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Baulandmobilisierungsgesetz 2021: Was Unternehmen und Kommunen wissen müssen

© don57 – stock.adobe.com

Am 23.06.2021 ist das Baulandmobilisierungsgesetz in Kraft getreten. Es beinhaltet umfangreiche Anpassungen und Ergänzungen zugunsten des ländlichen und städtischen Wohnungsbaus. Diese Novelle des BauGB sowie der BauNVO stärkt insbesondere den Handlungsspielraum der Kommunen für die Baulandmobilisierung. Einige der Änderungen bergen jedoch hohes Konfliktpotenzial zwischen Eigentümern, Bauunternehmen sowie Gemeinden und sind teils befristet.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist das Baulandmobilisierungsgesetz?
  2. Baulandmobilisierungsgesetz: Überblick über die wichtigsten Neuerungen
  3. Was bedeutet das Baulandmobilisierungsgesetz für Eigentümer, Bauträger, Verantwortliche und Kommunen?
  4. Neuerungen zum Baulandmobilisierungsgesetz rechtssicher umsetzen

Was ist das Baulandmobilisierungsgesetz?

Das „Gesetz zur Mobilisierung von Bauland“ (Baulandmobilisierungsgesetz) wurde verabschiedet, um die Errichtung von Wohnungen zu erleichtern. Damit räumt der Bund den Kommunen einen größeren Handlungsspielraum ein, um mehr Bauland zur Verfügung zu stellen. Auch sollen Anpassungen im Bauplanungsrecht die Entwicklung von Wohnbauprojekten begünstigen. Die Maßnahmen sollen bezahlbaren Wohnraum sicherstellen.

Das Baulandmobilisierungsgesetz ist am 23.06.2021 in Kraft getreten. Es löst die Vereinbarung im Koalitionsvertrag vom 12.03.2018 ein, dass Kommunen bei der Bereitstellung von mehr Bauland unterstützt werden sollen. Das nun verabschiedete Gesetz basiert auf Empfehlungen der Baulandkommission, die bereits am 02.07.2019 vorgelegt wurden.

Am 07.05.2021 hat der Bundestag den Gesetzesentwurf verabschiedet. Auf dieser Grundlage wurde am 10.06.2020 ein Referentenentwurf vorgestellt. Zuvor hat das Bundeskabinett am 04.11.2020 den entsprechenden Regierungsentwurf beschlossen.

Baulandmobilisierungsgesetz: Überblick über die wichtigsten Neuerungen

Das Baulandmobilisierungsgesetz sieht umfassende Anpassungen und Ergänzungen im Baugesetzbuch (BauGB) und der Baunutzungsverordnung (BauNVO) vor. Neben dem städtischen Wohnungsbau betrifft dies teils auch die Flächennutzung im ländlichen Raum und Außengebieten.

Sektorale Bebauungspläne (§ 9 Abs. 2d BauGB)

Im Rahmen des Baulandmobilisierungsgesetzes führt der Gesetzgeber sektorale Bebauungspläne ein, die den sozialen Wohnungsbau stärken sollen. Dazu können die Kommunen z. B. Anforderungen für festgelegte Flächen stellen, die für den Wohnungsbau vorgesehen sind.

So kann beispielsweise Bauland dem sozialen Wohnungsbau verpflichtet werden, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  • Die darauf zu errichtenden Gebäude erfüllen die Kriterien für eine Förderung für sozialen Wohnungsbau.
  • Die Träger des Bauvorhabens verpflichten sich dazu, die Förderungskriterien für sozialen Wohnraum einzuhalten. Dies kann für einzelne Wohnungen oder für das gesamte Wohnungsbauprojekt erfolgen.

Die Neueinführung der sektoralen Bebauungspläne steht in starker Kritik. Ein Grund dafür ist, dass sie in gewisser Weise im Widerspruch steht zur Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB). Mit der Neuregelung können die Gemeinden Bauherren etwa durch strengere Anforderungen und Festsetzungen für Wohnraum bzw. sozialen Wohnungsbau einschränken. Sowohl für Bauherren als auch Kommunen ist es sehr wichtig, einen rechtssicheren Umgang mit Bebauungsplänen und Interessenskonflikten zu finden. 

