Inhaltsverzeichnis
- Die Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen
- Einflussfaktoren auf die Relevanz lüftungstechnischer Maßnahmen nach DIN 1946-6
- Die vier Lüftungsstufen nach DIN 1946-6
- Schimmel in Wohnungen vermeiden mit Lüftungskonzepten nach DIN 1946-6 und DIN 18017-3
Die Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen
Vor allem im Betonbau stoßen Planer und Architekten kontinuierlich auf Zirkulationsprobleme aufgrund der derzeit gängigen luftdichteren energieeffizienten Bauweise. Um weiterhin für ausreichend Ventilation und Raumlüftung bei Wohngebäuden zu sorgen sowie Schimmelbildung zu vermeiden, geben Lüftungskonzepte nach DIN 1946-6 Lösungsmöglichkeiten vor.
Wichtig: Nicht nur zur Vermeidung von Feuchteschäden und der Vermeidung von Schimmelbefall sind lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich, sondern auch um den Gebäudelebenszyklus zu verlängern und die Raumluftqualität zu gewährleisten.
→ Die lüftungstechnischen Maßnahmen werden gemäß DIN 1946-6 immer dann notwendig, wenn der Volumenstrom durch Infiltration kleiner ist als der Volumenstrom zum Feuchteschutz.
Definition "lüftungstechnische Maßnahmen"
Als lüftungstechnische Maßnahmen werden Einrichtungen zur freien oder ventilatorgestützten Lüftung bezeichnet. Diese Einrichtungen stellen den Luftaustausch sicher, ohne dass ein Nutzer diese bedienen muss. Die Maßnahmen sind erforderlich, um Schimmelpilzbefall und Feuchteschäden zu vermeiden, dabei gilt grundsätzlich folgendes Verhältnis von Infiltration und Feuchteschutz:
Volumenstrom durch Infiltration < Volumenstrom zum Feuchteschutz
Stellt der Architekt oder Bauplaner fest, dass in einem undichten Gebäude nach DIN 1946-6 keine lüftungstechnischen Maßnahmen notwendig sind, kann der Nutzer des Gebäudes dennoch eine ausreichende Wohnungsbelüftung realisieren, indem er Infiltrationslüftung und Fensterlüftung kombiniert.
→ Für den Bauplaner ist hier wichtig zu wissen, dass die Fensterlüftung nicht als Lüftungssystem nach DIN 1946-6 berücksichtigt wird.
Einflussfaktoren auf die Relevanz lüftungstechnischer Maßnahmen nach DIN 1946-6
Die DIN 1946-6 legt bestimmte Rudimentär-Einflussfaktoren für die Bestimmung zur Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen fest. Dazu gehören:
- Gebäudeart: ein- oder mehrgeschossig
- Gebäudelage: windschwach oder windstark
- Luftdichtheit: "n-Vorgabewerte" nach DIN 1946-6 unter Berücksichtigung des Bauzustands und etwaigen Modernisierungsmaßnahmen
Wichtig: Der durch "Luftlöcher" in der Gebäudehülle verursachte Luftvolumenstrom (Infiltration) gilt gemäß DIN 1946-6 zwar nicht als eigenständiges Lüftungskonzept, wird aber bei der Auswahl des Lüftungssystems berücksichtigt.
Die vier Lüftungsstufen nach DIN 1946-6
Von „basic“ über individuell hin zur Komplettlösung, die DIN 1946-6 beinhaltet einen Stufenplan, der Lüftungskonzepte ihrem Nutzen und ihrer Gewichtung nach kategorisiert.
1. Lüftung zum Feuchteschutz
Im Allgemeinen handelt es sich hierbei um Lüftungssysteme, die für die Aufrechterhaltung des Gebäudeschutzes bei reduzierten Feuchtelasten (z. B. durch Leerstand) zuständig sind. Diese Klassifikation ist ausschlaggebend für die Entscheidung über die Notwendigkeit eines erweiterten Lüftungskonzepts.
→ Bei Energieeffizienzhäusern mit entsprechendem Wärmedurchgangswert ist die natürliche Infiltration entsprechend gering. Eine Möglichkeit Herr über dieses Problem zu werden, liegt in vorgehängten hinterlüfteten Fassaden (VHF), wobei die Bekleidung der Vorsatzschale mit Lüftungsöffnungen ausgeführt wird.
2. Reduzierte Lüftung
Neben der Lüftung zum Feuchteschutz gehört laut DIN 1946-6 die reduzierte Lüftung zu den Mindestanforderungen an den lastreduzierten Gebäudeschutz, ist jedoch gezielt auf hygienische Grundbedürfnisse ausgerichtet. Die Anforderungen an diese Lüftungskategorie legen fest, welche freien Lüftungssysteme Anwendung finden können (Querlüftung, Schachtlüftung und „allgemeiner“ Feuchteschutz)
3. Nennlüftung
Die Nennlüftungskategorie bezieht sich als erste Lüftungsstufe auf den Normalbetrieb eines Gebäudes, bzw. der Aufrechterhaltung der notwendigen Lüftung zur Gewährleistung der hygienischen und bautenschutztechnischen Anforderungen. Meist wird in diesem Kontext auf eine Art der ventilatorgestützten Lüftung zurückgegriffen. Dabei kann entweder auf Abluft- oder Zuluftsysteme sowie einer Kombination der beiden zurückgegriffen werden.
→ Immer beliebter werden für den Normalbetrieb aber auch kombinierte Lüftungssysteme (Getrennte Lüftungsbereiche, Überlagernde Lüftungsbereiche und Hybridlüftung).
