Inhaltsverzeichnis
- Was ist die PpUGV?
- Aktuelle Änderungen für das Gesundheitswesen ab 2024
- Übersicht: In welchen Bereichen gelten welche Untergrenzen?
- Wie ermittelt der Gesetzgeber die Grenzwerte der PpUGV?
- Welche Sanktionen drohen bei Nichteinhaltung?
Was ist die PpUGV? – Bedeutung
Die PpUGV ist eine gesetzliche Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Sie regelt die Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in bestimmten Krankenhausbereichen nach § 137i SGB V. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass für alle Krankenhäuser ausreichend Personal zur Verfügung steht. Die Verordnung trat erstmals am 06.10.2018 in Kraft und wurde seitdem immer wieder geändert – zuletzt am 03.11.2023 für das Jahr 2024.
Inhaltlich befasst sich die Verordnung mit Anforderungen an die Ermittlung der betroffenen Bereiche, des Pflegeaufwands und der Übermittlung der dazugehörigen Daten. Außerdem sind in Anlage 1 Indikatoren-DRGs des German Diagnosis Related Groups Fallpauschalen-Katalogs aufgeführt. Sie sind ausschlaggebend für die Entscheidung, ob es in einem Krankenhaus Bereiche gibt, die von der PpUGV betroffen sind.
Warum wurde die PpUGV eingeführt?
Eine Besonderheit der Verordnung: Es handelt sich um eine Ersatzvornahme der Regierung. Das BMG hatte den Krankenhäusern zunächst vorgeschrieben, die verbindlichen Personaluntergrenzen selbst festzulegen.
Allerdings scheiterte dieses Vorhaben aufgrund massiver Kritik der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen. Auch die nachfolgenden Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen führten zu keinem Ergebnis, weshalb der Gesetzgeber die PpUGV verfasste.
Was ist eine Pflegepersonaluntergrenze?
Diese Grenze beschreibt die maximale Anzahl von Patientinnen und Patienten pro Pflegekraft sowie die maximale Anzahl von Pflegehilfskräften und Hebammen pro examinierter Pflegekraft. Sie ist in § 6 der PpUGV geregelt und unterscheidet zwischen Tag- und Nacht- bzw. Wochenend- und Feiertagsschichten.
→ Welche konkreten Untergrenzen für Krankenhäuser gelten, sind hier zusammengefasst.
Für wen gilt die Verordnung?
Sie greift für alle sog. pflegesensitiven Krankenhausbereiche. Diese werden vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ermittelt und basieren auf den Indikatoren-DRGs der Anlage der Verordnung.
Demnach gilt eine Abteilung als pflegesensitiver Bereich, wenn die nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) übermittelten Daten des Vorjahres folgende Eigenschaften aufweisen:
- Eine der im Anwendungsbereich der PpUGV genannten Fachabteilungen ist mit einer entsprechenden Schwerpunktbezeichnung ausgewiesen.
- Mindestens 40 % der Fälle einer Fachabteilung sind in die jeweiligen Indikatoren-DRGs der Fachabteilungen der PpUGV einzuordnen.
- Es gab im vergangenen Jahr mindestens 4.500 Belegungstage in den jeweiligen Indikatoren-DRGs der Fachabteilungen der Verordnung.
Laut Anwendungsbereich (§ 1 PpUGV) gelten die Pflegepersonaluntergrenzen für folgende medizinische Abteilungen:
- Intensivmedizin
- Inneren Medizin
- Geriatrie
- Unfallchirurgie
- Neurochirurgie (NEU)
- Allgemeine Chirurgie
- Orthopädie
- Gynäkologie und Geburtshilfe
- Kardiologie
- Neurologie
- Pädiatrie
- Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
- Rheumatologie
- Urologie oder Herzchirurgie
- Herzchirurgie
Die Untergrenzen der PpUGV gelten nicht, falls die jeweils geltenden Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) eine niedrigere Anzahl von Patientinnen und Patienten pro Pflegekraft vorschreiben.
Unabhängig davon sind die Krankenhäuser zur Mitarbeit verpflichtet. Kommen sie dem nicht nach, drohen ihnen Sanktionen.
Fehlen Pflegekräfte, müssen die vorhandenen Beschäftigten mehr Patientinnen und Patienten versorgen. Das kann langfristig zu erhöhtem Personalausfällen führen – ganz zu schweigen von den finanziellen Schäden, die durch Sanktionen der PpUGV drohen. (Bild: © insta_photos – stock.adobe.com) |
Aktuelle Änderungen für das Gesundheitswesen ab 2024
Ursprünglich sollte die Verordnung bis zum 31.12.2019 gelten. Allerdings scheiterten die bis dahin geplanten Verhandlungen zur Weiterentwicklung der Pflegepersonaluntergrenzen. Daher erließ das BMG die ausstehenden Regelungen im November 2020 erneut als Ersatzvornahme in Form einer Ablöseverordnung. So traten zum 01.01.2021 neue Untergrenzen in Kraft, wobei von dort an jedes Jahr zum ersten Januar neue Grenzwerte für weitere pflegesensitive Bereiche gelten sollen.