Um über diese und weitere rechtliche Änderungen und politische Entwicklungen informiert zu bleiben, gibt es das „QUARTIER – das Fachmagazin für den urbanen Wohnungsbau“.

Umwandlungsverbot bis Ende 2025 (§ 250 BauGB)

Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz wurde das sog. „Umwandlungsverbot“ als § 250 in das Baugesetzbuch aufgenommen. Die teils stark umstrittene Regelung bewirkt eine Einschränkung bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Allerdings ist diese Regelung von der Einschätzung durch die jeweilige Landesregierung abhängig: Diese hat nach § 201 BauGB die Möglichkeit, Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt zu identifizieren. Zudem ist sie zunächst bis zum 31.12.2025 befristet.

Das Verbot greift z. B. bei der geplanten Umwandlung von Wohnraum in Gebäuden, die sechs oder mehr Wohneinheiten umfassen. In diesem Fall kann eine entsprechende Genehmigung verweigert werden. Selbiges gilt für den geplanten Einzelverkauf von Wohnungen.

Erweiterte Baugebote zugunsten des Wohnungsbaus (§ 176 BauGB)

Bislang konnten Kommunen nur dann vorschreiben, dass eine Fläche mit Wohnraum bebaut werden soll, wenn der Bebauungsplan ausschließlich Wohnraum in der entsprechenden Umgebung vorschrieb. Im Rahmen des Baulandmobilisierungsgesetzes können sie nun die Bebauung mit einer oder mehreren Wohneinheiten auch dann anordnen, wenn neben der Wohn- auch andere Nutzungsvorgaben bestehen.

Auch diese Regelung ist abhängig von der Bestimmung des angespannten Wohnungsmarkts im entsprechenden Gebiet. Ausnahmen zum erweiterten Baugebot sind:

  • Unzumutbarkeit der Durchführung aus wirtschaftlichen Gründen aufseiten des Eigentümers
  • Unzumutbarkeit der Durchführung im Hinblick auf Ehegatten und enge Verwandte des Eigentümers.

Liegt eine solche wirtschaftliche Unzumutbarkeit vor, kann der Eigentümer die Übernahme des Grundstücks verlangen. Diese Übernahme kann durch folgende Parteien erfolgen:

  • die Kommune
  • kommunale Wohnungsbaugesellschaften oder -genossenschaften
  • Wohnungsbauunternehmen oder Stiftungen mit Gemeinwohlorientierung

Stärkeres kommunales Vorkaufsrecht (§ 24 BauGB)

Das Baulandmobilisierungsgesetz stärkt das bereits bestehende Vorkaufsrecht von Grundstücken und Immobilien durch die Gemeinde bzw. Kommune. Dabei verlängert sich die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde von zwei auf drei Monate.

Im Sinne des Allgemeinwohls in der Kommune soll diese Verlängerung folgende Zwecke erfüllen:

  • Den örtlichen Wohnbedarf besser decken.
  • Die Entwicklung im ländlichen und städtischen Wohnungsbau fördern.
  • Auch in Bebauungsverfahren mit hoher Komplexität Rechtssicherheit erhalten.
  • Bei unverhältnismäßig geringer Bebauung eines Grundstücks aktiv werden können.

Insgesamt profitieren die Gemeinden von einem gestärkten Vorkaufsrecht bei folgenden Anlässen:

  • Komplexere Verfahrensverläufe
  • Unbebaute Grundstücke, auf denen vorrangig Wohngebäude errichtet werden dürfen
  • Gebieten mit (städte-)baulichen Missständen, wenn diese die soziale oder städtebauliche Umgebung negativ beeinflussen
  • Zu verkaufende Grundstücke, die die Gemeinde nun per Vorkaufsrecht zum Verkehrswert erwerben kann, auch wenn der ausgeschriebene Preis darüber liegt

Entwicklungskonzepte für den städtischen Wohnungsbau (§ 176 BauGB)

Die Kommunen haben nunmehr die Möglichkeit, städtebauliche Entwicklungskonzepte aufzustellen. Zugunsten der Innenentwicklung und Nachverdichtung des städtischen Wohnungsbaus können darin Ziele und entsprechende Maßnahmen für einen zu definierenden Geltungsbereich festgelegt werden. Damit haben die Gemeinden ein wichtiges Instrument zur Verfügung, um Grundstücke nutzbar zu machen, die z. B. unbebaut sind oder brachliegen.

