumen vorgeschrieben. Auch eine Mindestgröße der Bewegungsfläche von mindestens 1,50 m x 1,50 m muss der Arbeitgeber in seiner Arbeitsstätte vorweisen, um das Umsetzen vom Rollstuhl auf eine andere Sitzgelegenheit zu ermöglichen. Außerdem sind zusätzliche Flächen notwendig, um neben Rollstühlen weitere Gehhilfen wie Rollatoren abzustellen.

Darüber hinaus muss der Arbeitgeber nach ASR V3a.2 darauf achten, dass Arbeitnehmer mit Behinderung ggf. eine persönliche Assistenz, Assistenzhunde oder medizinische Hilfsmittel benötigen. Auch sie benötigen zusätzlichen Raum. Des Weiteren sollen Mobiliar und Nutzungsflächen in Pausenräumen bestenfalls unterfahrbar und Bedienelemente (z. B. Schalter, Zapfstellen, Griffe) für jeden erreichbar sein.

Für eine bessere Übersicht zeigt der nächste Abschnitt alle aktuellen Anhänge der ASR V3a.2.

Alle Anhänge der ASR V3a.2

Die folgende Tabelle enthält eine vollständige Auflistung aller Anhänge der ASR V3a.2. Sie konkretisieren die Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsstätten nach ASR V3.

Anhang zu ASR Inhalt
A1.2 Raumabmessungen und Bewegungsflächen
A1.3 Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung
A1.5 Fußböden
A1.6 Fenster, Oberlichter, lichtdurchlässige Wände
A1.7 Türen und Tore
A1.8 Verkehrswege
A2.2 Maßnahmen gegen Brände
A2.3 Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan
A4.2 Pausen- und Bereitschaftsräume
A4.3 Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe
A4.4 Unterkünfte
A4 Kantinen (ergänzende Anforderungen zu Anhang Nr. 4 der Arbeitsstättenverordnung)

Quelle: baua.de