Gemeinderatssitzung trotz Corona-Krise: Empfehlungen zur Umsetzung
Landesverfassungen können sich je nach Bundesland unterscheiden, gerade wenn es um Detailfragen geht. Allen gleich ist jedoch, dass sie drei Organe befugen, Entscheidungen zu treffen, die das Gemeinde- bzw. Stadtleben beeinflussen. Den Hauptverwaltungsbeamten, also den hauptamtlichen Bürgermeister bzw. Amtsdirektor, die Gemeindevertretung/Stadtverordnetenversammlung/Amtsausschuss sowie den Hauptausschuss. Der Hauptausschuss muss in amtsfreien Gemeinden gebildet werden, in amtsangehörigen Gemeinden ist die Gründung optional.
Diese Organe müssen auch in Krisenzeiten wie der aktuellen Coronavirus-Pandemie handlungsfähig bleiben. Wie Kommunen diese Anforderung bewerkstelligen, zeigt der Städte- und Gemeindebund Brandenburg in Abstimmung mit dem Ministerium des Innern und für Kommunales in seinem Rundschreiben vom 24.03.2020, das der Zeitschrift KOMMUNAL vorliegt.
Demnach sollten Gemeinden und Städte prüfen, ob die mögliche Anzahl an Vertretern für den Hauptverwaltungsbeamten ausgeschöpft wurde. Im Hinblick auf Hauptausschüsse wird empfohlen, seine Zuständigkeit auf den Hauptverwaltungsbeamten zu übertragen. Um Gemeinderatssitzungen weiterhin durchführen zu können, sollte der Gemeinderat folgende Optionen näher beleuchten:
Raum für Gemeinderatssitzung anders wählen
- In den meisten Fällen lässt es der Raum, in dem normalerweise die Gemeinderatssitzung stattfindet, nicht zu, den vom Robert-Koch-Institut (RKI) empfohlenen Mindestabstand zwischen den Gemeinderatsmitgliedern einzuhalten. Deshalb wäre zu prüfen, ob die Gemeinderatssitzung in einen größeren Raum oder eine Halle verlegt werden kann. Hier können mehr Tische platziert und weiter auseinandergezogen werden.
- Trotz der Infektionsgefahr dürfen Zuschauer nicht komplett von der Gemeinderatssitzung ausgeschlossen werden. Es ist jedoch zulässig, die Anzahl zu begrenzen, sodass auch im Zuschauerbereich der notwendige Abstand von mindestens eineinhalb Metern eingehalten werden kann.
Manche Gemeinden entscheiden sich auch dafür, mit einer kleineren Anzahl an Gemeinderatsmitgliedern über Entscheidungen abzustimmen. Dabei ist jedoch zwingend darauf zu achten, dass der kommunalrechtliche Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gewahrt bleibt.
Tagesordnung nach Dringlichkeit planen
Um die Dauer der Gemeinderatssitzung zu verkürzen, sollte die Tagesordnung nur die Punkte enthalten, zu denen dringend eine Entscheidung zu fällen ist. Dem RKI zufolge reichen 15 Minuten mit einer infizierten Person im selben Raum, um sich mit dem Coronavirus anstecken zu können. Es besteht z. B. die Möglichkeit, Vorlagen vorab zu verschicken und auftretenden Klärungsbedarf telefonisch zu erledigen. Die Beschlüsse werden schließlich in der Präsenzrunde getroffen.
Beschlussfähigkeit fingieren
Sobald weniger als ein Drittel der gesetzlichen Anzahl der Gemeinderatsmitglieder oder weniger als drei Mitglieder anwesend sind, muss der Vorsitzende die Beschlussunfähigkeit feststellen. Das heißt aber nicht automatisch, dass der Gemeinderat beschlussunfähig ist. In einigen Landesverfassungen muss erst ein Antrag auf Beschlussunfähigkeit gestellt werden. Ist das der Fall, kann auf die Antragstellung verzichtet werden, was jedoch vorab eine Absprache mit dem Vorsitzenden der Vertretungskörperschaft und den Fraktionsvorsitzenden verlangt. Auch bei dieser Maßnahme ist zwingend darauf zu achten, dass bei Beschlüssen der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gewahrt bleibt.
Gemeinderatssitzung per Telefon oder Video ist keine Option
Der Gemeinderat kann keine Beschlüsse über Telefon oder Video tätigen. Das sehen die meisten Landesverfassungen nicht vor. Jedes Land sollte diese Option jedoch in der jeweiligen Landesverfassung prüfen. Die Schaffung einer entsprechenden Rechtsgrundlage wurde aber vor dem Hintergrund der aktuellen Situation angeregt.
Corona-Krise ist kein Grund für Vernachlässigung der Vorschriften
Gemeindeorgane sollten jetzt nicht den Fehler begehen, aufgrund der Coronavirus-Pandemie die Vorgaben der jeweiligen Kommunalverfassung zu vernachlässigen oder gar auszusetzen. Davor warnt das Land Brandenburg eindringlich. Denn sollte es in den kommenden Jahren zu einer gerichtlichen Prüfung von Verwaltungsverfahren kommen, kann die Corona-Krise nicht als Grund für nachlässiges Verhalten herangezogen werden.
Quellen: KOMMUNAL, Städte- und Gemeindebund Brandenburg