Mit den städtebaulichen Entwicklungskonzepten im Rahmen des Baulandmobilisierungsgesetzes haben Gemeinden im Sinne der Nachverdichtung folgende Möglichkeiten:

  • Relevante Grundstücke identifizieren.
  • Zum Zweck der Innenentwicklung gezielt Baugebote einsetzen.
  • Das Vorkaufsrecht der Gemeinde nutzen, wenn die Eigentümer die Immobilien veräußern wollen, anstatt den Vorgaben zu folgen.

Ausnahmen und Befreiungen nun leichter zu erwirken (§ 31 BauGB)

Durch die Neuerungen bzgl. der Ausnahmen und Befreiungen nach § 31 BauGB ist es bis vorerst Ende 2025 leichter, Befreiungen von den Vorgaben des Bebauungsplanes zu erhalten. Das gilt auch, wenn sie die grundsätzliche Planung es Bauvorhabens betreffen. Voraussetzungen dafür sind:

  • Es geht um ein Bauvorhaben zugunsten des Wohnungsbaus in einem Gebiet, dessen Wohnungsmarkt als angespannt identifiziert worden ist (siehe § 201 a BauGB).
  • Die Zustimmung der Kommune liegt vor.
  • Sowohl nachbarliche Interessen als auch öffentliche Belange werden gewahrt.
  • Die Befreiungen heben die Vorgaben durch den Bebauungsplan nicht auf und werden in einem angemessenen Umfang angewandt.

Diese Anpassungen durch das Baulandmobilisierungsgesetz schaffen vielfältige Möglichkeiten für den ländlichen und städtischen Wohnungsbau. So ergeben sich u. a. folgende Vorteile:

  • Brachliegende Gewerbeflächen können für die Bebauung von Wohngebäuden genutzt werden.
  • Immobilien mit einer ursprünglich gewerblichen Nutzung lassen sich auch für Wohnzwecke nutzen.

Obergrenzen gelten künftig als Orientierungswerte (§ 17 BauNVO)

Bislang legte § 17 BauNVO verschiedene Obergrenzen fest, die das Maß der Nutzung von Bauland in den verschiedenen Gebietskategorien regelte. Im Rahmen des Baulandmobilisierungsgesetzes werden diese als Orientierungswerte umgedeutet. Dies bedeutet insbesondere für die Kommunen mehr Handlungsspielraum, denn:

  • Ein Überschreiten der festgelegten Werte erfordert keine triftige Begründung mehr.
  • Die Kommunen dürfen jeweils auch höhere Werte festlegen.
  • Eine Ausgleichspflicht im Falle der Überschreitung entfällt.

Das heißt, dass sich Festsetzungen für Bebauungspläne weiterhin an den Vorgaben orientieren können. Jedoch sind Abweichungen an sich zulässig. Für die rechtssichere Umsetzung empfiehlt es sich jedoch, die Abweichungen jeweils zu begründen und dies festzuhalten.

Schaffen von Wohneinheiten in Gewerbe- und ländlichen Gebieten sowie im Außenbereich erleichtert

In Gebieten mit einer gewerblichen Bebauung war es bislang nur in Einzelfällen möglich, Wohneinheiten einzufügen. Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz ist diese Einfügung von Wohnbebauung auch in wiederholten Fällen möglich. Dies gilt selbst dann, wenn damit das betreffende Gebiet langfristig umstrukturiert wird.