Durch diese jährliche Aktualisierung gab das BMG am 08.11.2023 Änderungen der PpUGV für 2024 bekannt. Dort wurden folgende Neuerungen veröffentlicht:
- Erweiterung des Anwendungsbereichs:
Die Verordnung gilt jetzt auch für Abteilungen der Neurochirurgie in Krankenhäusern. Zuvor wurden für 2023 die Bereiche Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Rheumatologie und Urologie dem Anwendungsbereich der PpUGV hinzugefügt. In diesem Zuge passt das BMG für 2024 sowohl der Anwendungsbereich als auch die Vorgaben zur Ermittlung pflegesensitiver Bereiche in den Krankenhäusern nach § 3 PpUGV an. - Neue Pflegepersonaluntergrenzen:
Ab dem 01.01.2024 gelten Pflegepersonaluntergrenzen für den Bereich Neurochirurgie.
→ Eine Übersicht aller aktuellen Grenzwerte finden Sie im übernächsten Abschnitt des Beitrags.
Übersicht: Wie viele Pflegekräfte pro Station?
Die nachfolgende Übersicht zeigt zum einen die Pflegepersonaluntergrenzen für die maximale Anzahl an Patientinnen und Patienten pro Pflegekraft (§ 6 Absatz 1 PpUGV). Zum anderen zeigt sie den maximalen Anteil an Pflegehilfskräften pro examinierter Pflegekraft in Prozent (§ 6 Absatz 2 PpUGV).
Pflegesensitive Bereiche | Umsetzungsfrist ↓ | Verhältnis Patienten / Pflegekraft | Anteil Pflegehilfskraft pro Pflegekraft (in %) | ||
Untergrenze Tagschicht | Untergrenze Nachtschicht | Untergrenze Tagschicht | Untergrenze Nachtschicht | ||
Intensivmedizin | bis 31.01.2021 | 2,5 zu 1 | 3,5 zu 1 | 8 % | 0 % |
Intensivmedizin und pädiatrische Intensivmedizin | ab 01.02.2021 | 2 zu 1 | 3 zu 1 | 5 % | 5 % |
Geriatrie | - | 10 zu 1 | 20 zu 1 | 15 % | 20 % |
allgemeine Chirurgie und Unfallchirurgie | von 01.02.2021 bis 31.12.2021 | 10 zu 1 | 20 zu 1 | 10 % | 10 % |
allgemeine Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie | ab 01.01.2022 | 10 zu 1 | 20 zu 1 | 10 % | 10 % |
Innere Medizin und Kardiologie | ab 01.02.2021 | 10 zu 1 | 22 zu 1 | 10 % | 10 % |
Herzchirurgie | ab 01.02.2021 | 7 zu 1 | 15 zu 1 | 5 % | 0 % |
Neurologie | ab 01.02.2021 | 10 zu 1 | 20 zu 1 | 8 % | 8 % |
neurologische Schlaganfalleinheit | ab 01.02.2021 | 3 zu 1 | 5 zu 1 | 0 % | 0 % |
neurologische Frührehabilitation | ab 01.02.2021 | 5 zu 1 | 12 zu 1 | 10 % | 10 % |
Pädiatrie | von 01.02.2021 bis 31.12.2021 | 6 zu 1 | 10 zu 1 | 5 % | 5 % |
allgemeine Pädiatrie | ab 01.01.2022 | 6 zu 1 | 10 zu 1 | 5 % | 5 % |
spezielle Pädiatrie | ab 01.01.2022 | 6 zu 1 | 14 zu 1 | 5 % | 5 % |
neonatologische Pädiatrie | ab 01.01.2022 | 3,5 zu 1 | 5 zu 1 | 5 % | 5 % |
Gynäkologie und Geburtshilfe | ab 01.01.2022 | 8 zu 1 | 18 zu 1 | 5 % | 0 % |
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Urologie | ab 01.01.2023 | 10 zu 1 | 22 zu 1 | 10 % | 5 % |
Rheumatologie | ab 01.01.2023 | 13 zu 1 | 30 zu 1 | 10 % | 5 % |
Neurochirurgie | ab 01.01.2024 | 9 zu 1 | 18 zu 1 | 10 % | 5 % |
Für Hebammen in der Gynäkologie und Geburtshilfe darf der Anteil an der Gesamtzahl aller Pflegefachkräfte und Hebammen folgende Grenzwerte nicht überschreiten:
- in der Tagschicht: 10 %
- in der Nachtschicht: 5 %
Wie berechne ich die PpUGV bzw. die Pflegepersonaluntergrenzen?
