Wie erstellt man ein Gefahrstoffverzeichnis? – Muster, Inhalt und gesetzliche Pflichten

06.09.2024 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Sobald in einem Betrieb Gefahrstoffe zum Einsatz kommen, ist ein Gefahrstoffkataster oder -verzeichnis erforderlich. Die Gefahrstoffverordnung definiert konkrete Angaben zum Aufbau und den Zuständigkeiten. Doch warum ist ein gesondertes Gefahrstoffverzeichnis notwendig, wer muss es erstellen und welche Pflichtangaben müssen enthalten sein?

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist ein Gefahrstoffverzeichnis?
  2. Ist ein Gefahrstoffverzeichnis Pflicht?
  3. Wer erstellt das Gefahrstoffverzeichnis?
  4. Wie muss ein Gefahrstoffverzeichnis aussehen?
  5. Aktualisierung und Aufbewahrungsfrist

Was ist ein Gefahrstoffverzeichnis?

Ein Gefahrstoffverzeichnis (auch „Gefahrstoffkataster“) ist eine (meist tabellarische) Auflistung aller Gefahrstoffe, die in einem Betrieb verwendet werden. Es dient insbesondere der Information über die in einem Arbeitsbereich vorkommenden oder möglichen Gefahrstoffe. So gehört das Verzeichnis – neben den Sicherheitsdatenblättern – zu den wichtigsten betrieblichen Informationsquellen im Gefahrstoffmanagement.

Was zählt alles als Gefahrstoff?

Grundsätzlich sind Gefahrstoffe solche Stoffe und Gemische, die die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz gefährden können.

Nach § 19 Abs. 2 Chemikaliengesetz (ChemG) gelten alle Stoffe und Gemische als Gefahrstoffe, wenn sie einen der folgenden Punkte erfüllen:

  • Sie weisen eine oder mehrere dieser chemischen Eigenschaften auf:
    • explosionsfähig
    • brandfördernd
    • entzündlich, leicht- oder hochentzündlich
    • gesundheitsschädlich
    • ätzend
    • reizend
    • sensibilisierend
    • krebserzeugend
    • akut toxisch
    • reproduktionstoxisch
    • keimzellmutagen
    • umweltgefährlich
  • Bei der Herstellung oder Verwendung können Stoffe oder Gemische mit den oben genannten Eigenschaften entstehen oder freigesetzt werden.
  • Sie erfüllen die oben genannten Kriterien nicht, können jedoch aufgrund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden.
  • Ihnen wurde ein Arbeitsplatzgrenzwert im Sinne der Rechtsverordnung nach § 19 Abs. 1 ChemG zugeordnet.

Für das Gefahrstoffverzeichnis ist entscheidend, dass die Stoffe im Rahmen der beruflichen Tätigkeit auftreten. Hierzu gehören sämtliche Arbeiten mit Stoffen und Gemischen, einschließlich Herstellung, Mischung, Ge- und Verbrauch, Lagerung, Aufbewahrung, Be- und Verarbeitung, Entsorgung und Vernichtung sowie innerbetriebliche Beförderung und Bedien- oder Überwachungsarbeiten.

Aber wer muss ein solches Gefahrstoffverzeichnis erstellen und führen?

Warum ist ein Gefahrstoffverzeichnis notwendig?

Das Gefahrstoffkataster erfüllt mehrere Zwecke. Einerseits richtet es sich an die regulären Angestellten, um sie über mögliche Gesundheitsrisiken an ihrem Arbeitsplatz aufzuklären. Andererseits unterstützt das Verzeichnis besondere Verantwortliche wie Sicherheitsfachkräfte, Betriebsärztinnen und Betriebsärzte und nicht zuletzt den Arbeitgeber.

Sie können das Gefahrstoffverzeichnis etwa für folgende Zwecke nutzen:

Darüber hinaus lässt sich das Dokument bei Bränden oder anderen Betriebsstörungen verwenden: So können die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Co. anhand des Verzeichnisses schneller prüfen, wo sich potenzielle Gefahren im Betrieb befinden.

Ist ein Gefahrstoffkataster Pflicht?

Ja, nach § 6 Abs. 12 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sind alle Arbeitgeber dazu verpflichtet, ein Gefahrstoffverzeichnis zu führen, sobald sie mit gefährlichen Stoffen oder Gemischen arbeiten. Ausnahmen gelten nur für Betriebe, in denen ausschließlich Tätigkeiten mit geringer Gefährdung ausgeübt werden.

Zur Konkretisierung dieser Pflicht gibt es die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 400. Sie erläutert die Vorgaben der GefStoffV und gibt weitere Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber und andere Sicherheitsverantwortliche. In den 1990er Jahren gab es mit der TRGS 222 noch eine gesonderte Regel für Gefahrstoffverzeichnisse, die jedoch im März 1999 wieder aufgehoben wurde.

Hinweis: Die Pflicht zum Gefahrstoffkataster gilt nur in Deutschland und ist nicht europaweit vorgeschrieben.