Eine Herausforderung dabei ist, dass die vertretenen Interessen bei einer Bebauung zu Wohnzwecken denen der ansässigen Gewerbetreibenden gegenüberstehen. Dies kann z. B. die Vorgaben zum Lärmschutz verkomplizieren. Im jeweiligen Genehmigungsverfahren ist daher zu berücksichtigen, dass der Wohnungsbau das ansässige Gewerbe nicht einschränken darf.

In ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden und Hofstellen sind künftig fünf statt bisher drei Wohneinheiten zulässig. Sollte der Eigentümer einen Ersatzbau planen, reicht es aus, dass dieser das Gebäude zuvor für längere Zeit bewohnt hat. Dieser Umstand muss zum Zeitpunkt des Neubaus nicht mehr gegeben sein.

Des Weiteren führt das Baulandmobilisierungsgesetz die neue Gebietskategorie „dörfliches Wohngebiet“ ein (MDW, siehe § 5a BauNVO). Im Gegensatz zum Dorfgebiet benötigen hier folgende Parteien eine Zulassung im Ausnahmefall:

  • Betriebe aus Land- und Forstwirtschaft sowie deren zugehörige Wohneinheiten
  • Betriebe im Bereich Gartenbau
  • Tankstellen

Darüber hinaus besteht bis Ende 2022 die Möglichkeit, das beschleunigte Verfahren nach § 13 BauGB für bestimmte Grundstücke einzuleiten. Die betreffende Fläche muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie ist weniger als 10.000 m2 groß.
  • Die Fläche schließt direkt an im Zusammenhang bebaute Ortsteile an.

Was bedeutet das Baulandmobilisierungsgesetz für Eigentümer, Bauträger, Verantwortliche und Kommunen?

Wie dieser kurze Überblick bereits zeigt, stärkt das Baulandmobilisierungsgesetz insbesondere die Instrumente, die den Kommunen zur Bereitstellung von Bauland zur Verfügung stehen. Auch Eigentümern von Immobilien erhalten teils neue Möglichkeiten zugunsten des städtischen Wohnungsbaus wie auch in ländlichen Gebieten und Außenbereichen. Es kommen zusätzliche Optionen der Baulandmobilisierung ins Spiel, die bezahlbare Wohnungen ermöglichen und langfristig sichern können.

Dabei wurden einige Regelungen vereinfacht, präzisiert und ergänzt. Gleichzeitig steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit von Interessenskonflikten, die ggf. gerichtlich zu entscheiden sind. Das begründet sich nicht zuletzt durch die Ausweitung der Baugebote und Vorkaufsrechte der Gemeinden, die den Interessen von privaten Eigentümern gegenüberstehen können.

Das Ziel sollte jedoch sein, ohne unnötige Verzögerungen in den Bauprojekten zeitnah für Verbesserungen im Sinne des bezahlbaren Wohnraums und Allgemeinwohls zu sorgen. Daher gilt:

  • Die Gemeinden sollten ihre Möglichkeiten in angemessenem Umfang nutzen.
  • Eigentümer und Bauträger sollten ihren Handlungsspielraum genau kennen und Chancen nutzen.
  • Alle Beteiligten sollten den neuesten Stand der Rechtsprechung beachten.

Neuerungen zum Baulandmobilisierungsgesetz rechtssicher umsetzen

Die umfassende Novelle durch das Baulandmobilisierungsgesetz ist am 23.06.2021 in Kraft getreten und damit bereits rechtsgültig. Nicht zuletzt wegen des enormen Konfliktpotenzials empfiehlt es sich für alle Beteiligten, auf dem neuesten Stand zu bleiben und sich rechtlich abzusichern. Zu den Beteiligten zählen insbesondere:

  • Eigentümer von Immobilien und Bauland
  • Bauträger
  • Bauunternehmen
  • verantwortliche Stellen der Gemeinden

Über Fachinterviews, neuesten Bautrends und interessante Bauprojekte informieren sich Verantwortliche im Magazin „QUARTIER“ – dem Fachmagazin für urbanen Wohnungsbau“.

Quellen: „QUARTIER“, bmi.bund.de, bgbl.de, BauGB, BauNVO

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