Wozu brauchen Unternehmen ein Internal Compliance Programm (ICP)?
Es gehört zur Pflicht der Unternehmensleitung von Außenhandelsfirmen nicht nur die innerbetriebliche Zollabwicklung zu organisieren, sondern auch zu überwachen, ob die Mitarbeiter in der Lage sind, die eingeführten Prozesse umzusetzen und dies auch tun. Wie genau sie dieser Überwachungspflicht nachkommen, hängt im Wesentlichen von der Größe des Unternehmens und der Komplexität der Strukturen im Unternehmen ab.
Deshalb gibt es auch keine Mustervorlage für ein „Internal Compliance Programm“ – so wird ein Compliance-Management-System (CMS) bezeichnet, das speziell zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen im Außenwirtschaftsverkehr dient. Grundsätzlich sollte in jedem Unternehmen, dass international mit Dual-Use-Gütern handelt, ein internes Kontrollsystem vorhanden sein. So ein Kontrollsystem besteht immer aus mehreren Säulen.
Aufbau eines innerbetrieblichen Compliance Programms
Ein internes Kontrollsystem baut immer auf einer bestehenden Prozessorganisation auf. In dieser können bereits Maßnahmen zur Kontrolle der Prozesse und zur Analyse von Fehlerquellen definiert sein – dies kann sowohl im Vier-Augen-Prinzip geschehen oder basierend auf einem IT-System.
Daneben überwacht die Geschäftsleitung, ob die Prozesse eingehalten werden. Dies kann in zwei Varianten erfolgen. Zum einen kann der Ausfuhrverantwortliche (AV), der sowieso Mitglied der Geschäftsführung sein sollte, selbst die Kontrolle durchführen oder aber es werden interne oder externe Prüfer benannt und interne Audits durchgeführt. Es versteht sich von selbst, dass die Auditoren persönlich, fachlich und organisatorisch in der Lage sein müssen, diese Audits durchzuführen.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat einen Leitfaden zur Firmeninternen Exportkontrolle herausgegeben. Dort ist zu sehen, wie ein ICP nach der Verteidigungsgüterrichtlinie 2009/43/EG aufgebaut sein kann.
Ist die Einführung eines ICP verpflichtend?
Gesetzlich ist nicht eindeutig geregelt, dass ein ICP verpflichtend im Unternehmen eingeführt werden muss. Unternehmen, die mit Dual-Use-Gütern handeln, sind jedoch dazu angehalten. Eine Verpflichtung kann allerdings aus § 130 OWiG sowie den allgemeinen Sorgfaltspflichten der Unternehmensleitung gemäß § 93 AktG und § 43 GmbHG hergeleitet werden.
Nach § 8 Abs. 2 AWG ist es außerdem denkbar, dass die Erteilung von Genehmigungen von sachlichen und persönlichen Voraussetzungen, insbesondere der Zuverlässigkeit des Antragsstellers anhängig gemacht wird. Und Zuverlässigkeit heißt eben auch, gewährleisten zu können, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden.
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Wann wird das ICP vom BAFA überprüft?
Einzelantragsverfahren: Bei Einzelanträgen verzichtet das BAFA grundsätzlich auf eine materielle Prüfung des ICP. Bei Anträgen von Dual-Use-Gütern reicht es dem Bundesamt, wenn der Ausfuhrverantwortliche die Einhaltung der erforderlichen Bestimmungen im Außenwirtschaftsverkehr versichert. Solange keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, wird dem Glauben geschenkt.
Sammelgenehmigungen: Das BAFA prüft einzelfallbezogen und im Zusammenhang mit der jeweils beantragten Sammelgenehmigung, ob die schriftlichen Organisationsanweisungen vollständig und angemessen sind. Dann kontrollieren Vertreter des Amts die Wirksamkeit des Systems vor Ort.
Zertifizierungsverfahren: Die Verteidigungsgüterrichtlinie 2009/43/EG gibt in Art. 9 vor, dass nur zuverlässigen Unternehmen ein Zertifikat erteilt wird. Deshalb findet für die Erteilung von Zertifikaten immer eine Vor-Ort-Prüfung statt, um die im Antragsverfahren gemachten Angaben zu verifizieren.
Welche Vorteile hat das Unternehmen von der Einführung des ICP?
Wie bereits erwähnt, hängt die Erteilung von Genehmigungen oft davon ab, ob das Unternehmen nachweislich zuverlässig ist. Mit einem ICP sollte es kein Problem für Unternehmen sein, diese Zuverlässigkeit nachzuweisen. Außerdem geht es generell um die Einhaltung des Exportkontrollrechts. Verstöße dagegen können nicht nur strafrechtlich verfolgt werden, sie können auch geschäftsschädigend sein, wenn „Exportskandale“ an die Öffentlichkeit gelangen.
Mit einem funktionierenden ICP können Unternehmen zudem ihre Prozesse optimieren und Fehlinvestitionen vermeiden, weil in Verhandlungen mit Geschäftspartnern schon früh erkenntlich wird, ob die Ausfuhr eines Guts nicht genehmigungsfähig ist – diese Verhandlung wäre ohne ICP womöglich zu lange umsonst geführt worden.
Auch wenn nicht verpflichtend, lohnt sich die Etablierung eines ICP für jedes Unternehmen, das mit Dual-Use-Gütern handelt, alleine schon um das Risiko zu senken, einen Verstoß gegen das Exportkontrollrecht zu begehen, was schwerwiegende Folgen für das gesamte Unternehmen haben kann.
Quelle: Handbuch „Zoll & Export“