4. Intensivlüftung
Bei erhöhter Stoff- und Feuchtelast wird punktuell eine Lüftung mit erhöhtem Luftvolumenstrom benötigt. In derartigen Fällen müssen die Lüftungssysteme für den Maximalbetrieb ausgelegt sein.
Schimmel in der Wohnung vermeiden mit Lüftungskonzepten nach DIN 1946-6 und DIN 18017-3
Wenn die Außentemperaturen fallen und die Fenster vermehrt geschlossen bleiben, kann sich in Wohnräumen Schimmelpilz bilden. Gerade innenliegende Bäder und Toiletten, denen viel Feuchtigkeit zugeführt wird, sind anfällig. Mit einem richtigen Lüftungskonzept können Architekten diesem Problem entgegenwirken.
Um Schimmelpilzbildung in der Wohnung zu vermeiden, werden Lüftungskonzepte benötigt, die gemäß der Normen DIN 1946-6 und DIN 18017-3 erstellt werden. Dabei ist die DIN 1946-6 "Raumlufttechnik – Lüftung von Wohnungen" maßgeblich für das Lüftungskonzept der gesamten Nutzungseinheit, während für die Lüftung innenliegender Bäder und Toiletten die DIN 18017-3 "Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster – Teil 3: Lüftung mit Ventilatoren" herangezogen wird.
Lüftungstechnische Maßnahmen (LtM) nach DIN 1946-6
Schimmel entsteht, wenn die Oberflächenfeuchte zunimmt. Um dem entgegenzuwirken, ist nach DIN 1946-6 eine nutzerunabhängige Zuführung der Außenluft und einschließlich Abführung der mit Feuchte belasteten Raumluft erforderlich.
Während die Zuführung und Abführung in der Vergangenheit durch die Selbstlüftung der Wohnung aufgrund von relativ undichten Gebäuden automatisch geschah, ist dies eher selten geworden, nachdem die Gebäude nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) saniert und abgedichtet wurden. Die Gefahr von Schimmelpilzbefall ist dadurch deutlich angestiegen. Um diesen Mangel an trockener Luft, die vorher von außen kam, zu korrigieren, fordert DIN 1946-6 "Lüftungstechnische Maßnahmen (LtM)". Der Nutzer spielt dann keine Rolle mehr, die freigesetzten Feuchtemengen müssen also ohne Mitwirkung des Bewohners freigesetzt werden.
Für die Umsetzung der Maßnahmen muss bekannt sein, dass die Luft bei höheren Temperaturen wesentlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann als bei tieferen. Das gilt für Außenluft wie Raumluft. Um also ein langfristiges Ergebnis zu erreichen, müssen die Außenluftvolumenströme so festgelegt werden, dass unabhängig von Außen- und Raumluft genügend Feuchte abgeführt werden kann. Dies geschieht eben durch entsprechende LtMs.
DIN 18017-3: Schimmel in innenliegenden Räumen vermeiden
Ein Sonderfall bei der Wohnungslüftung bilden innenliegende Räume wie Bäder oder Toiletten, denen viel Feuchtigkeit zugeführt wird, die jedoch nicht durch ein Fenster abgeführt werden kann. In diesen Fällen findet die Norm DIN 18017-3 Anwendung, um eine ventilatorgestützte Lüftung mittels Abluftanlagen bzw. -geräten zu konzipieren. Auch andere Funktionsräume in der Wohnung, wie Abstellräume, können nach dieser Norm entlüftet werden. Eine Ausnahme sind innenliegende Küchen, weil sie einen deutlich höheren Abluftvolumenstrom benötigen.
Architekten können mit einem Abluftvolumenstrom von 40 m3/h für innenliegende Bäder planen. Dieser Wert orientiert sich an den in DIN 1946-6 genannten Werten zur Anlagenbemessung. Für Toilettenräume ist eine Halbierung der Werte zulässig.
Bedarfsgeführte Abluftanlagen, die die Luftmenge nach Bedarf regulieren, müssen ein Abluftvolumenstrom von 60 m3/h realisieren. Dieser Abluftvolumenstrom darf aber
- dauerhaft auf mindestens 15 m3/h abgesenkt werden, wenn der Luftbedarf gering ist oder
- im regelmäßigen Intervallbetrieb im Tagesmittel 15 m3/h nicht unterschreiten oder
- auf 0 m3/h reduziert werden, wenn der Luftbedarf bei normaler Nutzung gering ist und der Wärmeschutz erhalten bleibt. Allerdings muss nach dem Abschalten noch ein Luftvolumen von 15 m3 abgeführt werden.
Lüftungslösungen, die nach DIN 18017-3 erstellt wurden, können nach DIN 1946-6 auch zum Nachweis des Lüftungskonzepts unter Einhaltung einiger Besonderheiten für die gesamte Wohnung angesetzt werden.
Das Zusammenwirken beider Normen ist sehr komplex und erfordert die Unterscheidung vier verschiedener Anwendungsfälle. Diese Fälle sowie ausführliche technische Details zur Planung von Lüftungskonzepten nach DIN 1946-6 können Planer und Energieberater im Werk "PlanungsPraxis Lüftung in Wohngebäuden" nachschlagen. Das Werk beinhaltet alle Anforderungen an die Wohnungslüftung und erleichtert damit die Umsetzung enorm.
Quelle: „der bauschaden“, „GEG Baupraxis“, PlanungPraxis Lüftung in Wohngebäuden