Wer erstellt das Gefahrstoffverzeichnis?

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber für die Sicherheit am Arbeitsplatz und somit für das Gefahrstoffverzeichnis verantwortlich. Allerdings erfordert das Erstellen und Aktualisieren des Katasters eine umfangreiche Fachkunde im Gefahrstoffmanagement, die oftmals nicht von der Geschäfts- oder Betriebsleitung erbracht werden kann. Daher lässt sie diese Aufgabe an andere fachkundige Personen übertragen, wie die Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa) oder den Gefahrstoffbeauftragten. Sie verfügen über das nötige Fachwissen in der Handhabung von Chemikalien und den dazugehörigen gesetzlichen Vorgaben.

Dennoch entbindet sich der Arbeitgeber durch die Delegierung nicht von seiner Zuständigkeit für alle diese Tätigkeiten. Sollte es zu Arbeitsunfällen oder anderen Vorfällen kommen, bleibt der Arbeitgeber die Verantwortung.

Was gehört in ein Gefahrstoffverzeichnis? – Inhalt und Muster

Laut § 6 Abs. 12 GefStoffV und TRGS 400 muss das Gefahrstoffverzeichnis mindestens folgende Pflichtangaben enthalten:

  • Bezeichnung des Gefahrstoffs
  • Verweis auf das dazugehörige Sicherheitsdatenblatt
  • Einstufung des Gefahrstoffs nach CLP-Verordnung oder Angaben zu den gefährlichen Eigenschaften
  • Informationen zu den im Betrieb verwendeten Mengen (Durchschnitt innerhalb eines Jahres)
  • Bezeichnung der Arbeitsbereiche, in denen Beschäftigte dem Gefahrstoff ausgesetzt sein können

Zusätzlich empfiehlt es sich, die entsprechenden Piktogramme, die getroffenen Schutzmaßnahmen und das Datum der letzten Überprüfung in der Übersicht einzutragen.

Achtung: Es müssen nicht nur alle eingekauften oder selbst hergestellten Gefahrstoffe aufgeführt werden. Auch Stoffe, die im Rahmen der innerbetrieblichen Produktion oder Verwendung als Zwischenprodukte entstehen, sind im Gefahrstoffverzeichnis aufzuführen.

Formale Anforderungen %2B Vorlage

Das Gefahrstoffverzeichnis kann in Papierform oder elektronisch geführt werden. Entscheidend ist, dass alle Beschäftigten und ihre Vertreter jederzeit Zugriff auf das Verzeichnis (und die zugehörigen Sicherheitsdatenblätter) haben.

Gefahrstoffverzeichnis Muster: Produktempfehlung

Eine editierbare Vorlage für ein Gefahrstoffkataster als Excel-Datei gibt es im Online-Handbuch „Die Gefahrstoffverordnung“. Es erfüllt die gesetzlichen Anforderungen der GefStoffV und ermöglicht das einfache Erstellen und Aktualisieren des Verzeichnisses. Darüber hinaus liefert das Handbuch Betriebsanweisungen für einzelne Gefahrstoffe, Unterlagen für Sicherheitsunterweisungen sowie fertige Checklisten. Jetzt informieren!

Aktualisierung und Aufbewahrungsfrist

Wie die meisten Dokumente im Arbeitsschutz muss auch das Gefahrstoffverzeichnis regelmäßig aktualisiert werden. Obwohl die GefStoffV keinen konkreten Zeitraum vorgibt, hat sich in der Praxis eine jährliche Aktualisierung bewährt.

Zudem sollte das Gefahrstoffkataster bei folgenden Anlässen überprüft werden:

  • Neu aufgenommene Gefahrstoffe
  • Änderungen der Produktzusammensetzung, der Einstufung, der Mengenbereiche oder des Arbeitsbereichs
  • Aktualisierung des Sicherheitsdatenblatts eines Gefahrstoffs

Hinweis: Wer das Gefahrstoffverzeichnis fahrlässig oder vorsätzlich nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt, begeht eine Ordnungswidrigkeit (§ 22 Abs. 2 GefStoffV).  Schon aus diesem Grund sollten Arbeitgeber ihr Gefahrstoffkataster regelmäßig prüfen und lange genug aufbewahren.

Aufbewahrungsfrist

Weder die GefStoffV noch die TRGS 400 enthalten genaue Regelungen zur Aufbewahrungsfrist des Gefahrstoffverzeichnisses. Eine mögliche Orientierung bietet die REACH-Verordnung. Demnach müssen Sicherheitsdatenblätter für mindestens zehn Jahre archiviert werden. Da Gefahrstoffverzeichnisse im Arbeitsschutz den gleichen Stellenwert wie Sicherheitsdatenblätter haben, sollten Arbeitgeber ihr Gefahrstoffkataster und alle anderen gefahrstoffrelevanten Dokumente ebenfalls für zehn Jahre aufbewahren.

Quellen: Online-Handbuch „Die Gefahrstoffverordnung“, Online-Handbuch „Die neuen Laborrichtlinien“

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