Die Berechnung der Pflegepersonaluntergrenzen erfolgt durch eine entsprechende Datenermittlung des BMG. Laut dazugehörigen Referentenentwurf von Oktober 2020 handelt es sich hierbei um einen „empirisch abgeleiteten Perzentil- bzw. Quartilansatz“. Dadurch sollen besonders die Versorgungsbereiche ihre Personalbelastung senken, für die im Bundesdurchschnitt die höchsten Belastungszahlen ermittelt wurden. Hiervon sind rund 25 % der Versorgungsbereiche betroffen. Sie müssen ihre Personalbelastung an die restlichen 75 % der Bereiche anpassen.
Eine weitere Kennziffer bzw. Maßnahme ist der sog. Pflegepersonalquotient. Für dessen Berechnung wird nach § 137j SGB V das Verhältnis von eingesetztem Pflegepersonal zu individuellem Pflegeaufwand eines Krankenhauses ermittelt. Mit diesem Quotienten will der Gesetzgeber im gesamten Krankenhaus eine gute Pflege und die Sicherheit der Patienten gewährleisten. Des Weiteren soll so deutlich werden, ob eine Klinik gemessen an ihrem Pflegeaufwand viel oder wenig Pflegepersonal einsetzt. Die für die einzelnen Standorte ermittelten Pflegepersonalquotienten finden Verantwortliche immer ab 31.08. eines Jahres auf der Internetseite des InEK.
Weitere staatliche Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung in der Pflege enthielt z. B. die Pflegereform 2022. Ergänzend dazu gibt es Regelwerke wie das Pflegestärkungsgesetz, das die Situation von Pflegebedürftigen, Angehörigen und Beschäftigten in der Pflege verbessern soll.
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Unabhängig davon müssen die Krankenhäuser anhand monatlicher Durchschnittswerte regelmäßig berechnen, ob sie die geltenden Pflegepersonaluntergrenzen einhalten. Außerdem müssen sie quartalsweise sämtliche Schichten aufzeigen, in denen sie die Grenzen unterschritten.
Nur wenn genug Personal vorhanden ist, stellt eine Einrichtung sicher, dass die Pflegekräfte nicht überfordert sind und die Patientinnen sowie Patienten ausreichend versorgt werden. (Bild: © Robert Kneschke – stock.adobe.com) |
Welche Sanktionen drohen bei Nichteinhaltung?
Welche Sanktionen drohen, wenn Krankenhäuser die genannten Personaluntergrenzen nicht einhalten können, zeigt die hierfür erlassene PpUG-Sanktions-Vereinbarung. Sie gilt seit dem 01.01.2021 und wurde zwischen dem GKV-Spitzenverband sowie der Deutschen Krankenhausgesellschaft vereinbart.
Demnach greifen die Strafzahlungen in folgenden Situationen:
- Es besteht kein Ausnahmetatbestand nach § 7 PpUGV oder § 6 Abs. 2 PpUG-Sanktions-Vereinbarung.
- Nach § 6 Abs. 3 PpUGV wurde nicht sichergestellt, dass mindestens einer Pflegefachkraft im Monatsdurchschnitt anwesend ist.
Zu den möglichen Sanktionen zählt insbesondere ein Vergütungsabschlag oder eine entsprechende Verringerung der Fallzahl. Darüber hinaus sind bestimme Vergütungsabschläge zu vereinbaren, wenn ein Krankenhaus die folgenden Mitteilungspflichten nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfüllt:
- Quartalsmeldungen
- Jahresmeldung
- Meldung der pflegesensitiven Bereiche (Mitteilungspflicht nach § 5 Abs. 3 und 4 PpUGV)
- Datenübermittlung zur Weiterentwicklung der Pflegepersonaluntergrenzen
- Unzulässige Personalverlagerungen (Mitteilungspflicht nach § 8 Abs. 2 PpUGV)
Um solch negative Auswirkungen zu vermeiden, ist es wichtig, dass Krankenhäuser ihre Pflegekennzahlen kennen. So lässt sich u. a. eine aussagekräftige Einschätzung über die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung abgeben. Denn je passender die Kennzahlen und je deutlicher ihre Aussagekraft, desto einfacher sind die damit verbundenen Steuerungsmöglichkeiten.
Quellen: Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV), BGBl. Nr. 297 vom 08.11.2023, Bundesgesundheitsministerium, Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus